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Über die Schweinebauch-Verschwörung im Netz und fragwürdige Schutzgesetze #BloggerCamp #hoa

Karnevaleske Verschwörungsrunde

Datenspione sind unterwegs, die ahnungslose Menschen überwachen und skrupellos Online-Einkäufe, Haustüren, Fassaden, Jägerzäune, Vorgärten, Aufenthaltsorte, Hobbys, Reisen, Suchanfragen, Empfehlungen, Verlinkungen, Kommentare, Profile und besuchte Websites registrieren. Die Dunkelmänner des Cyberspace verfolgen nur ein einziges Ziel – sie wollen uns personalisierte Werbung einblenden. Pfui Teufel, das ist niederträchtig, gemein, verschwörerisch, anmaßend, perfide und verdient unsere tiefste Verachtung. Wo kämen wir denn hin, wenn jeder Dahergelaufene meint, uns werbliche Botschaften zu übermitteln, die vielleicht irgendwie den persönlichen Interessen entsprechen und uns zu Einkäufen animieren könnten.

Da ist es doch besser, wenn wir auf Schritt und Tritt mit der klassischen Massenreklame malträtiert werden, die uns langweilt, zum Umschalten des Fernsehkanals animiert oder daran erinnert, schnell noch eine Pinkelpause einzulegen, das Bier kalt zu stellen und den Hamburger in die Mikrowelle zu schmeißen. Der pädagogische Wert der Einweg-Berieselung darf nicht unterschätzt werden. Sie schützt uns vor dem Tanz um das Goldene Kalb, sie bewahrt uns davor, dem schnöden Mammon zu verfallen. Es ist wie mit dem Anti-Raucher-Kaugummi, der nach Aschenbecher schmeckt.

So wirken auch die stets lächelnden und strahlenden Hausfrauen, die uns für Waschmittel begeistern, die gütigen Opas, die ihre Enkelkinder mit widerlich süßen Bonbons beglücken, die schreiend lauten Schweinebauch-Slogans für technischen Schnickschnack, der in jedem Onlineshop billiger angeboten wird, die Heucheleien mit Danke sagender Schokolade, die man sich freiwillig nie kaufen würde und die schmierigen Männer in weißen Kitteln, die uns Ratschläge für die Zahnpflege erteilen. Die Konsumpropaganda in Zeitungen, Zeitschriften, Hörfunk, Fernsehen und auf Plakatwänden, die wir jeden Tag an den Kopf geballert bekommen, ohne uns wehren zu können, ist die gerechte Strafe für eine zu bequeme Konsumhaltung und den um sich greifenden Freizeit-Hedonismus.

Wenn Facebook, Google oder Apple hier ausscheren und perfide Pläne für die Gründung eines neuen Imperiums schmieden und dafür personalisierte Werbung als Baustein für ihre Welteroberungspläne einsetzen, ist das hausmeisterliche Vorgehen der staatlichen Datenschützer und pädagogisch gesinnten Politikern wie Daniel Mack doch zu begrüßen. Oder auch nicht. Es ist wohl reine Effekthascherei, sich als Kindermädchen meiner privaten Daten in Szene zu setzen.

Die Verteidigung des Privaten ist beim Staat in schlechten Händen. Das sollte man generell bedenken, wenn wieder über Verbote, Regulierungen, neue Überwachungsbehörden und sonstige Drangsalierungsmethoden nachgedacht wird. Das fängt beim Rauchverbot an und hört beim Bundestrojaner auf. Vorsorge und Fürsorge des Staates, so der Soziologe Wolfgang Sofsky, seien nur fadenscheinige Versprechen:

„Der Staat ist weder ein Hort der Sittlichkeit noch eine moralische Instanz. Er hütet kein Gemeinwohl und ist auch keine Quelle väterlicher Geborgenheit. Der Staat ist eine Einrichtung zur Beherrschung der Bürger.“

Das entbindet allerdings Google und Facebook nicht von der Pflicht, mich auf Augenhöhe wie einen Kunden zu behandeln, wenn es um die Geschäftsbedingungen geht. Das rechtfertigt nicht das Vorgehen von Apple und Microsoft, sich als Zensor zur Wahrung der guten Sitten aufzuschwingen. Es völlig in Ordnung, wenn mir personalisierte Werbung eingeblendet wird. Es ist nicht weiter problematisch, wenn meine Daten, die ich freiwillig zur Verfügung gestellt habe, für Analysen, Prognosen und Verfeinerungen von Diensten eingesetzt werden. Es ist nicht zu beanstanden, wenn sich die Netzanbieter nach neuen Geschäftsmodellen, Sponsoring-Angboten und Erlösquellen umschauen. Aber es ist einfach eine Unverschämtheit, gravierende Änderungen der Nutzungsbedingungen wie eine geheime Kommandosache durchzudrücken. Ich bin nicht das Klickvieh von Facebook, Google und Co. Allerdings brauche ich keine irrwitzigen Schutzgesetze, wie sie Daniel Mack von den Grünen ins Spiel gebracht hat – gut gekontert von Thomas Hutter in seinem Blogpost “Facebook ist nicht kostenlos – ein paar Gedanken zu einem politisch motivierten Blogbeitrag”.

Warum räumen die Netz-Giganten nicht generell eine Opt out-Funktion ein (Opt in-Modelle, die nicht nur der Datenschutz-Deichgraf in Kiel verlangt, sind nicht praktikabel). Wenn ich einer Sache widerspreche, muss das vom Anbieter respektiert werden und nicht mit Löschung oder Ignoranz bestraft werden. Auch der Spruch, “Du kannst ja Deinen Account kündigen”, ist keine Alternative. Vielleicht bin ich ja mittlerweile beruflich und privat auf diese Dienste angewiesen. Friss oder stirb – so kann man mit den Nutzern nicht umgehen. Besser wäre es, Abweichungen vom Standardprogramm einzuräumen.

Welche netzpolitisch sinnvollen Maßnahmen jenseits staatlicher Volkspädagogik möglich sind, diskutieren wir morgen in der zweiten Session des Blogger Camps von 19,30 bis 20,00 Uhr. Thema: Die AGB-Diktatoren des Netzes. Mit dabei sind: Ralf Rottmann, Constantin Sohn (er sagt etwas über fragwüridge Tribunale in Game-Communities), Hannes Schleeh, Bernd Stahl und Jens Best (wenn er zur Abendstunde unterwegs einen leistungsfähigen Internet-Zugang zur Verfügung hat). Moderation: Icke.

Die erste Session von 18,30 bis 19,00 zieht eine erste Hangout On Air-Bilanz und spricht über die Zukunft der Graswurzel-Kommunikation. Gäste sind Moritz Tolxdorff von Techtalk und Ersteller der beliebten Hangout on Air Toolbox, Daniel Fiene, Hangout on Air Pionier und Mitglied des Digitalen Quartetts sowie Wolfgang Bogler aus Saarbrücken. Moderation: Hannes Schleeh. Ick werde da natürlich ooch mitmachen.

Wo der staatliche Schutz im Netz hinführt, kann man aktuell in Augsburg beobachten: Polizei beschlagnahmt in Redaktion Daten eines Foren-Nutzers.

Staatsanwaltschaft durchsucht Räume der Augsburger Allgemeinen wegen Forenbeitrags.

Zur AGB-Diktatoren-Runde passt ja auch der aktuelle Streit mit Google über das angekündigte Re-Design der Bilder-Suche! Siehe: Verteidige Dein Bild.

Über den Autor

gsohn
Diplom-Volkswirt, Wirtschaftsblogger, Livestreamer, Moderator, Kolumnist und Wanderer zwischen den Welten.

8 Kommentare zu "Über die Schweinebauch-Verschwörung im Netz und fragwürdige Schutzgesetze #BloggerCamp #hoa"

  1. Reblogged this on Vernetzt Euch! und kommentierte:

    Ausblick auf das morgige Blogger Camp.

  2. Ich finde deine Ansicht zum Staat ein wenig einseitig. Ich finde es sehr wohl gut das der Staat einige Dinge regelt. Zum Beispiel habe ich dank Staatlicher Regelungen und Kontrollen jeden Tag frisches Trinkwasser bei mir im Haus. Die Telekom ist gesetzlich verpflichtet mir einen Telefonanschluss einzurichten! Es wäre schön wenn wir so etwas auch fürs Internet hätten zum Beispiel 100mbit. Ohne gesetzliche Regelungen wird die Infrastruktur nicht so ausgebaut wie es für Bürger und Industrie gut ist weil diese Investitionen sich meist erst nach Jahrzehnten amortisieren! Und das unserer Internet in Deutschland außerhalb von Städten noch immer ein Witz ist liegt daran das wir da keine Gesetzlichen Regelungen haben.
    Das Internet ist mittlerweile auch eine wichtige Infrastruktur und ich finde das der Staat da sehr wohl Grenzen ziehen muss wo der Bürger sich gegen Großkonzerne nicht mehr wehren kann.

    Das man die Daten freiwillig an Google und Facebook gibt ist auch falsch. Es verlangt von mir mittlerweile viel Kenntnisse und den Einsatz von den richtigen Tools um zu verhindern das Google und Facebook wissen auf welchen Seiten ich war. Selbst wenn ich beide nicht aktiv nutze. Das ist zum Beispiel ein großer Unterschied zu Apple.

    Auch das es nur Auswirkungen auf personalisierte Werbung hat ist falsch. Beide Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet ihre Daten mit den amerikanischen Behörden zu teilen. Und das kann bedeuten das ich in den USA nicht mehr einreisen darf. Und wie oben erwähnt muss ich dazu nicht einmal einen Account dafür haben die Datenanalyse ist mittlerweile auch so schon so gut das man nahezu jeden einzeln Identifizieren kann.

  3. Übrigens gebt auch ihr hier meine Daten ungefragt weiter.

    Dagegen das ihr meine Emailadresse und das ich hier bei euch einen Kommentar hinterlassen habe an Gravatar (ein amerikanisches Unternehmen) weiter gebt kann ich nicht einmal was machen – außer nicht kommentieren.

    Das beste ist aber das ihr, wenn auch “schiffriert”, von verschlüsselt kann bei md5 keine Rede sein, meine Emailadresse hier veröffentlicht, dadurch das ihr Gravatar einsetzt. Und das obwohl ihr das ausdrücklich ausschließt ! Und da ihr google sicher nicht aussperrt können sie wieder mit 100%iger Identifikation ein Puzzle zu meinem Profil ergänzen.

  4. Du hast doch ganz nett kommentiert, ohne direkt von mir verortet zu werden. Ich habe doch nun wirklich alle Barrieren für Meinungsäußerungen weggehauen, um ohne Restriktionen Kommentare schreiben zu können.

    Natürlich ist auch der Staat gefragt, beispielsweise beim Ausbau der Infrastruktur. Da sind allerdings keine Schutzgesetze vonnöten, sondern ein Masterplan für schnelles Internet. Steht leider nicht oben auf der Agenda des politischen Personals. Hier müssen in der Finanzplanung andere Akzente gesetzt werden.

    Und wenn Du den Austausch von Daten zwischen den Netz-Konzernen und staatlichen Stellen ansprichst, triffst Du genau den wunden Punkt in der Datenschutz-Debatte. Wie kann mich der Staat schützen, wenn er mich im selben Atemzug ausspioniert – etwa über Staatstrojaner? Eine trügerische Sicherheit, die man in Augsburg gerade sehr schön beobachten kann. Es wäre besser, den Internet-Nutzern klar zu sagen, dass es absoluten Schutz im Netz nicht geben kann. Oder wie die Internet-Pioniere es ausformulierten. Schreibe nichts ins Netz, was Du nicht auch auf eine Postkarte schreiben würdest.

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    #hoa | Ich sag mal” ended up being a excellent posting.
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