Über den Musterbrief für einen Muster-Widerspruch – initiiert von den Bonner Stadthäuptlingen – hatte ich mich ziemlich geärgert und widersprach dann der widersprüchlichen Satzungsänderung der Stadt Bonn zur höchst widersprüchlichen Haltung des Oberbürgermeisters zum Street View-Projekt von Google. Sascha Lobo hat eine noch bessere Initiative losgetreten: “Die meisten Leute haben zweifellos Nachbarn, denen man einen so schwerwiegenden Eingriff in die Digitale Öffentlichkeit wie einen ‘Google Street View Widerspruch’ zutraut. Und genau deshalb biete ich hier den ‘Google Street View Widerspruch-Widerspruch’ an. Die Benutzung ist ganz simpel, man füllt das formlose Formular aus und schickt es an Google. Und zwar präventiv, falls man seltsame, offlinige Nachbarn hat, oder als Gegenwiderspruch, wenn man schon von einem Widerspruch weiss”, schreibt Lobo. Das Ganze sei dem Otto-Normal-Widerspruch spürbar nachempfunden, hoffentlich ergibt das keine Urheberrechtsprobleme. “Man kann den Text auch per Mail an streetview-deutschland@google.com versenden – ich empfehle allerdings, entweder einen Brief zu schicken oder in ein Museum einzubrechen und den Widerspruch per Fax zu senden: auf traditionelle Weise vorgebrachte Offline-Meinungen zählen offenbar mehr als Online-Meinungen”, so Lobo.
Einen Widerspruch zum Projekt möchte ich noch nachlegen. Er stammt aus der Feder von Zippert, der in der Welt herumzappt. Er kritisiert, dass den Verbrauchern nicht genug Zeit gelassen wurde, ihre Häuser und Gärten aufzuräumen. In diesem beklagenswerten Zustand könne man diese Objekte nicht zur Schau stellen. In einer Pressekonferenz habe deshalb der Innenminister Straßennamen, Hausnummern und Stockwerke benannt, bei denen es unzumutbar für Google sei, alle Mängel wegzuretuschieren. So gibt es in Bielefeld ein Eckhaus, wo die Gardinen seit Jahren nicht mehr gewaschen worden seien. “Kritisiert wurde auch die Balkonbepflanzung im Schwickertweg in Wuppertal, die ungelenken Graffiti in der Hornigstraße in Köln und eine Garageneinfahrt am Doktor-Drostel-Ring in Essen”, so Zippert der Zapper. Besonders schlimm ist es ja bekanntlich im Antoniusstift in Neuenkirchen mit dem zerstörten großen Blumenkübel. Das wird jetzt alles schonungslos weltweit über Street View dokumentiert – eine Blamage für Deutschland.
Die ganze Angelegenheit ist voller Widersprüch – auch, was die Meinungsmacher und Kollegen angeht. Wer sich über die Angst vor Verletzung der Privatsphäre lustig macht, geht selbst sicher mit gutem Beispiel voran – denkt man.
Spiegel-Autor Thomas Darnstädt aber findet Kritik an Google Street View lächerlich, obwohl er selbst lieber ohne Straße im Telefonbuch steht… http://tinyurl.com/aglqtc
@malteherwig Widersprüche sind doch das Salz in der Suppe des öffentlichen Diskurses.
Welche Widersprüche kann übrigens ich gegen staatliche Schnüffeleien erheben – da weiß ich überhaupt nichts. Bei Google und Co. können wir öffentlich disputieren und uns sehr wohl zur Wehr setzen – gibt es irgendwo ein Beispiel staatlicher Stellen, die Einspruchmöglichkeiten einräumt, die vergleichbar sind mit dem Street View-Projekt von Google.