Wer braucht eigentlich noch ein Telefon in seinem Smartphone? Wozu noch umständlich „zum Hörer greifen“, wenn immer mehr per Service-App zu klären ist? Im Jahr der Smartphones können diese Fragen nicht mehr vom Tisch gewischt werden. Das wurde vor kurzem auch auf den Frankfurter M-Days deutlich. Als Diskutant nahm ich an einem Panel teil. Auf Soundcloud kann man sich die komplette Expertenrunde anhören.
Der mobile Kleincomputer hat sich zum „Schweizer Taschenmesser“ in der Hosentasche gewandelt. Ob man einen Restaurant-Tisch bucht, Konzertkarten reserviert oder ein Taxi bestellt – die entsprechende App steht zur Verfügung. Beim Taschenmesser half noch der Fingernagel, mit jeder App wird der SMS-trainierte Daumen aktiviert. Die Entwicklung des mobilen Internets hat weitreichende Konsequenzen – auch für die Kommunikation zwischen Unternehmen und ihren Kunden.
„Der Smartphone-Markt ist noch sehr jung und die mobile Szene durch eine hohe Fragmentierung mit unterschiedlichen Plattformen geprägt“, sagt Johannes Nünning vom Zentrum Mehrwertdienste der Deutschen Telekom gegenüber dem Düsseldorfer Fachdienst Service Insiders( mein ausführlicher Bericht wird dort erscheinen). Der Markt entwickle sich allerdings rasant. Die App (Kurzform für Application) selbst ist vor wenigen Tagen 1000 Tage alt geworden: Im Juli 2008 startete Apple seinen App-Store. Über zehn Milliarden Downloads gab es seitdem im App-Store, die anderen Anbieter nicht eingerechnet.
Dabei sind Apps und der klassische Kundenkontakt per Telefon kein natürlicher Gegensatz, sagt etwa Jan Gessenhardt von apertomove. „Viele, die bisher Apps produzieren, kommen aus dem Online-Bereich und orientieren sich entsprechend an Online-Prozessen. Der Anruf wird oft einfach vergessen. Er spielt keine Rolle, weil der PC nicht telefonieren kann“, so Gessenhardt. Im Gegensatz zum stationären PC sind die Dialog-Szenarien auf dem Smartphone allerdings deutlich komplexer: Draußen, drinnen; am Tag, in der Nacht; alleine, in der Gruppe – das Smartphone wird zum 24/7-Lebensbegleiter. Ein konkretes Beispiel: Die Immobiliensuche. Die Wohnung wird über eine Augmented Reality-App im gewünschten Viertel angezeigt, der Besuchstermin wird per App vereinbart und im Kalender abgespeichert.
Allerdings ist die Nachhaltigkeit von Apps noch nicht geklärt: So schreibt Jens Wehrmann in einem Beitrag für Mobile Zeitgeist, dass sich von 300.000 Apps nur rund 200 Apps zwölf Monate oder länger unter den Top 1.000 behaupten konnten – eine Quote von unter 0,1 Prozent.
Das Fazit der Experten auf den M-Days: Letztlich kommt es für jeden Kundenservice auf das Nutzer-Szenario an, und der Kunde will vor allem eines: Dass sein konkretes Problem schnell und sauber gelöst wird, gleichgültig, über welchen Kanal er kommuniziert. Allerdings wächst die Ungeduld mit Wartezeiten und schlechter Beratung – Kunden gewöhnen sich an die Echtzeitkommunikation. Sprachgebundene Dienste haben nur eine Zukunft, wenn sie wirklich einen Vorteil mit sich bringen. Und: Der Kundenkontakt, der bisher am Ende der „Nahrungskette“ angesiedelt ist, muss Bestandteil der gesamten Marketingstrategie werden.
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