Viele Führungskräfte in den Unternehmen scheuen sich noch davor, ihre Unternehmen für die modernen Kommunikationsformen des Web 2.0 zu öffnen, schreibt der Unternehmensberater Michael Hengl in einem Gastbeitrag für Harvard Business Manager. „Leider blockieren Manager aber noch immer aus Angst vor Veränderung und Machtverlust den Weg zum Unternehmen 2.0. Sie verzögern und zensieren interne Foren und Blogs; öffentliche Äußerungen im Internet kontrollieren sie über Verschwiegenheitsklauseln; Zugänge zu Facebook, Twitter oder Xing sperren sie sogar ganz. Sie verharren in alten Verhaltensmustern, statt Kommunikation zu fördern und in die richtigen Bahnen zu lenken. Sie lassen die Chance ungenutzt, die Koordination im Unternehmen erheblich zu verbessern“, so Hengl.
Managern würde es zudem schwerfallen, mit der Entwicklung Schritt zu halten. Ihnen werde schmerzlich bewusst, dass die Kompetenzlücken im Unternehmen eher größer als kleiner werden. „Kein Wunder, dass sich viele Entscheider überfordert fühlen. Sie wissen nicht genau, wie sie das Zeitalter des Unternehmens 2.0 in ihrer Organisation einläuten sollen, geschweige denn wie sie den Erfolg von Investitionen in Social Media messen könnten. Zudem fehlt es oft an der sozialen Kompetenz, um mit allen Anspruchsgruppen zusammenhängende Strategien zu entwickeln“, erläutert Hengl. Auch wenn Wikileaks, Facebook und Co. derzeit polarisieren, werde sich das neue Paradigma der Social Media durchsetzen, weil die Vorteile überwiegen – es ist nur eine Frage der Zeit. In Deutschland dauert es wohl etwas länger: „Deutsche Unternehmen betreiben zwar einen immensen Aufwand an Forschung und Entwicklung, doch ihre konservativen Strukturen sind nicht dafür gemacht, wirklich bahnbrechend Neues zu entwickeln. Noch hat Deutschland Ideen und noch funktioniert die Verbesserung des Bestehenden. Im internationalen Wettbewerb schmilzt jedoch der Vorsprung. Eine Studie der weltweit innovativsten Unternehmen, die 2010 an der Handelshochschule Leipzig durchgeführt wurde, ergab: Um im globalen Wettbewerb der Ideen bestehen zu wollen, brauchen Deutschlands Firmen neue Strukturen“, fordert Jens-Uwe Meyer, Gründer und Geschäftsführer der Beratungsfirma „Die Ideeologen“.
Moderator statt Kontrolleur. So lautet der Paradigmenwechsel für die deutschen Chefetagen. Das Manager und Verantwortliche nicht gerade freudestrahlend auf diesen Zug springen sollte eigentlich niemand verwundern. Führungskräfte definieren sich in unserer Gesellschaft über Macht, Kontrolle, Einfluss; nicht über Moderation. Das Entlohnungssystem, Zielvereinabarungen sind konträr zu dem ausgerichtet, was social media an Veränderungen mit sich bringt. Loslassen, Macht und Vernatwortung abgeben will gelernt werden, muss gesellschaftlich konsensfähig sein und sich generell in den Führungsstrukturen und der Organisationskultur widerspiegeln. Und dazu braucht es noch Geduld und Zeit.