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Hurra, Google Street View wird auch in Bonn gestartet! Die Satzungsänderung gehört in die Mülltonne

Da haben die Muskelspielchen des Bonner Dorfschulzen wenig genutzt. Ende des Jahres wird Google Street View auch in Bonn verfügbar sein.

Weitere Städte sind: Berlin, Bielefeld, Bochum, Bremen, Dortmund, Dresden, Duisburg, Düsseldorf, Essen, Frankfurt am Main, Hamburg, Hannover, Köln, Leipzig, Mannheim, München, Nürnberg, Stuttgart and Wuppertal. Sollte es in Bonn noch fotografischen Nachholbedarf geben, könnten ja die Street View-Befürworter aushelfen und die Kamera in Gang setzen.

Nach wie vor halte ich das Vorgehen des Bonner Oberbürgermeisters, Street View über die Sondernutzungssatzung zu reglementieren, für rechtswidrig und einen klaren Verstoß gegen die Panoramafreiheit. Die Regelungen sind so allgemein gehalten, dass jeder, der professionell öffentliche Straßen fotografiert, unter die Genehmigungs- und Gebührenpflicht fällt. Auf meinen Widerspruch gegen die Satzungsänderung per E-Mail hat jetzt die Stadt reagiert – natürlich in Briefform. Ich habe mir erlaubt, das Schreiben einzuscannen (kleiner Hinweis an den Autor: mit ein wenig Phantasie hätte man das Ganze auch auf einer Seite unterkriegen können – Papierverschwendung). Hier das zweiseitige Opus:


Zum Kern der Antwort: Ein Widerspruch gegen die Satzung ist nicht möglich. In NRW existiere – mit Ausnahme von Normenkontrollverfahren gegen Bebauungspläne – kein unmittelbarer Rechtsschutz gegen Satzungen, “so dass weder ein Widerspruch noch eine Klage zulässig sind. Als etwaiger mittelbarer Rechtsschutz gegen eine Satzung ist lediglich die Klage gegen einen aufgrund der Satzung erlassenen Verwaltungsakt, so die Ablehnung oder die Erteilung einer beantragten Sondernutzungserlaubnis, denkbar.” Ob das Verwaltungsgericht auch etwas zur Rechtmäßigkeit der Satzung entscheiden würde, sei nicht mit Sicherheit zu sagen. Der von mir aufgeführte Beschluss des Karlsruher Verwaltungsgerichtes sei keine Entscheidung in der Hauptsache. Ein rechtskräftiges Urteil gibt es nach dem Kenntnisstand der Stadt Bonn nicht, “so dass entgegen Ihrer Auffassung die Rechtswidrigkeit dieser Satzungsänderung nicht feststeht”, schreibt Ulrich Erken im Auftrag des Oberbürgermeisters von Bonn. Ich werde das bei der Pressestelle des Verwaltungsgerichtes in Karlsruhe überprüfen.

Jedenfalls sieht die Stadt Bonn keinen Verstoß gegen die Berufsausübungsfreiheit.

Tja, so kompliziert ist es, wenn man gegen staatliche Regelungen vorgehen will. Wie einfach es ist, Widersprüchen auch Taten folgen zu lassen, beweist Google: Zurzeit werden die Fotos für die ersten deutschen Städte, die in Street View erscheinen sollen, vorbereitet – “ein Prozess, bei dem modernste Technologie zur Unkenntlichmachung von identifizierbaren Gesichtern und Autonummernschildern zum Einsatz kommt. Falls ihr Gesichter oder Kfz-Kennzeichen entdeckt, die diese Technologie nicht erkennen konnte, stellen wir eine einfache Meldefunktion zur Verfügung, mit der ihr uns zur Unkenntlichmachung eines Bildes auffordern könnt”, so Google.

“Selbstverständlich verstehen wir, dass nicht jeder sein Haus oder seine Wohnung in diesem Dienst abgebildet sehen möchte. Für diese Nutzer haben wir zusätzlich zu dem automatischen Unkenntlichmachen, welches weltweit zum Einsatz kommt, eine Funktion für Deutschland entwickelt, die ab nächster Woche auf google.de/streetview zur Verfügung steht. Mit Hilfe dieser Funktion können sie uns auffordern, ihr Haus oder ihre Wohnung unkenntlich zu machen, bevor die Bilder online zu sehen sein werden. Sie steht den Anwohnern in den 20 genannten Städten bis zum 15. September zur Verfügung. Im Anschluss wird die Online-Funktion geschlossen, um uns ausreichend Zeit für die Bearbeitung der Anträge zu geben. Anträge, die sich auf Gebiete außerhalb der ersten 20 Städte beziehen, können auch danach weiterhin eingereicht werden. Selbstverständlich könnt ihr auch warten, bis die Straßenansichten in Google Maps zu sehen sind, um euch ein eigenes Bild darüber zu machen, wie euer Haus oder eure Wohnung in Street View aussieht. Wenn ihr euch dann für das Entfernen eines Bildes entscheidet, könnt ihr die Meldefunktion ebenfalls für die Unkenntlichmachung eures Wohnsitzes nutzen”, schreibt Google.

Eure juristische Meinung zum Antwortschreiben der Stadt Bonn interessiert mich. Wie soll ich weiter vorgehen?

Ach dann noch eine Randbemerkung: Werden nicht Grundstücke von den zuständigen Behörden per Satellit ohne Einwilligung der Eigentümer aufgenommen, um bauliche Veränderungen zu überprüfen für etwaige Gebühren- und Steuernachforderungen?

Google lässt Einsprüche zu und nutzt die Aufnahmen, um die Kartendienste zu perfektionieren. Für den Tourismus, für Dienstleister, für regionale Werbung, für die Verbesserung der Navigationsdienste ist Street View eine echte Bereicherung.

Die Satellitenaufnahmen von staatlichen Behörden erfreuen nur das Ordnungsamt und den Fiskus.

Über den Autor

gsohn
Diplom-Volkswirt, Wirtschaftsblogger, Livestreamer, Moderator, Kolumnist und Wanderer zwischen den Welten.

4 Kommentare zu "Hurra, Google Street View wird auch in Bonn gestartet! Die Satzungsänderung gehört in die Mülltonne"

  1. Wie ich vorhin erst sah http://archiv.twoday.net/stories/6462493/ haben zwei Juristen in der NVwZ der Bonner Argumentation eine Absage erteilt.

    Wie weiter vorgehen?

    Weiter öffentlich berichten!

    Stadträte informieren, an den Stadtrat schreiben und auf Behandlung des Themas bestehen. Lektüre dazu: Artikel 17 Grundgesetz (Petitionsrecht, ggf. googlen, auch Stadträte sind eine Volksvertretung)

    Beschwerde bei der zuständigen Bezirksregierung über die Rechtsauffassung der Stadt Bonn.

    Selbstverständlich ist entgegen der Ansicht der Stadt Bonn eine (kostenträchtige) Feststellungsklage, bei der indirekt geprüft wird, ob die Satzung rechtmäßig ist, möglich. Voraussetzung: Man fotografiert professionell Häuser in Bonn. Dann Feststellung begehren, dass die Stadt Bonn nicht berechtigt ist, entsprechende Gebühren zu erheben. Da Privatpersonen sicher nicht von der Stadt Bonn belangt werden, die einzige Möglichkeit, gerichtlich die Sache überprüfen zu lassen. Klar ist, dass die Stadt Bonn diese Möglichkeit nicht thematisieren will.

  2. Der Hinweis mit der zuständigen Bezirksregierung ist gut. Klagen werde ich mitnichten, da fehlt mir die Kohle. Literaturhinweis werde ich aufgreifen. Vielen Dank für die guten Tipps!

  3. Bonner Bürger | 13. August 2010 um 9:52 Uhr |

    Na vielen Dank. Dann haben wir es solchen Profilneurotikern wie ihnen also zu verdanken, dass unser aller Privatssphäre mit den Füßen getreten wird.
    Ich hoffe sehr, es wird nicht mal der Tag kommen, an dem wir alle bereuen, daß wir solchen Konzernen in den Arsch kriechen, für ein kleines Fitzelchen Bequemlichkeit.

  4. Hallo Bonner Bürger, ich krieche dem OB und auch Google sicher nicht in den “Arsch”. Es geht nicht um Bequemlichkeit, sondern um eine Verbesserung von Google Maps. Google Earth wird doch vom Ordnungsamt genutzt oder?

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