Starre Unternehmenskultur verhindert Telearbeit und schadet der Umwelt

Pendler-StressJeder fünfte deutsche Erwerbstätige ist ständig unterwegs. Die meisten davon sind Fernpendler mit täglich mindestens zwei Stunden Fahrzeit. Sie müssen dabei einige Nachteile zu tragen. „Die Unfallgefahr ist nicht zu unterschätzen. Sie ist gerade für Autopendler das Gesundheitsrisiko Nummer eins“, sagt Verkehrspsychologe Thomas Wagenpfeil vom TÜV Süd. Außerdem führt die Dauerpendlerei dazu, dass die Mobilen weniger Zeit mit Freunden und der Familie verbringen können und sich ständig organisieren müssen.

„Damit insbesondere mittelständische Unternehmen die richtigen Fachkräfte in die Provinz holen, müssen sie bei den Arbeitszeiten deutlich flexibler werden. Es motiviert Mitarbeiter ungemein, wenn sie auch mal am Montag oder Freitag in den eigenen vier Wänden arbeiten dürfen“, sagt der Personalexperte Marc Emde, Geschäftsführer von KCP-Executives in Köln. Die technischen Voraussetzungen für räumlich und zeitlich flexibles Arbeiten seien durch die moderne Telekommunikation längst gegeben.

„Wer die besten Köpfe für sein Unternehmen gewinnen will, muss ihnen mehr bieten als nur eine angemessene Bezahlung. Dazu gehört auch ein möglichst flexibles Arbeitsumfeld“, so Emde. Zudem komme dieses Modell berufstätigen Müttern und Vätern entgegen. Allerdings verhindere eine konservative, ja starre Kultur in manchen Unternehmen, dass Telearbeit oder Gleitzeitmodelle auch wirklich zum Einsatz kommen.

„Tägliches Pendeln zur Arbeitsstelle und zurück wirkt sich je nachdem negativ auf die Finanzen und auf den Stresslevel der betroffenen Personen aus. Wenn viele Pendler in Deutschland mit entsprechenden Technologien ausgestattet wären, könnten sie genauso gut – wenn nicht sogar besser – von zu Hause aus arbeiten“, bestätigt Andreas Latzel, Deutschlandchef der Aastra-DeTeWe-Gruppe in Berlin.

Unternehmen würden gleich mehrfach von Heimarbeit und flexiblen Arbeitsbedingungen profitieren, denn „sie können so ihre Immobilien- und Energiekosten reduzieren und gleichzeitig die Mitarbeiterbindung stärken“, fügt Latzel hinzu. Sein Unternehmen folge dem Beispiel der European Mobility Week, ein von der Europäischen Kommission ins Leben gerufener autofreier Tag. Wenn 20 Millionen Arbeitskräfte oder 10 Prozent der Mitarbeiter innerhalb der EU nur ein bis zwei Tage pro Woche von zu Hause aus arbeiten würden, könnten die Kohlendioxid-Emissionen laut Forschungsergebnissen um ungefähr 22 Millionen Tonnen pro Jahr reduziert werden.

Twitter und die Kluft der Manager zur Web 2.0-Welt

Die Nielsen Online-Studie ist ja schon hoch und runter gelaufen, die möchte ich hier nicht weiter kommentieren. Sehr nützlich ist dazu auch der Blog-Beitag des FAZ-Netzökonomen Holger Schmidt. Hier findet man einen interessanten Kommentar von Michael Leibrecht, der auch meinen Beobachtungen entspricht:
„Doch wie bringen wir das den Unternehmern und Managern aktiv näher? Die Kluft zwischen aktiven Online-Marketing-Leuten und traditionellen Managern mit der Einstellung ‚das macht alles meine Sekretärin‘ wird immer größer. In Seminaren, Workshops und Beratungen erlebe ich täglich wie wichtig eine breite ‚Web 2.0 Lobby‘ wäre. Firmen müssen auf einfache und verständliche weise lernen welchen Nutzen ihnen in Zukunft das Internet bringen kann.“

Es gibt sogar noch Manager, die sich von ihrer Sekretärin die E-Mails ausdrucken lassen und noch stolz darauf sind – das gilt nicht nur für ältere Semester. Oder die mit Argwohn den Trend zu Enterprise 2.0-Technologien betrachten und auch bekämpfen, weil beispielsweise Agententechnologie ungefiltert an Mitarbeiter Informationen vermittelt. Da können viele nicht mehr so stark mit dem Taktstock fuchteln. Siehe dazu auch den Artikel „Kollaborieren oder kollabieren?“.

Garaus für Assessment Center: Neue Verfahren gefragt

Glaubt man Personalberatern und Wissenschaftlern, dann schwindet der blinde Glaube an die Vorhersagekraft des Assessment Centers (AC) bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter wenden sich in jüngster Zeit viele Unternehmen davon ab. „Über die Jahre hinweg ist die Gültigkeit von Assessment Center ständig gesunken“, konstatiert

Professor Lutz von Rosenstiel
Professor Lutz von Rosenstiel
, Organisationspsychologe an der Universität München, gegenüber dem Mittelstandsmagazin Wirtschaftsbild. Dafür gäbe es gleich drei gute Gründe. „Zum einen trainieren immer mehr Bewerber vorher und wissen in etwa, was kommt. Zum zweiten, und das halte ich für bedeutsamer, simuliert ein Assessment Center die künftigen Anforderungen an den Stelleninhaber. In Zeiten des schnellen Wandels aber kann man nicht wissen, was auf den Mitarbeiter zukommen wird. Folglich kann man heute nicht mit Bestimmtheit vorhersagen, was er und sie morgen können und wie er und sie morgen sein sollen.“

Doch erst Rosenstiels drittes Argument macht dem AC vollends den Garaus. „Um ein aussagekräftiges Assessment Center auf die Beine zu stellen, braucht man eine gründliche Analyse der Organisation. Viele Personalbereiche verzichten darauf. In der Not erweisen sich strukturierte Interviews oder Tests, die speziell auf eine bestimmte Organisation zugeschnitten sind, als kostengünstiger – bei ähnlicher Vorhersagekraft wie das AC.“ Dass mit aufwändigen Einzel- und Gruppen-Assessments keine hundertprozentige Erfolgsgarantie verbunden sein kann, ist allen Fachleuten klar. Doch dass genau dies von Psychologen ausgetüftelte Teststrecken leisten sollen, leuchtet auch nicht jedem ein. Gegen die sich selbst zugeschriebene Menschenkenntnis der Personaler und deren Bauchgefühl hat die Eignungsdiagnostik noch immer einen schweren Stand. „Die persönliche Sympathie in die Entscheidung einzubeziehen ist auch gut so“, überrascht Andreas Frintrup, Gründer und Chef der HR-Diagnostics AG in Stuttgart. Diese Aussage hätte man von einem Unternehmer, der Psychologen Einstellungstests entwickeln lässt und vertreibt, eigentlich nicht erwartet. Doch mit seiner Erklärung, dass von hundert Testverfahren allenfalls zehn den wissenschaftlichen Anforderungen entsprechen, macht die Zurückhaltung von Frintrup schon mehr Sinn: „Viele der auf dem Markt kursierenden Persönlichkeitstests erfüllen nicht die Anforderungen an die nötige Validität, also an die Gültigkeit“, kritisiert der Diplomökonom. „Während man mit den psychologisch fundierten und auf die beruflichen Anforderungen abgestimmten Tests die Prognosesicherheit tatsächlich erhöhen kann, führt das Gros der Persönlichkeitstest eher zu allgemeinen Aussagen, die selten etwas mit der konkreten Aufgabe des künftigen Stelleninhabers zu tun haben und daher keine Hinweise auf sein späteres Verhalten im Beruf geben.“

Trotzdem gehen Standard-Tests augenblicklich weg wie warme Semmeln. Besonders gut laufen die auf den Erkenntnissen und der Typenlehre von C.G.Jung beruhenden Testverfahren wie beispielsweise die Reiss-Profile und die Insights MDI Potenzial-Analysen. Um als Berater oder Personalabteilung die Tests anwenden zu dürfen, muss man eine Lizenz erwerben und Schulungen besuchen. Die Münchner Personalberatung Schuh-Eder hat sich im vergangenen Jahr darin ausbilden lassen.„Wir schwören auf Insights. Es ist ein perfektes Tool, das ganz pragmatisch anzuwenden ist und verblüffende Ergebnisse liefert. Diese helfen uns, Auswahlprozesse mit viel höherer Qualität durchzuführen“, so die Expertin. Billig ist die Lizenzierung und die Testauswertung nicht, aber der Markt ruft offenbar danach. „Auch die Kandidaten wissen sehr zu schätzen, dass man sich nicht nur auf den Bauch verlässt.“ Dass die fragebogengestützte Eignungsdiagnostik, auf breiter Front betrachtet, besser und billiger geworden sind, räumt auch Rosenstiel ein, dessen Institut ein bei Experten umstrittenes Testimonial für Insights MDI abgegeben hat. Gänzlich vorbehaltlose Zustimmung klingt freilich anders: „Die Resultate von Tests sind zwar anregend, bleiben aber spekulativ. „Insight arbeitet nicht schlechter als andere Verfahren. Man muss nur genau hinschauen, was dieser Test leistet.“

Als schlechtes Beispiel für berufliche Eignungsuntersuchungen zieht Frintrup Tests heran, in den von Bewerbern Aussagen wie „Ich mag große Frauen“ zu beurteilen sind. „So etwas fällt eindeutig ins Privatleben und hat in einem berufsbezogenen Persönlichkeitstest nichts zu suchen“, bemängelt Frintrup. „Berufsbezogene Diagnostik erfordert auch berufsbezogene Tests – nicht nur im Interesse der Akzeptanz bei den Bewerbern, sondern auch weil sich gezeigt hat, dass entsprechend formulierte Tests bessere Vorhersagen über die berufliche Leistung ermöglichen.“ Was die Testentwickler mit der Frage nach den großen Frauen herauszukitzeln hoffen, sind allenfalls Anhaltspunkte für einen gewissen Reizhunger. Aus dieser Hintergrundvariablen könnte man unter Umständen Anzeichen für eine unzureichende persönliche Integrität ableiten. Aber das ist, erstens, nur ein Indikator von vielen möglichen, und zweitens sagt es überhaupt nichts darüber aus, wie sich der Kandidat später im Job bewähren wird. Wissenschaftlich betrachtet, haben die Psychologen bei der Eignungsdiagnostik die Lufthoheit.

Schwurbeloverflow im Hirn: Warum Topmanager in die Sterne schauen

Topmanager in Wirtschaftsunternehmen sind seltsam glatt, durchschnittlich und wenig eigenwillig. Zu diesen Erkenntnissen gelangte in den 1990er Jahren der Kölner Soziologe Erwin K. Scheuch in einer umfangreichen empirischen Studie. Ihre Mittelmäßigkeit versuchen Manager wenigstens durch originelle Managementkonzepte zu kompensieren. Große Unternehmen leisten sich deshalb ein skurriles Netzwerk an Beratern, Managementgurus, Esoterikern, Wirtschaftsastrologen, Trainern und Agenturen: „Der Hang zum Esoterischen in allen Spielarten hat sich verstärkt. Personalauswahl mit graphologischen Gutachten oder Schamanismus sind keine Ausnahmen. Es zeigt, dass viele dieser Unternehmer in ihrem Arbeitsumfeld sehr einsam, auch misstrauisch sind und wenig Gesprächspartner haben. Das halte ich für eine Fehlentwicklung und für eine ernsthafte Gefahr“, so Fredmund Malik, Chef des Malik Management Zentrum St.Gallen. So genannte Reflexionsgespräche mit Führungskräften verhelfen akademisch gestrandeten Philosophen noch zu einer ansehnlichen Einkommensquelle in philosophischen Beratungspraxen.

Die mildeste Esoterikform ist die Verwendung eines rasch wechselnden Insiderjargons. Umstrukturierung, Neuorganisation oder Downsizing gehören zum täglichen Management-Geblubber wie die semantischen Speerspitzen Effizienz, Effektivität, Innovation oder Kreativität. Manager wollen zu jeder Zeit kreativ, innovativ und effizient an ihrer Effektivität arbeiten. Das geht am besten mit ganzheitlichen Konzepten, die in speziellen Kreativitätsseminaren gelernt werden. Manager stellen sich im Kreis auf, greifen zum feuchten Händchen des Nachbarn und rufen im Chor: „Es beginnt ein kreativer Tag und ich fühle mich gut. Just great.“ Vielleicht ergehen sich die gestressten Führungskräfte auch in albernen Rollenspielen oder ruinieren ihr schwarz-graues Outfit durch untrainiertes Gefummel mit Knetmasse. Da fehlt dann nur das kollektive Einüben der Hechelatmung zwecks Unterstützung kreativer Presswehen in holistischen Trauma-Bewältigungs-Workshops.

Die Hardcore-Esoteriker werden in einem herrlichen Blog aufs Korn genommen: Der Wahrsagercheck’s Blog.:

Zitat: „Dass sich manche Unternehmen tatsächlich auf solchen Nonsens verlassen ist wenig überraschend, denn an den entscheidenden Stellen sitzen Menschen, die eben auch der einen oder anderen esoterischen Lehre erliegen können. Offen zugegeben wird das eher selten – welches Unternehmen möchte sich schon nachsagen lassen, dass seine Personalauswahl zumindest teilweise auf pseudowissenschaftlichem Humbug beruht?“

Ich befürchte, dass in Krisenzeiten die barfüßigen Propheten, Schamanen und Sternen-Gucker Hochkonjunktur bekommen.

Gestalter statt Verwalter: Warum auch ein CIO Managementqualitäten braucht

Andreas Rebetzky, Sprecher des cioforums, fordert ein neues Rollenverständnis der IT-Führungskräfte. „Wir sind heute mehr denn gefordert, die Geschäftsprozesse von der Produktentstehung bis zum Vertrieb und den Services intensiv mitzugestalten“, so Rebetzky. Da könne man sich nicht mehr in irgendeiner Technikecke verstecken. Ein Warnzeichen sei die aktuelle CIO-Umfrage des IT-Beratungshauses Harvey Nash. Danach habe die Bedeutung von IT-Führungskräften in den vergangenen Jahren abgenommen. Das wichtigste Schwerpunktthema, das die Geschäftsführung für die Informationstechnologie vorsieht, ist eher die Steigerung der operativen Effizienz und weniger die Entwicklung neuer Produkte oder die Erschließung neuer Märkte. In 17 Prozent der Unternehmen wird nicht einmal erwartet, dass die IT neue innovative Technologien entwickelt, um den Wettbewerbsvorteil zu verbessern. In 55 Prozent der Unternehmen, die Innovationen erwarten, hat man noch nicht einmal konkrete Ziele gesetzt. 73 Prozent der IT-Führungskräfte sind nach der Harvey Nash-Umfrage der Auffassung, dass der CIO eine größere Rolle im Unternehmen spielen sollte. Um das zu erreichen, müssten CIOs ihre Management- und Kommunikationsqualitäten verbessern.

Der Anteil derjenigen, die ihre Rolle im Unternehmen als erfüllend oder sehr erfüllend empfinden, ist im Vergleich zum Jahr 2006 stetig gefallen – von 84 auf 74 Prozent in diesem Jahr. Zugleich stieg der Anteil derjenigen, die ihre Rolle als nicht sehr erfüllend oder überhaupt nicht erfüllend empfinden, von 17 auf 25 Prozent. Entsprechend hoch fällt die Bereitschaft aus, den Arbeitsplatz zu wechseln. Nur sieben Prozent der Befragten streben keinen Job in einem anderen Unternehmen an. 72 Prozent haben bereits einen Headhunter kontaktiert oder selbständig nach einer neuen Tätigkeit Ausschau gehalten. 63 Prozent der IT-Führungskräfte gehen davon aus, in den nächsten zwei Jahren nicht mehr bei ihrem jetzigen Arbeitgeber zu sein – das sind fünf Prozent mehr als im vergangenen Jahr. „Die Abnahme des Einflusses im Unternehmen steht in direkter Beziehung zum Nachlassen der Berufszufriedenheit und letztendlich zu einem Ansteigen der Wechselbereitschaft“, kommentiert Udo Nadolski, Geschäftsführer von Harvey Nash in Düsseldorf, die Ergebnisse.

Die abnehmende Bedeutung der IT-Abteilungen unter dem strategischen Gesichtspunkt dürfte das Ergebnis vergangener Arbeitsleistungen und nachlassender Wahrnehmung sein. Über ein Viertel der Befragten ist der Meinung, dass die IT-Systeme innerhalb des Unternehmens nicht als Komponente für die Wertsteigerung des Unternehmens betrachtet werden können. Jede zweite IT-Führungskraft ist davon überzeugt, dass die IT kein wirksames Mittel ist, um die Geschäftseinnahmen zu steigern. „IT-Führungskräfte müssen kräftig an ihren Business-Kompetenzen arbeiten. Es ist offensichtlich, dass der ideale IT-Mitarbeiter beides haben muss: technologische und unternehmerische Fähigkeiten“, so die Erfahrung von Nadolski.

„Mit Scheuklappen kann ein CIO seine Position im Unternehmen nicht mehr festigen“, bestätigt Rebetzky. Eine IT-Führungskraft brauche heute Kompetenzen für die kompletten Geschäftsprozesse seiner Firma, um beispielsweise das Engineering von Produktkomponenten in Prozesskostenanalysen zu modellieren. „Ohne dezidiertes Prozesswissen wird ein CIO zum Verwalter degradiert mit wenig rosigen Zukunftsaussichten. Wir sollten in unseren Unternehmen jedoch Gestalter sein“, fordert Rebetzky, Director Global Information der Firma Bizerba.

Das cioforum vertrete die Interessen der IT nicht zum Selbstzweck, sondern indem es die Sachlage differenziert betrachtet und Handlungsempfehlungen veröffentlicht. Sei es, um die Stellung der IT in den Unternehmen zu festigen oder Kosten im Unternehmen einzusparen. „Bizerba als Technologieunternehmen investiert kräftig in neue Produkte und Produktinnovationen. Die IT spielt hierbei eine wachsende Rolle. Es gibt fast keine Projekte mehr ohne IT. Umso mehr wollen wir die Wertsteigerung erhöhen – die Hebel dazu sind vorhanden“, erklärt IT-Interessenvertreter Rebetzky. Ein wichtiges Thema im Verband sei derzeit die Erhöhung der SAP-Wartungspreise: „Wir sehen enorme Belastungen auf die Unternehmen zukommen. Betroffen ist besonders der Mittelstand. Er hat häufig weitaus schlechtere Konditionen. Dadurch wirkt sich die Erhöhung der Wartungskosten negativ für innovative Investitionen aus. Wir werden als Verband den Druck auf SAP erhöhen, damit diese Belastungen gemildert werden“, kündigt Rebetzky an.

Willkommen in den 50er Jahren: Personalentwicklungskonzepte aus dem letzten Jahrhundert lassen Unternehmen alt aussehen – Netzwerkeffekte verändern die Arbeitswelt

Die meisten deutschen Unternehmen versprühen noch den Charme der 50er Jahre, wenn es um Arbeitsstrukturen geht. Hoch qualifizierte Fachkräfte können sie damit in Zukunft nicht mehr halten: „Mit den gängigen Konzepten können Unternehmen keinen Blumentopf mehr gewinnen, und schon gar keine Top-Kandidaten“, so Uwe Zirbes, Chef von der Firma „hunting heads International“ www.huntingheads.de in Wetter an der Ruhr. Die Firmen sollten erst mal ihre Hausaufgaben machen und zeitgemäße Arbeitsplätze schaffen, doch fast alle meinen, das fängt beim Gehalt an und hört auch dort schon wieder auf , sagt Zirbes. So berichtet das CIO-Magazin http://www.cio.de, dass mindestens 90 Prozent des Arbeitsmarktes noch immer auf das Familienleben und den Lebensrhythmus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zugeschnitten seien. Ein Konzept der Beratungsfirma Deloitte http://www.deloitte.com soll die Unternehmen nun ins 21. Jahrhundert befördern: In jeder Phase des Arbeitslebens werden Arbeitspensum, Arbeitszeit, Arbeitsort und die Position des Mitarbeiters mit dem Tempo der Karriere verbunden. In ihrem Buch „Individualisierte Karriereplanung“ (Campus Verlag) resümieren die Deloitte-Beraterinnen Cathleen Benko und Anne Weisberg: In einer wissensorientierten Wirtschaft ähnele die Karriereentwicklung einer Sinuskurve, einer Wellenbewegung von steigenden und fallenden Phasen. Sechs gesellschaftliche Trends machen sie als Ursache dafür aus. Die sinkende Zahl qualifizierter Mitarbeiter, veränderte Familienstrukturen, mehr weibliche Arbeitnehmer und andere Erwartungen der Männer. Zudem spielte die Internet-Generation und die Informationstechnik eine Rolle. Die jüngere Generation habe ein höheres Technik-Verständnis und beschleunige den Wandel des Arbeitslebens: Von zu Hause aus zu arbeiten, während der Woche blauzumachen und dafür samstags ins Büro zu gehen, in der Arbeitszeit private E-Mails zu verschicken – das werde zur Selbstverständlichkeit. Hierarchien und Status verlieren an Bedeutung. Sind Kinder geplant, ist es auch für die jungen Männer wichtig, sie nicht nur am Sonntag zu sehen.

Als Fazit dieser Entwicklung zitieren die Beraterinnen den ehemaligen Dekan der Harvard Business School Kim B. Clark. Er fordert Unternehmen auf, sich so zu verändern, dass sie begabten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aktiv und loyal verbunden bleiben. Dazu ein Beispiel: Gary ist 27, ledig und hat einen MBA-Abschluss, als er seinen ersten Job als Assistenzproduktmanager antritt. In den ersten drei Jahren drückt der junge Mann auf die Tube: Bei Geschwindigkeit, Pensum und Arbeitszeit zieht er alle Register, während seine Position und Verantwortlichkeit nicht stark ausgeprägt ist. Wenige Jahre später wird Gary Vater und schraubt Geschwindigkeit und Pensum zurück. Noch später, als die Kinder alt genug sind für die Uni, fährt er seine Karriere wieder hoch. Jetzt zeigt auch der Pegel im Feld Position und Verantwortung nach oben.

Der Job muss sich also auch den Lebensbedingungen anpassen. Gelingt es dem Unternehmen, gemeinsam mit dem Mitarbeiter flexible Lösungen zu finden, bleiben dessen Kompetenz und Erfahrung im Haus. Der materielle und immaterielle Verlust durch Fluktuationen sinkt. „Hoch qualifizierte Manager kann man nicht mehr mit der alten industriekapitalistischen Denkweise beeindrucken. Die traditionellen Konzepte von Henry Ford und Frederick Taylor gehören in die Mottenkiste“, bestätigt Uwe Zirbes. Die Netzwerkeffekte des Internets, der mobilen Kommunikation und die Intelligenz der Vielen im Web 2.0 würden auch vor der Arbeitswelt nicht halt machen. „Feste Arbeitszeiten, Abteilungsgrenzen, beschränkte Kompetenzen, Befehl und Gehorsam, Controlling-Zahlenfetischismus, Meetingterror und die Bewahrung von Herrschaftswissen gehören der Vergangenheit an“, sagt Zirbes. Wer das im Top-Management nicht begreife, verliere den Wettbewerb um die besten Köpfe.