Regelfreie und flüssige Kommunikation in losen und netzartigen Strukturen, das unadressierte Senden, Folger-Strukturen, Mikrokommunikation und Instant-Kommunikationsakte wie Gefällt mir-Entscheidungen sind Stichworte, die die asynchrone Kommunikation des Netzes beschreiben. Man kann es auch in den Worten von Gerhard Wohland, Leiter des Instituts für dynamikrobuste Höchstleistung, ausdrücken:
„Es breitet sich eine Kommunikation unter Abwesenden aus. Das ist allerdings schon in der Antike so gewesen. Sokrates wetterte gegen die Schrift. Erst Platon hat aufgeschrieben, was Sokrates gesagt hat. Der hat den Braten gerochen. Wenn ich aufschreibe, was ich denke und was ich sage, dann kann sich jeder Hinz und Kunz darüber her machen“, sagt Wohland.
Diese Effekte werden sich auch auf die unternehmensinterne Kommunikation auswirken, bemerkt Süleyman Arayan, Vorstandschef des Softwareunternehmens Ityx in Köln:
„Im vernetzten Unternehmen sind die Mitarbeiter jederzeit über den Fortlauf ihrer Angelegenheiten und Projekte informiert. Nicht die Mitarbeiter suchen die Informationen – die Informationen finden die Mitarbeiter.”
Es spiele keine Rolle mehr, ob eine Information per E-Mail, über soziale Netzwerke oder als Postdokument eingeht: Sie werde genau jenen Mitarbeitern verfügbar gemacht, für die sie relevant ist.
Der Übergang zum vernetzten Unternehmen könne nur erreicht werden, wenn sich der Fokus von der reinen Informationslogistik verabschiedet und die Inhalte in den Mittelpunkt rücken. Ityx verfolgt dabei nach eigenen Angaben einen sehr pragmatischen Ansatz der Künstlichen Intelligenz. Arayan spricht deshalb von einer „Neuen Künstlichen Intelligenz“:
„Sie leistet ihren Beitrag, indem sie das Verhalten der Mitarbeiter bei der Bewertung und Verwertung schriftbasierter Informationen erlernt. Die Neue Künstliche Intelligenz erweitert den klassischen Geschäftsprozess um das Verständnis der Inhalte. So stellen die Verfahren automatisch einen Kontext her zwischen der neuen Information, den beteiligten Mitarbeitern und den bereits vorhandenen Daten.“
KI-Forschung wird pragmatischer
Die Machbarkeitsphantasien der KI-Forschung seien einer nüchternen Betrachtungsweise gewichen.
„Durch die Leistungssteigerung der Computer ist es inzwischen möglich, mit neuronalen Netzen Funktionen des Gehirns nachzuahmen. Funktionen, für kein Bewusstsein benötigt wird. Als Lernumgebung sind Aufgaben nötig, die von geübten Könnern ebenfalls ohne Bewusstsein erledigt werden können. Etwa die Zuordnung eines freien Textes zu einem Stichwort, wobei der Text dieses Stichwort nicht enthalten muss“, erläutert der Ityx-Chef.
Diese Systeme würden also keine „Künstliche Intelligenz“ in der klassischen Definition bauen.
„Es entstehen digitale Strukturen, die denen des Gehirns so ähnlich sind, dass sie, nach Training in geeigneter Umgebung, ähnlich operieren wie ein Gehirn“, so Arayan.
Ein System der Neuen Künstlichen Intelligenz verstehe also nicht die Texte, dazu wäre Bewusstsein nötig, sondern es beschränkt sich auf das Nachahmen des Erkennens.
Mit traditionellen technischen Systemen könnten natürliche Vorbilder erst dann genutzt werden, wenn man sie versteht. Mit Systemen der Neuen Künstlichen Intelligenz könne auch Unverstandenes nachgeahmt werden. Sie könnten deshalb in Dimensionen vordingen, die den konventionellen Technologien verschlossen sind. Das sei eine moderne Form der Simulation.
Überholen ohne einzuholen
Um Künstliche Intelligenz richtig einzuordnen, schlägt Professor Hans Uszkoreit vom Deutschen Forschungszentrum für
Künstliche Intelligenz (DFKI) den alten DDR-Slogan „Überholen ohne einzuholen“ vor:
„Das ist der Trick. Wir laufen den Besten nicht hinterher. Wir überholen ihn, ohne ihn einzuholen. Der Teil mit dem ‚nicht einholen‘ hat auch in der DDR prima geklappt. Wenn man den Slogan richtig interpretiert, ist auch was dran. Wir wollen den Menschen übertreffen, ohne ihn auch nur annähernd zu erreichen.“
Maschinen könnten Millionen von Dokumenten nach komplexen Mustern durchsuchen, ohne dabei einzuschlafen.
„Da könnte ich keinen Menschen dransetzen. Die Maschine kann einigermaßen akzentfrei in 20 Sprachen Texte vorlesen oder ist in der beim Educational Testing Service in der Lage, tausende Essays in einer Stunde zu bewerten. Beim Schachspielen und Jeopardy ist der Computer besser. Er kann 57 Sprachen leidlich übersetzen. Spannend ist es jetzt, uns Menschen so zu erweitern, dass wir Dinge machen können, die vorher nicht möglich waren – durch technische Vorteile der Maschinen in Perzeption, Gedächtnis, Geschwindigkeit, Ausdauer, Sprach- und semantische Technologien“, erläutert Uszkoreit.
Diese Fähigkeiten ermöglichen die nahtlose, mühelose und neue Zusammenarbeit mit Computern. Kognition und Sinne des Menschen werden verbessert. Gehirnerweichung und digitale Demenz ist also wohl doch eher das Problem von Hirnforscher Manfred Spitzer 🙂
Siehe auch:
Dokumentarfilm Plug & Pray: Künstliche Intelligenz zwischen Größenwahn und praktischem Nutzen.
Social Media in dt. Unternehmen: Mehr Budget, mehr Regeln, zu wenig Kennzahlen.
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Unsere Unternehmen wandeln sich und werden vernetzt. Management by Information Hiding ist vorbei. Es findet ein Empowering durch effektive (Ver-)Teilung von Wissen statt. Informationen finden die Mitarbeiter, nicht umgekehrt, und das in Echtzeit. Diese Wissensverteilung geschieht über Inhalte, nicht nur Stichwörter. Neuronale Netze leisten hier einen großartigen Dienst, indem sie die Inhalte von Texten erkennen, sowie die Interessen der Mitarbeiter. Die Gehirnfunktion des Erkennens wird dabei nachgeahmt, ohne dass es dabei zu einem Verstehen kommt. Denn dazu wäre Bewusstsein notwendig. Maschinen überholen den Menschen, ohne ihn einzuholen; d.h. sie ahmen immer mehr Gehirnfunktionen nach mit extrem großer Geschwindigkeit, ohne ein beteiligtes Bewusstsein.