„Ich spüre eine starke Erzitterung der Macht“, orakelt Professor Peter Kruse auf der Kölner Fachmesse Zukunft Personal mit einem Star Wars-Zitat. Führung in Organisationen müsse neu definiert werden.
Nextpractice-Geschäftsführer Kruse nennt mehrere Entwicklungen, die den Paradigmenwechsel forcieren: Führungskräfte könnten ihre Entscheidungen nicht mehr auf Analysen stützen, die alles nur noch komplizierter machen, sondern müssen eher auf Intuition und vor allem auf kollektive Intelligenz setzen. Hinzu käme die Verschiebung der Macht: Die Vernetzung erhöhe die Aktivität und die Beteiligung Einzelner. Eine Folge daraus sei, dass sich Menschen mehr über ihre Netzwerke als über ihr Unternehmen definieren – eine Entwicklung, die Kruse als „Kernschmelze“ bezeichnet.
„Ich wünsche mir ein bisschen mehr Bescheidenheit im Tun und mehr Stärke im Verstehen.“
Derzeit seien allerdings noch längst nicht alle Menschen so weit. Neue Ergebnisse aus einer Befragung von nextpractice und der Gothaer Versicherung zeigen, dass sich selbst die als Entwicklungstreiber eingestuften Digital Natives in zwei Lager spalteten: 50 Prozent der jungen Leute wollten Führung, Stabilität und Sicherheit nach altem Muster, die anderen 50 Prozent wünschen sich Autonomie und Sinnstiftung. Ein weniger klares Bild fördere eine noch laufende Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bei den Führungskräften zutage: Die Befragten halten Veränderungen zwar für nötig, können ihren „Sehnsuchtsraum“ aber noch nicht mit konkreten Vorstellungen füllen.
„Das von Professor Kruse dargestellte Szenario ist schon seit einigen Jahren zu beobachten. In der IT-Branche hat diese Dynamik an Veränderungen voll auf die Personalstrategien der Unternehmen durchgeschlagen. So gibt es in den Führungsetagen wesentlich mehr Wechsel als früher. Die Anforderungen an die Mitarbeiter mit operativen Tätigkeiten ändern sich ständig und die Verweildauer der Mitarbeiter in Unternehmen nimmt stetig ab“, sagt Karsten Berge vom IT-Personaldienstleister SearchConsult in Düsseldorf.
Durch die zunehmende Dynamik sinke die Identifikation mit dem Unternehmen.
„Ersatz sucht man häufig in persönlichen Netzwerken“, bestätigt Berge.
Besonders problematisch ist die Lage in bürokratischen Unternehmen. Folgt man den Untersuchungen von Professor Rupert Hasenzagl überwiegen in solchen Kulturen die Rationalitätsphantasien. Entsprechend mangelhaft ist die Fähigkeit zur Selbstreflexion ausgeprägt. Wichtig wäre mehr Freiraum für Kreativität und die Zulassung von Regelverletzungen, um Optionen für Neuerungen entfalten zu können.
Der Mittelstandsberater Klemens Kalverkamp geht in seinem Buch „Das Management der Marktführer von morgen“ noch einige Schritte weiter. Mit dem beginnenden Informationszeitalter hätten sich die Unternehmen schon längst von den autoritär-militaristischen und tayloristischen Organisationsformen des alten Industriekapitalismus verabschieden müssen. Dieses Erbgut sei immer noch sehr lebendig, wenn ständig von „Verkaufsfront“, „Rabattschlacht“ oder „Kriegskasse“ gesprochen wird und Mitarbeiter als „Truppen“ ins Feld geführt werden.
Entscheidend sei es jetzt, das brachliegende Potenzial der kollaborativen Intelligenz in Unternehmen auszuschöpfen. Vernetzte Organisationsformen mit dezentraler Entscheidungsfindung seien das Gebot der Stunde. Dazu müsse sich in der gesamten Wirtschaft eine neue Form des Miteinanders herausbilden.
Formuliert Kalverkamp eine Utopie, die sich durchsetzen könnte? Eure Meinung interessiert mich.
Siehe auch:
Wie Rationalitätsmythen zu Bürokratismus führen.
Und natürlich: NEOBÜROKRATEN IN DER ABFALLWIRTSCHAFT.Irren ist menschlich. Auf Kontrollverlust allerdings mit Zertifikaten zu antworten, ist ein völlig falscher Schluss.
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