Das Internet ändert nach Auffassung von Andreas Göldi, Autor des Blogs netzwertig die meisten Variablen des Softwaregeschäfts fundamental: „Das fängt schon beim Entwicklungsprozess an: Wer früher ein hochstehendes Softwareprodukt schreiben wollte, brauchte erst einmal teure Lizenzen für Datenbanken, Entwicklungstools, Komponentenbibliotheken und dergleichen. Das Produkt wurde in komplexen Hochsprachen wie C++ oder Java geschrieben, und dafür braucht man sehr hochqualifizierte Programmierer“, so Göldi.
Die Basissoftware für internet-basierte Produkte sei heute dank Open Source faktisch gratis. „Für Produkte mit der heutigen Leistungsfähigkeit von Linux, Eclipse oder MySQL hätte man vor zehn Jahren noch fünf- oder sechsstellige Beträge ausgegeben. Nützliche Libraries mit umfassender Funktionalität gibt es ebenfalls wie Sand am Meer. Und dazu kann man dank immer leistungsfähigerer Hardware größere Projekte auch in interpretierten, schlanken Sprachen wie Python, Ruby oder gar PHP schreiben, ohne einen wesentlichen Qualitätsverlust zu erleiden. Grob geschätzt fallen damit die Entwicklungskosten um einen Faktor 10 oder mehr“, schreibt der netzwertig-Blogger.
Auch die Distribution und Installation sei erheblich einfacher geworden. Während früher Enterprise Software praktisch immer lokal auf eigens angeschafften Servern installiert werden musste, reiche heute für Software as a Service-Kunden (SaaS) ein Webbrowser und eine anständige Internetverbindung. Der Gewinn an Geschwindigkeit und Kosteneffizienz sei kaum auszudrücken. Dank Diensten wie Amazon EC2 brauche der Anbieter dabei nicht mal unbedingt eine eigene Hosting-Infrastruktur, sondern kann Serverkapazität recht billig mieten. „Aus den Fehlern der Enterprise-Software-Ära haben die heutigen Softwareanbieter gelernt, und oft sind die Internet-basierten Tools zwar flexibel, aber nicht so extrem verbiegbar wie die traditionelle Software. Auch die Kunden wissen nämlich inzwischen, dass man oft besser einen internen Prozess etwas anpasst, statt ein Softwareprodukt mit hohen Kosten hinzubiegen. Allerdings sind SaaS-Produkte bisher nur selten in wirklich großen Firmen vollständig unternehmensweit im Einsatz, weshalb sich das noch ändern könnte“, glaubt Göldi.
Beim Software-Anbieter Nuance sieht man das differenzierter: „Die Argumente des Autoren sind richtig und wichtig, gelten jedoch kaum für große Unternehmen. Diese legen immer noch sehr viel Wert auf ausgereifte Lösungen und professionelle Kundenbetreuung“, so die Markterfahrung von Nuance General Manager Michael-Maria Bommer. Investitionen in Enterprise-Software würden sich nach wie vor rechnen, denn man zahle nicht nur das Produkt, sondern Upgrade, Wartung, Erfahrung oder Wissen. „Eigene Server sind auch nicht mehr relevant. Die Alternative sind Hosting-Lösungen: sie sind günstiger als eine Inhouse-Lösung und qualitativ besser als Freeware“, resümiert Bommer.
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