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Kartelle der Angst verursachen Schaden: Die Panik der Macht-Losen

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Vielen Dank für die Blogpostings, Tweets und Retweets zu meinem Stück über die Staatswanzen-Affäre. Da startet man doch viel lockerer in die Woche 🙂

Und auch die Piraten haben in einer gelungenen Replik auf das Internet-Outing eines Unionsabgeordneten meinen Tag versüßt. Besonders gefallen hat mir die Passage über die “Kartelle der Angst”, die man ja nicht nur in der Politik, sondern auch in der Wirtschaft an jeder Ecke findet. Auszug aus dem Piraten-Opus von Pavel Mayer:

Da sind zum einen die „Kartelle der Angst“, die sich dem Wandel entgegenstemmen. Es sind mehr oder weniger mächtige Interessengruppen, die Angst vor Veränderung haben. Sie glauben, dass ihre bisherigen wirtschaftlichen und politischen Erfolge sie moralisch dazu berechtigen, die Regeln der neuen Welt bestimmen zu können. Sie wollen weiter erfolgreich und mächtig sein, ohne sich so radikal ändern zu müssen, wie es die neuen Umstände der digitalen Welt erfordern.

Dass das nicht funktionieren wird, kann man exemplarisch am Scheitern der Musikindustrie sehen, die nicht unzutreffend in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung als „Pickel am Elefantengesäß der IT-Industrie“ charakterisiert wurde und sich von einer Computerfirma namens Apple die Butter vom Brot hat nehmen lassen.

Viele „Kartelle der Angst“ werden zwar nach und nach von den Realitäten überholt und politisch und wirtschaftlich marginalisiert. Doch wenn sie im Untergang ihre alte Macht rücksichtslos nutzen, können sie nicht nur vorübergehenden gesellschaftlichen Schaden verursachen. Sie können es vielmehr schaffen, dass die neuen regulativen Rahmenbedingungen auf unabsehbare Zeit aus ungeeigneten Kompromissen bestehen, die am Ende ganze Staatengemeinschaften zu Zukunftsgescheiterten werden lassen.

In meiner Freitagskolumne für Service Insiders bin ich darauf ja auch eingegangen:

Der Druck auf politische und wirtschaftliche Systeme wächst: „Die klassischen Machtstrukturen geraten ins Wanken. Insofern wird uns das Thema Macht in den nächsten Jahren heftig begleiten. Wir haben eine Welt, die sich immer stärker vernetzt. Und mit dem Web 2.0 ist da jetzt ein Turbolader draufgekommen. Wir können uns immer weniger erlauben, das zu ignorieren“, so der Organisationspsychologe Professor Peter Kruse im Gespräch mit Thomas Sattelberger. Für den Telekom-Personalvorstand sind große Unternehmen in diesem Szenario die letzten bolschewistischen Organisationen des 21. Jahrhunderts. „Sie haben es über Jahrhunderte und vor allen Dingen in den vergangenen Jahrzehnten geschafft, sich fast umweltresistent abzuschotten.“

Was das für die Dienstleistungsökonomie bedeutet, habe ich am Schluss meiner Kolumne angedeutet:

„….Das Fatale an dem schleichenden Wandel ist das Status quo-Denken vieler Führungskräfte“, bemerkt Peter B. Záboji, Chairman des After Sales-Dienstleisters Bitronic. Oder wie es der ehemalige IBM-Cheftechnologe Gunter Dueck in seiner direkten und unnachahmlichen Art ausdrückt: „Das Alte schwindet immer um ein, zwei Prozent und sieht sich folglich in einem unendlich lange stagnierenden Markt. Welche Wirtschaftsbranche hält das aus? Keine!“ Für die Servicebranche sieht er nur die Alternative „Internet oder Profi-Verkauf – der Rest stirbt.“ Nachzulesen im kürzlich erschienenen Sammelband „Online-Marketing“, herausgegeben von Torsten Schwarz, verlegt von Marketing Börse. Und genau das trifft auf viele Branchen zu, die sich heute noch ähnlich störrisch verhalten wie die Musikindustrie, die ja bekanntlich zu einem „Pickel am Elefantengesäß der IT-Industrie“ geschrumpft ist.

Morgen werde ich hier noch etwas deutlicher unter dem Titel:

Abschied von der analogen Dienstleistungsökonomie: Was wir vom Rant eines Google-Mitarbeiters lernen können

Kleine Kostproben, die ich noch verarbeiten muss:

Jeff Bezos ist ein berühmt-berüchtigter Mikro-Manager. Er ist zuständig für das Mikro-Management jedes einzelnen Pixels von Amazons gewerblicher Website. Erst hat er Larry Tesler abgeworben. Tesler war Wissenschaftlicher Leiter bei Apple und wahrscheinlich der renommierteste und respektierteste Experte für Mensch-Computer-Interaktionen weltweit. Nachdem er ihn eingestellt hatte, ignorierte er jedoch alles was Tesler sagte. Nach drei Jahren traf Tesler daraufhin die finale und weise Entscheidung, das Unternehmen zu verlassen. Tesler hatte mittels umfassender Usability Studien zweifelsfrei bewiesen, dass absolut niemand diese “bizarre” Website verstehen kann. Bezos konnte oder wollte sich aber einfach nicht von seinen Pixeln verabschieden, von all den Millionen Semantik-geladenen Pixeln auf der Landing-Page. Die Pixel waren für ihn wie Millionen seiner eigenen hoch geschätzten Kinder. Das Ergebnis: Die Pixel sind noch da, Larry Tesler aber nicht mehr….

Eines Tages erteilte Jeff Bezos einen Auftrag. Das macht er natürlich fortwährend. Die Mitarbeiter reagieren dann wie die sprichwörtlichen Ameisen, die wie von einem “Gummihammer zerquetscht” herumkriechen und sich wälzen. Bei einer Gelegenheit, etwa im Jahre 2002, beziehungsweise ein Jahr früher oder später, erteilte Bezos einen Auftrag, der absolut unglaublich war, gewaltig, massiv und so gewichtig, dass seine anderen Aufträge im Vergleich dazu wie unerbetene Peer Boni aussahen.

Sein Großauftrag beinhaltete in etwa folgende Punkte:

1) Alle Teams werden ab sofort ihre Daten und Funktionsfähigkeiten über Service Schnittstellen offen darlegen.

2) Alle Teams sind ab sofort verpflichtet, über diese Schnittstellen miteinander zu kommunizieren.

3) Eine andere Form der Interprozess-Kommunikation ist den Teams nicht gestattet. Konkret bedeutet dies: keine direkte Vernetzung oder Austausch, kein Einloggen in den Datenspeicher eines anderen Teams, keine Nutzung eines Shared-Memory Modells, keine Hintertür-Kommunikation in welcher Form auch immer. Die einzige Kommunikationsform, die erlaubt ist, läuft über die Service-Schnittstelle des Netzwerks.

4) Es ist völlig gleich, welche Technologien das Team nutzt. Ob HTTP, Corba, Pubsub, benutzerdefinierte Protokolle – Bezos ist das völlig egal.

5) Alle Service-Schnittstellen, ohne Ausnahme, müssen von Anfang an so konzipiert sein, das sie auch extern genutzt werden können. In anderen Worten, das Team ist angehalten, die Service Schnittstellen so zu entwerfen und zu konfigurieren, dass sie von externen Entwicklern eingesehen werden können. Hierbei sind keine Ausnahmen zulässig.

6) Derjenige, der sich nicht an die Regeln hält, kann nach Hause gehen….

Wir kreieren keine Service-orientierte Plattformen für den internen Gebrauch. Genauso wenig konzipieren wir externe. Das bedeutet, dass sich diese Art ”Unvermögen” fast endemisch durch das ganze Unternehmen zieht: d.h. die Produktmanager bekommen es nicht hin, die Ingenieure nicht, die Produktteams nicht, eigentlich bekommt es niemand hin. Selbst wenn es ein einzelner schaffen sollte, vielleicht sogar Sie, würde das absolut keinen Unterschied machen. Die Situation würde sich erst dann ändern, wenn wir endlich anfangen, sie als überlebenswichtige Angelegenheit zu behandeln, bei der der Einsatz jedes Einzelnen zählt. Wir können nicht einfach weiter Produkte auf den Markt bringen und dann so tun, als ob wir sie später in magisch schöne, ausbaufähige Plattformen umwandeln. Das haben wir versucht und es hat nicht funktioniert.

Die goldene Regel der Plattformen: “Essen Sie Ihr eigenes Hundefutter” kann auch umformuliert werden als: “Beginnen Sie mit der Herstellung einer Plattform und nutzen Sie sie dann später einfach für alles.“

Die Story dazu kommt morgen! Essen Sie Ihr eigenes Hundefutter????

Über den Autor

gsohn
Diplom-Volkswirt, Wirtschaftsblogger, Livestreamer, Moderator, Kolumnist und Wanderer zwischen den Welten.

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