Drosselkom-Chef Obermann: „Wir lieben unsere Kunden“ – Klingt wie Erich Mielke

Ein liebender Drosselkom-Chef

Angeblich hat Telekom-Chef René Obermann mit den massiven Protesten gegen die Drossel-Tarifpolitik seines Konzerns gerechnet. Aus internen Quellen ist mir genau das Gegenteil bekannt. Anfänglich wurde die öffentliche Empörung als Vorwahlkampf-Geplänkel abgetan, mittlerweile haben auch die Magenta-Topmanager kapiert, in welcher schlechten Rolle sie für die Provider-Gemeinschaft unterwegs sind. Halt blöd, wenn man den kürzesten Strohhalm gezogen hat, um sich aus der selbstgewählten Flatrate-Falle zu befreien.

Sascha Lobo hat das in seiner republica-Rede so herrlich ausgedrückt: „Die Telekom hat im verborgenen Kämmerlein wohl nur den kürzesten Strohhalm gezogen.“

Um so affiger sind nun die Liebesschwüre vom Telekom-Boss. Nachzulesen bei heise.de: „Wir lieben unsere Kunden.“ Die Telekom kämpfe um jeden einzelnen Kunden „heute und in Zukunft.“

Siehe auch die Mielke-Rede in der Volkskammer – so am Schluss der Video-Aufnahme 🙂

Mit Liebesschwüren ist es so eine Sache. Vor allem, wenn es um das Verhältnis von Anbietern zu Kunden geht. Als Kunde erwarte ich einen anständigen Service, seriöse Angebote, transparente Geschäftsmodelle und keine formelhafte Dauerberieselung wie

„Wir lieben unsere Kunden“ oder „Bei uns steht der Kunde im Mittelpunkt“. Wer so etwas runterlabert, praktiziert in der Realität genau das Gegenteil.

Die Telekom-Führungsmannschaft agiert mit dem Rücken zum Kunden und bekommt jetzt die Quittung für diese Ignoranz. Zudem geht es nicht so sehr um die neuen Preise, sondern um die Schaffung eines Zweiklassen-Netzes auf Kosten der Netzneutralität. Mit diesem netzpolitischen Offenbarungseid wird der Bonner Konzern nicht durchkommen.


Der politische Widerstand ist von den hohen Herren der Telefonie nicht einkalkuliert worden. Wir sehen und hören uns hoffentlich am Donnerstag auf der Demo in Köln. Lass Dich nicht erdrosseln!

Siehe auch:

Netzneutralität kann nur der Anfang sein! Der Staat muss handeln, um Infrastruktur zu sichern!

Die Netzpolitik braucht mehr Trecker!

Drosselkom Demo KreativContest, mach mit!

Erleben, was verschwindet.

Gewähren Sie ein Sonderkündigungsrecht für Bestandskunden, Herr van Damme! #Drosselkom

Kundenprotest gegen die Telekom

Als Bestandskunde, für den noch die alten Geschäftsbedingungen der Telekom gelten, habe ich kein Sonderkündigungsrecht, um dem Magenta-Konzern den Rücken zuzuwenden. Das ist mir bewusst und das gilt wohl auch für die Mehrheit der Telekom-Kunden, die die Petition von Malte Goetz unterzeichnet haben. Bei der Übergabe der Protestnote in der Lobby der früheren T-Mobile-Zentrale in Bonn-Beuel an den Telekom-Deutschlandchef Niek Jan van Damme lag man noch bei über 130.000 Unterzeichnern – mittlerweile sind es knapp 165.000 (Stand: 3. Mai, 11:20 Uhr).

Kaum einer der Unterzeichner steht wohl schon unter dem Regime der Drosseltarife, die ab 2016 ihre Wirkung entfalten werden. So blöd bin ich auch nicht. Aber schon jetzt gibt es eine breite Bewegung, die die neue Strategie der Telekom massiv bekämpft. Der Konzern hat den Limes überschritten und versucht dennoch, durch rhetorische Leerformeln sich über Wasser zu halten. Wäre Malte Goetz nicht an der Telekom interessiert, so van Damme gegenüber den Medienvertretern, wäre er vielleicht direkt zum Wettbewerber gegangen:

„Darüber sind wir froh. Wir wollen die Kunden, denen das Internet so wichtig ist, auch richtig bedienen. Führt das dazu, dass wir jetzt die Maßnahmen zurücknehmen? Nein. Wir haben nur gesagt, dass wir die nächsten drei Jahre nutzen werden, um über Lösungen zu sprechen, die für alle auch wirklich akzeptabel sind. Ich bin mir sicher, wir werden diese Lösungen finden.“

Daraufhin fragte ich, ob denn Malte Goetz überhaupt direkt zur Konkurrenz wechseln könnte? Geben Sie den 24-Monatsvertrag jetzt frei? Eine Kündigungswelle ist nach Ihren Worten noch nicht eingetreten. Ich kann ja gar nicht kündigen.

„So lange wir bringen, was wir mit diesen Verträgen versprochen haben, behalten wir die Kunden gerne bei uns. In dem Moment, wo wir unsere Versprechen (im Video klingt das eher wie Verbrechen, gs) nicht mehr halten, können Kunden gehen. Es gibt aber doch kein Grund, um zu wechseln. Die geänderten Geschäftsbedingungen gelten ja nur für Neukunden und nicht für jene Kunden, die in den letzten Jahren einen Vertrag abgeschlossen haben“, sagt van Damme.

Dann folgt der wohl nach Sprachregelung festgelegte Hinweis auf die drei Prozent Vielnutzer, die man stärker zur Kasse bitten will, damit nicht der Otto-Normalverbraucher und die „kleine Maria Müller“ für die Leute bezahlen müssen, die den ganzen Tag HD-Filme herunterladen und Musik hören.

Nach dem Pressetermin redete dann noch eine kleine Entourage des Deutschlandchefs auf mich ein, dass ich eben kein Recht und keinen Grund habe, die Telekom zu verlassen. Ich sei von der Regelung als Bestandskunde nicht von der Drosselung betroffen. Auf meinen Hinweis, dass die Telekom mit dem Angriff auf die Netzneutralität über die Bevorzugung von eigenen Diensten und von Partnerdiensten ein geteiltes Internet schaffe und ich diese Linie nicht mehr mitfinanzieren wolle, folgte die arrogante Zurechtweisung eines aalglatten Telekom-Managers, ich könne ja auch einen laufenden Leasing-Vertrag nicht ohne Einhaltung der Fristen kündigen.

Zudem hätte jeder die Möglichkeit, Partner der Telekom zu werden, um vom bevorzugten Transport der Datenpakete zu profitieren. Dieses Managerlein grinste die ganze Zeit auf mich herab, wenn es denn die Körpergröße zulassen würde. Wohl ein Jurist wie aus dem Bilderbuch mit braunem Tweed-Sakko, brauner Hornbrille (Marke „Ich möchte aussehen wie ein Intellektueller“), Timberland-Boatshoe und Halstuch. Auf meine Anmerkung, dass die von den Telekomikern so häufig erwähnten drei Prozent Vielnutzer etwas nebulös dargestellt werden, zog man sich dann auf Geschäftsgeheimnisse zurück. Auch die Umsätze, die man sich von dieser Klientel verspricht, wurden von dem Hornbrillen-Manager nicht benannt. Man wolle der Konkurrenz nicht in die Karten spielen – ah ja.

Im Faktencheck von Chip Online wird genau dieser Sachverhalt in Frage gestellt. Die Aussage, dass nur drei Prozent der Telekom-Kunden von der Drosselung betroffen seien, ist überhaupt nicht überprüfbar,

„da nicht gesagt wird, welcher Wert als Basis für die Prozentrechnung herangezogen wird. Handelt es sich bei den 100 Prozent nur um Kunden mit T-DSL-Vertrag, oder werden auch alle Telekom-Kunden mit reingerechnet, die nur über einen Festnetzanschluss, nicht aber über einen DSL-Anschluss verfügen? Und was ist mit Mobilfunk-Nutzern? Das sind genaugenommen ja auch Telekom-Kunden. Aber auch abseits dieser unklaren Berechnungsgrundlage kommen starke Zweifel an dieser Milchmädchenrechnung auf. So spricht die Telekom einerseits von nur drei Prozent der Kunden, die mehr als das ab sofort in Neuverträgen verankerte Inklusivvolumen benötigen. Andererseits schreibt sie in ihrer Pressemitteilung aber auch, dass sie davon ausgeht, dass sich das benötigte Datenvolumen bis 2016 vervierfachen wird. Selbst mit der simplen Rechnung der Telekom wären demnach 2016 nicht nur drei Prozent, sondern ein vielfaches davon von der Drosselung betroffen.“

Bleibt zu hoffen, dass jetzt zumindest die politischen Instanzen eingreifen, um die Netzneutralität zu wahren.

Die Netzinfrastruktur muss endlich als öffentliches Gut begriffen werden. Sind die Netzbetreiber dazu nicht bereit, sollte man einen gesetzlichen Riegel vorschieben oder den Telcos das Netz entziehen und ein öffentlich-rechtliches Betreibermodell wählen. Was nicht heißt, dass der Staat als Netzbetreiber auftreten sollte – das wäre genauso fragwürdig.

Weitere Fotos zum gestrigen Pressetermin auf Facebook.

Hier noch ein Formular, um zumindest fristgerecht zu kündigen!

Mit dem Sonderkündigungsrecht könnte der Telekom-Deutschlandchef hautnah erleben, was verschwindet.

Siehe auch:

#Drosselkom: Sterben, um zu wechseln.

Deutsche Telekom: Bis 2018 haben alle Kunden die neue AGB und Netzneutralität wird abgeschafft.

Drossillegal.

Die neuen AGBs der Telekom sind da.

Telekom drosselt fast alle Kunden.

#Drosselkom: Sterben, um zu wechseln

Telekomshop Bonn Duisdorf am 26. April 2013

Für Professor Justus Haucaup, Mitglied der Monopolkommission und Direktor des Instituts für Wettbewerbsökonomie der Uni Düsseldorf, ist die neue Tarifpolitik der Drosselkom unter Wettbewerbsaspekten nicht weiter tragisch – also zumindest die neuen Tarife nicht, die eine Beschränkung des Datenvolumens vorsehen. Die Bevorzugung von eigenen und externen Diensten, die von der Drosselwirkung ausgenommen werden, sollte kartellrechtlich untersucht werden.

Wer mit den Tarifen nicht einverstanden ist, kann ja wechseln. O-Ton:

„Wenn die Telekom in ihren neuen Tarifen eine Chance sieht, Gewinn und Umsatz zu steigern, ist auch die Beschränkung von Datenvolumen und Priorisierung von bestimmten Diensten grundsätzlich nicht verboten. Wem das missfällt, der kann ziemlich problemlos den Anbieter wechseln und sollte das auch tun. Der Breitbandwettbewerb hat sich auch Dank der Kabelanbieter in den letzten Jahren deutlich intensiviert. Wer nicht wechselt, wenn ihm sein Anbieter missfällt, ist selbst schuld“, schreibt Haucap.

Und der Geschäftsführer von Telekom Deutschland gibt entspannt gegenüber der Welt zu Protokoll, dass die meisten Bestandskunden von der neuen Regelung betroffen sind, aber mit Sicherheit von dem Angebot überzeugt werden können.

Eine größere Abwanderungsbewegung sei wohl auch noch nicht zu verzeichnen: Trotz massiver Kritik gebe es keine Kündigungswelle bei der Telekom, sagte van Damme.

Ok. Ich möchte jetzt wechseln. Also ging ich heute Vormittag in den T-Shop von Bonn-Duisdorf, wo ich den Vertrag auch abgeschlossen habe.

Meine erste Frage: Ich bin bei Ihnen T-Home-Entertain-Kunde. Die Verträge haben ja eine Laufzeit von 24 Monaten? (zum Aufwärmen).

Antwort des T-Shop-Mitarbeiters: Richtig.

Frage: Kann ich da auch früher raus?

Antwort: Nein.

Frage: Auch wenn Sie so fundamental die Geschäftsbedingungen ändern mit den Drossel-Tarifen, die ab heute gelten? Da möchte ich wechseln.

Antwort: Nein, nein. Die Drosselung tritt zudem erst 2016 in Kraft.

Frage: Ich lehne das als Kunde aber ab, weil Sie ja auch gegen die Netzneutralität verstoßen (ok, da habe ich den T-Mann etwas überfordert). Sie bevorzugen bestimmte Dienste, die Sie von der Drossel ausnehmen. Ihr Geschäftsführer will das sogar ausweiten. So führen Sie ein Zwei-Klassen-Netz ein. Dann behauptet die Telekom, dass es bislang keine größere Abwanderungsbewegung gebe. Jetzt frage ich mich als Entertain-Kunde, welche Möglichkeit besteht denn, um jetzt zu wechseln?

Antwort: Da sollten Sie sich schriftlich an die Telekom wenden. Aber selbst der kleinste Tarif mit 75 Gigabyte ist doch vollkommen ausreichend.

Frage: Das behaupten Sie. Im Schnitt sollen es nur 20 Gigabyte sein. Wenn das so ist, warum führen Sie diesen Drosseltarif dann ein, wenn es nur um die drei Prozent Vielnutzer geht?

Antwort: Weil die halt einen gewissen Anteil ausmachen. Aber mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen. Da bin ich nicht der richtige Ansprechpartner.

Frage: Als Kunde möchte ich jetzt aber aus dem Vertrag raus.

Antwort: Das sagte ich ja gerade. Machen Sie das schriftlich an die Telekom.

Frage: Aber Sie sind doch die Telekom?

Antwort: Aber bei so einer Auskunft kann ich Ihnen nichts sagen.

Frage: Prinzipiell kann ich jetzt erst einmal nicht raus aus dem Vertrag mit einer Laufzeit von 24 Monaten?

Antwort: Es gibt zwei Möglichkeiten, also Sonderkündigungs-Fälle. Das ist ein Todesfall oder die Versetzung ins Ausland. Aber das ist hier beides nicht der Fall.

Frage: Aber Sie verändern die AGBs.

Antwort: Dann einfach mal schriftlich an die Telekom wenden. Da ich kann ich Ihnen echt nichts zu sagen.

Meine abschließende Empfehlung an den T-Mann in Bonn-Duisdorf: Dann schließen Sie am besten dieses Geschäft für Kunden!

Als Empfehlung zum Suizid werte ich jetzt die gestammelten Formulierungen des Mitarbeiters nicht. Aber bei der kartellrechtlichen und regulatorischen Überprüfung der neuen Verträge sollte man die Sperrwirkung der Vertragswerke der Telekom berücksichtigen.

Oder anders ausgedrückt: Wenn mir einer dieser nervigen Hotline-Werbeanrufe mit irgendwelchen Upgrade-Sonderaktion-Cross-Selling-alles-wird-jetzt-besser-schneller-und-preiswerter-Bundle-oder-sonstigen-Quatsch-Angebote ins Ohr geblökt wird, reicht ein profanes “Ja” und die gesamte Vertragsumstellung verläuft unsichtbar wie von Zauberhand dirigiert.

Bei profanen Änderungen der Kontonummer, einer Umstellung des Vertragspartners oder gar einer Kündigung, beginnt ein undurchsichtiger Marathonlauf mit fast unüberwindbaren Hürden.

Kündigung oder Vertragsänderung ohne Upgrade-Gedöns nur auf handgemeißelter Marmortafel in fünffacher Ausfertigung.

Aus dem Plug-and-Play-Juhu-ein-neuer-Kunde wird dann schnell ein Internetausdrucker-Imperium.

Mal schauen, ob mir der Telekom-Geschäftsführer Niek Jan van Damme einen Tipp geben kann, wie ich spontan aus dem Entertain-Vertrag rauskomme.

Um 14:30 ist presseöffentlich die Übergabe der Protest-Petition, die von Malte Götz initiiert wurde. Das Ganze findet in der Lobby der Telekom statt: Landgrabenweg 151, 53227 Bonn. Vielleicht sieht man sich dort 🙂

Siehe auch:

Wenn Youtube zahlt, wird es nicht gedrosselt.

Verstoßen die Drosselpläne der Telekom gegen das Fernmeldegeheimnis des TKG?

Überraschung: Telekom-Drossel für alle Kunden und Traffic-Ausnahmen für „Partner“ bestätigt.

20 Jahre World Wide Web und Diskussionsbedarf zur Telekom.

Ohne Nachfrage, kein schnelles Internet? Professor Haucap sieht kein Marktversagen – Gleich im #Bloggercamp

Wir streiten uns gleich um 12 Uhr mit Professor Haucap, Mitglied der Monopolkommission über die Notwendigkeit des Breitbandausbaus und der Drosselpolitik der Telekom – um 12 Uhr, live via Hangout on Air.

In einem Blogpost hat Haucap seine eigenwillige Position begründet:

„Besteht Marktversagen, wenn der Markt nicht produziert, was keiner haben will? So könnte man etwas provokant zusammenfassen, worin es in der Diskussion um den hochleistungsfähigen Breitbandausbau im Kern eigentlich geht. Ist möglichst viel möglichst schnell wirklich optimal? Ist es tragisch, wenn es mit dem Ausbau von hochleistungsfähigen Breitbandnetzen nicht so rasend schnell vorangeht? Diese Fragen scheinen mir (öffentlich) zu wenig gestellt zu werden, sind aber für einen Ökonomen eigentlich ganz naheliegend.“

Es zeige sich immer deutlicher, dass der Take-up – also die Nachfrage – deutlich hinterherhinkt, selbst dort, wo hochleistungsfähige Breitbandangebote vorhanden sind. Der fehlende Take-up zeigt sich nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern, die den Breitbandausbau forcieren, wie z.B. Neuseeland, wo ich im Januar und Februar zwei Monate an der Victoria University of Wellington war.

Die Zahlungsbreitschaft sei zumindest momentan noch so gering, weil ja auch die Notwendigkeit für mehr Bandbreite bei vielen gar nicht da ist.

„Viele Menschen kommen auch ohne Internet-TV, Videos und Spiele per Internet ganz gut klar, und auch bei Cloud Computing gibt es für viele Nutzer noch viele offene Fragen. Noch fehlen die Anwendungen, die nicht nur die hohe Bandbreite erfordern, sondern auch tatsächlich nachgefragt werden“, so Haucap.

Zu den Gegenargumenten verrate ich natürlich noch nichts. Soll ja ein Streitgespräch werden 🙂

Zur Einstimmung schon mal der Hinweis auf meine heutige Kolumne: Erleben, was verschwindet.

Protest gegen die Drosselkom wohl doch kein Vorwahlkampf-Geplänkel

Als T-Kunde bin ich dann mal weg!

In weniger als einer Woche haben deutschlandweit über 100.000 Menschen die Deutsche Telekom aufgefordert, ihre Marktmacht nicht zu missbrauchen und die Netzneutralität zu wahren. Alles nur Vorwahlkampf-Geplänkel, wie es der Telekom-Sprecher etwas arrogant formulierte? Unter den 100.000 findet er mit Sicherheit auch Lieschen Müller.

„Heute morgen bekam ich einen Anruf von der Telekom: Schon diesen Donnerstag, 2. Mai, werde ich dem Telekom-Deutschlandchef Niek Jan van Damme in Bonn die ersten 100.000 Unterschriften vor nationaler Presse übergeben“, schreibt der Initiator der Petition Malte Götz.

Um 14:30 Uhr ist die Übergabe in Bonn presseöffentlich.

Malte Götz möchte dem Magenta-Topmanager mitteilen, dass dies nicht das Ende, sondern gerade erst der Anfang des Protests ist. Doch dafür benötigt Malte weitere Unterstützung.

Bitte nehmt Euch heute oder morgen beim Mai-Spaziergang drei Minuten für ein Foto Zeit, um mit einer Geste der Telekom zu signalisieren, dass sie mit ihrer Drossel-Politik nicht durchkommt.

Das Foto an folgende E-Mail-Adresse schicken: uoworuth0gn7e@tumblr.com.

„Damit geben wir unserem Protest ein Gesicht, denn die Bilder werden sofort hier erscheinen. Schreibt noch in den Betreff, warum man es wichtig findet, dass die Telekom ihre Drossel-Pläne zurücknimmt und Ihr Bild erscheint dann mit diesem Kommentar“, so Malte Götz.

Auf Twitter kann man die Fotos mit dem Hashtag #timeoutTkom posten. Obiges Foto habe ich schon mal losgeschickt 🙂

Anknüpfend an das Motto meiner morgigen The European-Kolumne „Erleben, was verschwindet.“ Die etwas andere Deutung des Werbeslogans der Telekom.

Morgen ist übrigens auch unser Drosselkom-Streitgespräch im Bloggercamp. Um 12 Uhr.

Vielleicht interessiert Ihr Euch auch für mein langes Opus auf NeueNachricht. Lektüre für den Feiertag: Über die Sehnsüchte der Controlling-Gichtlinge: Big Data und das Himmelreich der Planbarkeit.

Lesenswert auch: Für den Gewinn: Warum die Telekom drosseln will und was dagegen einzuwenden ist.

Was wusste der Aufsichtsrat und was blüht den DSL-Altkunden? Fragen an die #Drosselkom

Telekomshop Bonn Duisdorf am 26. April 2013

Telefonisch war die Pressestelle der Telekom für Fragen gerade nicht erreichbar. Der dafür zuständige Sprecher, Herr Blank, sei im Meeting. Ich solle mein Anliegen per E-Mail an die Pressestelle schicken. Gesagt, getan.

Medienberichten zufolge nutzen laut Auskunft der Deutschen Telekom bereits eine Million der derzeit rund 12 Millionen Breitbandkunden die IP-Technologie. Die Telekom will nun aber alle anderen Kunden auch auf die IP-Technologie umstellen, siehe Heise oder auchTeltarif.

Dort heißt es unter anderem: “Die Telekom plant, alle Bestandskunden innerhalb der nächsten drei Jahre – also bis 2016 – auf IP-basierte Anschlüsse umzustellen.” Der Wechsel der Basistechnologie setzt nach jetzigem Kenntnisstand einen neuen Vertrag voraus, der dann natürlich auch auf die neuen AGB aufsetzt. Und eben diese sehen seit Mai 2013 ja eine Drosselung voraus, wenn ein bestimmtes Volumen überschritten wird – oder man greift noch einmal in die Tasche, um Zusatz-Volumen zu kaufen.

Treffen diese Informationen zu?

Sind die neuen DSL-Tarife, die eine Drosselung im Datenverbrauch vorsehen, dem Aufsichtsrat der DTAG vorgestellt worden?

Wenn ja, wann?

Gab es dazu eine Beschlussvorlage für den Aufsichtsrat?

Wie hat der Aufsichtsrat – vor allem die Vertreter des Bundes – über die neuen DSL-Tarife votiert?

Über eine zügige Beantwortung meiner Fragen würde ich mich freuen.

Gruß

Gunnar Sohn

Wenn man sich die Zusammensetzung des Aufsichtsrates anschaut, interessiert mich die Rolle von einzelnen Mitgliedern:

Anteilseignervertreter

Baldauf, Sari
Vorsitzende des Board of Directors der Fortum Oyj, Espoo, Finnland

Dr. Bernotat, Wulf H.,
ehemaliger Vorsitzender des Vorstands E.ON AG, Düsseldorf

Dr. Beus, Hans Bernhard,
Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, Berlin

Dr. von Grünberg, Hubertus,
Präsident des Verwaltungsrats, ABB Ltd., Zürich, Schweiz

Guffey, Lawrence H.,
Senior Managing Director The Blackstone Group International Partners Ltd., London

Prof. Dr. Lehner, Ulrich,
Mitglied des Gesellschafterausschusses Henkel AG & Co. KGaA, Düsseldorf; Vorsitzender des Aufsichtsrats der Deutschen Telekom AG

Kollmann, Dagmar P.,
Unternehmerin, ehemalige Vorsitzende des Vorstands der Morgan Stanley Bank AG, Frankfurt am Main

Dr. Schröder, Ulrich,
Vorsitzender des Vorstands KfW, Frankfurt

Prof. h. c. (CHN), Dr.-Ing. E.h. Dr. Middelmann, Ulrich,
ehemaliger stellvertretender Vorsitzender des Vorstands ThyssenKrupp AG, Düsseldorf

Dr. h. c. Walter, Bernhard,
ehemaliger Sprecher des Vorstands Dresdner Bank AG, Frankfurt am Main.

Arbeitnehmervertreter:

Brandl, Monika,
Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats der Deutschen Telekom AG, Bonn

Hanas, Klaus-Dieter
Vorsitzender des Betriebsrats der Deutsche Telekom Kundenservice GmbH Region Mitte-Ost, Bonn

Hauke, Sylvia,
Mitglied im Gesamtbetriebsratsausschuss des Gesamtbetriebsrats der Telekom Deutschland GmbH, Bonn

Holzwarth, Lothar,
Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats der Telekom Deutschland GmbH, Bonn

Kallmeier, Hans-Jürgen,
Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats T-Systems International GmbH, Frankfurt

Kreusel, Petra Steffi
Leiterin TC Steering Order & Complaints Management der T-Systems International GmbH, Frankfurt

Litzenberger, Waltraud,
Vorsitzende des Konzernbetriebsrats der Deutschen Telekom AG, Bonn

Schröder, Lothar,
Mitglied des Bundesvorstands ver.di, Berlin; Stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats der Deutschen Telekom AG

Sommer, Michael,
Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Berlin

Spoo, Sibylle,
Rechtsanwältin, Gewerkschaftssekretärin bei der ver.di-Bundesverwaltung, Berlin

Siehe auch:

Deutsche Telekom: Wird bald nicht nur Neukunden, sondern auch 11 Millionen Altkunden das Breitband-Internet gedrosselt? #Drosselkom

Warum man der #Drosselkom das Netz entziehen sollte

Hangout-Gespräch zur Drosselkom

Im Hangout-Gespräch mit bwlzweinull-Blogger Matthias Schwenk und Hangout on Air-Operator Hannes Schleeh diskutierte ich die netzpolitischen Konsequenzen auf die Drossel-Strategie der Telekom. Einig war sich die Runde, dass der Staat sich in dieser Frage nicht aus der Verantwortung stehlen sollte. Mit der Shareholer Value-Politik des Bonner Magenta-Konzerns werde es keinen zügigen Breitbandausbau in Deutschland geben.

Entsprechend kritisch würdigten Schleeh und Schwenk die Aussagen von Wirtschaftsminister Rösler. Von einem FDP-Politiker sei nicht sehr viel mehr zu erwarten als Ermahnungen in Richtung des Telekom-Vorstandes.

„Auf die Frage, ob er den Einfluss als Großaktionär bei der Telekom nutzen wolle, um Änderungen zu erreichen, sagte Rösler, er als liberaler Minister lehne eine politische Einflussnahme in dieser Form ab. Zunächst sollten Fachleute diskutieren. Der Bund hält direkt und über die staatliche Förderbank KfW 32 Prozent an dem ehemaligen Telefon-Monopolisten“, berichtet etwa Reuters.

Auf direkte politische Interventionen wird man bei der jetzigen Regierungskoaltion wohl vergeblich hoffen. Bleibt zu hoffen, dass wenigstens die Bundesnetzagentur aus dem Quark kommt.

Warum der Ausbau der Netzinfrastruktur der Telekom entzogen werden sollte und warum das vergleichbar ist mit dem Ausbau des Autobahnnetzes in den 1950er und 60er Jahren, stand im Mittelpunkt des Hangout-Interviews.

Wichtig auch die Frage, wie über die Netzgemeinde hinaus breite Bevölkerungskreise für dieses Thema sensibilisiert werden können, um nicht ein weiteres Debakel wie beim Leistungsschutzgesetz hinnehmen zu müssen.

Ausführlicher Bericht folgt.

Siehe auch:

Bescheuert: Hält uns die Telekom dafür oder sind sie es?

Schönes Erklärstück: Karlsdialoge #19 mit Markus Beckedahl über Netzneutralität und Telekomdrosselung.

Flat! Flat! Flatrate-Propaganda oder: Was stört die #Drosselkom ihr Geschwätz von gestern

Telekomshop Bonn Duisdorf am 26. April 2013

Vielnutzer sind schuld, Google ist schuld, Youtube ist schuld, Gott-und-die-Welt sind schuld – an den Datenschmerzen der Telekom. Dabei ist wohl eher die Flatrate-Propadgana der Telekom selbst verantwortlich für die Empörungswellen, die sich über den Magenta-Konzern ergießen. Über Jahre hinweg war das Flatrate-Argument der einzige Stützpfeiler für die Kundengewinnung. Und selbst heute, am 26. April, werde ich vom Telekom-Shop in Bonn-Duisdorf mit Flat-Sprüchen bombardiert.

Ob nun für mobiles oder stationäres Internet. Die Telcos insgesamt – nicht nur der ehemalige Bonner Staatskonzern – konnten in den vergangenen Jahren mit keinem innovativen Dienst im Datengeschäft punkten.

Die Telco-Welt ist flat

Nun wird halt der Kunde dafür abgestraft und mit Drosselpolitik in Angebote gelockt, die nicht auf den Datenverbrauch angerechnet werden – wie etwa der Ladenhüter Home Entertain.

Vor zwei oder drei Jahren klangen die strategischen Überlegungen der Netzbetreiber noch ganz anders: Sie müssten jetzt konsequent in Innovationen, Inhalte und neue Geschäftsmodelle investieren.

Die Agenda für Netzbetreiber sei klar. Man wollte an der App-Welle partizipieren. Die Zahl der App-Downloads werde weltweit in den nächsten fünf Jahren von 1,4 Milliarden auf rund 19 Milliarden steigen. Dieses Volumen bringe den Anbietern einen App-Umsatz von 17 Milliarden Euro ein. Zudem sollten Netzbetreiber über die Vermarktung eigener mobiler Werbeformen nachdenken und ihre Aktivitäten im Videogeschäft ausbauen. Notwendig seien konvergente Betreibermodelle, eine radikale Kostenreduzierung und die Entwicklung zum „Smart Innovator”.

So erläuterte der TK-Berater Roman Friedrich von Booz das mögliche Zukunftsszenario für Telekom und Co.

Und nun geht es nur noch um die Erhöhung der Transportgebühren, nachdem andere Kühe nicht mehr gemolken werden können, wie etwa SMS und Sprachdienste. Wo man doch so lange Skype und andere Angebote blockieren wollte. Auch WLAN-Hotspots sind über lange Zeit nur mit der Zange angepackt worden, um nicht das eigene Geschäft zu kannibalisieren.

Immer ging es nur darum, als Quasi-Monopolist den schnellen Euro mit möglichst geringem Aufwand zu verdienen – ohne sich das Gehirn über neue Geschäftsmodelle zu zermartern.

Welche netzpolitischen Konsequenzen sich aus dem Telekom-Angriff auf die Netzneutralität ergeben, diskutiere ich um 15 Uhr in einem Hangout-Interview mit bwlzweinull-Blogger Matthias Schwenk und Hangout on Air-Operator Hannes Schleeh. Wer jetzt spontan Entschluss fasst, bei der Diskussion mitzumachen, sollte sich jetzt direkt bei mir melden.

Siehe auch:

Werbespot erklärt Drosselpläne der Deutschen Telekom: “Hallo Zukunft”

„Zwangsdrosselung ist ein massiver Eingriff in die soziale Teilhabe“

Grundversorgungsauftrag für schnelles Internet: Der Staat und die #Drosselkom

Heinrich von Stephan

Die berechtigte Aufregung über die Drossel-Politik der Telekom – getrieben von kurzsichtigen Shareholder Value-Prinzipien – zeigt eindrücklich, warum wir uns in Deutschland intensiver Gedanken machen müssen über die Rolle des Staats beim Aufbau einer modernen Infrastruktur für die Vernetzung von Wirtschaft, Gesellschaft, Schulen, Universitäten und Politik.

Der Telekom sollte man diese Aufgabe entziehen. An dieser Stelle halte ich den Grundgedanken von Christoph Kappes eines politischen Internet-Masterplans für essentiell. Ein Code for Germany jenseits von Markt und Staat. Allerdings sollten keine steuerfinanzierten Projektchen angestoßen werden mit einem Investitionsvolumen von einer Milliarde Euro auf drei Jahre verteilt – es muss ein großes Projekt im Vordergrund stehen: Schnelles Internet. Historische Vorbilder gibt es besonders in der Telekommunikation.

Heinrich-von-Stephan

Es war Reichpostmeister Heinrich von Stephan unter Reichkanzler Otto von Bismarck, der den Bau eines unterirdischen Telegraphennetzes veranlasste nach den verheerenden Stürmen im Jahr 1876. Mit einer Reichsanleihe wurde innerhalb von sechs Jahren die technisch beste und modernste Telegraphen-Anlage der Welt gebaut. Schon am 26. Juni 1881 konnte Kaiser Wilhelm die Fertigstellung eines Leitungsnetzes mit 37.373 Kilometern verkündet werden. Eine ähnliche Meisterleistung vollbrachte Stephan bei der Einführung der Telefonie und des internationalen Postverkehrs mit Frachtdampferverbindungen. Nur mit diesen infrastrukturellen Weichenstellungen konnte sich die Industrialisierung entfalten. Siehe: Heinrich von Stephan, DeTeWe und die Technikrevolutionen in Berlin.

Breitband-Status wird schön gerechnet

Die digitale Infrastruktur wird über Sieg und Niederlage einer vernetzten Ökonomie entscheiden. Dazu gehört ein ehrlicher Kassensturz. Zur Zeit definiert sich die Bundesregierung den Breitband-Status schön. Ein Megabit pro Sekunde (Mbit/s) ist schon so etwas wie eine Breitbandverbindung. Legt man diesen humoresken Wert zugrunde, sind 98,7 Prozent der Haushalte mit einer Breitbandverbindung ausgestattet.
Dass man sich mit diesen willkürlichen Festlegungen selbst in die Tasche lügt, ist wohl auch dem Bundeswirtschaftsministerium bewusst. Und was machte Wirtschaftsminister Rösler? Richtig. Wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskreis oder im Politiker-Neusprech ausgedrückt, einen Breitbandgipfel. So entstehen aber keine Ideen und Visionen. Kein Heinrich von Stephan in Sicht.

„Dieser Mann hatte Visionen. Die sehe ich bei den politischen Akteuren in Deutschland heute nicht. Es wäre an der Zeit für ein Bekenntnis, die fortschrittlichste, modernste und beste Infrastruktur für Hightech-Kommunikation in unserem Land zu schaffen. Das ist eine nationale Aufgabe. Solange diese Einsicht fehlt, wird nicht viel passieren“, kritisiert Bernd Stahl vom Netzwerkspezialisten Nash Technologies.

Kompromissloser Ausbau wie beim Autobahnnetz

Auch Buchautor Gunter Dueck spricht von der Notwendigkeit einer „strukturkultivierenden Marktwirtschaft“. Der Staat müsse die Infrastrukturen auf die Zukunft ausrichten. Zu einem solchen Schritt würde sich aber niemand entschließen. Ein superschnelles Internet sei für die Wirtschaft und für die Transformation zur Wissensgesellschaft unabdingbar.

„Dieselben Leute, die die 60 Milliarden für die Zukunft nicht geben wollen, argumentieren wie selbstverständlich, dass der entscheidende Anstoß zu Deutschlands Wirtschaftswunder der energische und kompromisslose Ausbau des Autobahnnetzes in den 1960er-Jahren war, der für Deutschland eine moderne Infrastruktur schuf.“

infografik_1064_Top_10_Laender_mit_dem_schnellsten_Internetzugang_n

Öffentlicher Wille für Breitbandausbau

Es fehlt bislang der öffentliche Wille, den Staat stärker in die Verantwortung zu nehmen, moniert der Branchenexperte Roman Friedrich vom Beratungshaus Booz & Co. im ichsagmal-Interview:

„In vielen asiatischen Ländern investiert der Staat und erlässt sogar verfassungsrechtliche Grundlagen für die Notwendigkeit eines schnellen Internets.“ Auch wirtschaftspolitisch sollte die öffentliche Hand ihrer Verantwortung nachkommen, denn es gebe eine positive Korrelation zwischen Digitalisierung, Netzausbau und Arbeitsplätzen, so Friedrich. „Wenn man diese Auswirkungen sieht, muss sich der Staat die Frage stellen, ob er sich nicht stärker engagieren sollte.“

Allerdings nicht als Betreiber. Schwarzweiß-Denken helfe nicht weiter. Es seien viele Varianten für staatliche Initiativen möglich: Public-Private-Partnership, Konzessions- oder Lizenzmodelle, genossenschaftliche Initiativen.

Im Bloggercamp werden wir demnächst eine Heinrich von Stephan-Diskussionsrunde starten. So eine Art Ideen-Workshop für die digitale Transformation. Wer mitmachen möchte, sollte sich bei mir oder Hannes Schleeh melden.

Siehe auch:

DSL-Tarife: Regierung warnt Telekom vor Flatrate-Bremse (die Regierung sollte nicht nur warnen, sondern mit Taten glänzen).

DSL-Drossel: Router-Anbieter wirft Telekom Lüge vor.

Telekom: Erdrosseln was verbindet.

Telekom: Deutschlands Internetvorräte sind ohne Drosselung bis 2016 erschöpft.

„Das Kartellamt sollte den Telekom-Fall prüfen“

Neue Langsamkeit oder geistig-moralische Netzwende: Über die Drosselpolitik der Telekom

Telekom schreit nach Shitstorms

Die liebwertesten Gichtlinge der Telekommunikation kompensieren ihre digitale Einfallslosigkeit schon seit Jahren mit Barrieren, Blockaden und Hinhaltetaktiken. Etwa beim vergeblichen Kampf gegen Dienste wie Skype oder der Ausbreitung von Hotspots für den kabellosen Internetzugang. Und jetzt greifen Dino-Konzerne wie die Telekom in die Trickkiste der Drosselung von DSL-Anschlüssen, um Ladenhüter wie Home Entertain unter die Leute zu bringen, denn eigene Dienste werden auf den Datenverbrauch nicht angerechnet.

Mangelwirtschaft statt schnelles Internet

Mich erinnert dieses Szenario an die Zollschranken im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Die Rivalität der einzelnen Landesfürsten und die zahlreichen Zollschranken beförderten die wirtschaftliche Rückständigkeit in den deutschen Kleinstaaten. Gleiches bewirkt die neue Langsamkeit der Deutschen Telekom.

Statt sich endlich in Richtung einer Gigabit-Gesellschaft zu bewegen, torpedieren uns die Magenta-Manager in die Niederungen einer Mangelwirtschaft auf dem Niveau von 384 Kilobit pro Sekunde:

„Also eine Geschwindigkeit, die dem Nutzer den Download eines handelsüblichen Films in DVD-Qualität in kaum mehr als 23 Stunden ermöglichen würde. Streaming, oft als digitale Zukunft der Unterhaltungsindustrie angesehen, ist mit dieser Geschwindigkeit selbstredend auch möglich“, moniert Sascha Lobo in seiner Spiegel Online-Kolumne.

Aber man sollte nicht nur mit dem Finger auf die innovationsfeindlichen Telcos zeigen. Wir sollten den Netzbetreibern die Infrastruktur-Aufgabe schlichtweg entziehen. Genau an diesem Punkt muss die Gemeingut-Debatte in der Netzpolitik ansetzen. Keine Steuergelder über politische Funktionäre verteilen lassen für irgendwelche Netzprojekte, sondern den Staat fordern bei der Bereitstellung einer Datenautobahn, die diesen Namen auch verdient. 80 Milliarden Euro müssen aufgebracht werden, um Deutschland mit Glasfaser-Anschlüssen flächendeckend zu versorgen.

Öffentlicher Wille für Breitbandausbau

Es fehlt bislang der öffentliche Wille, den Staat stärker in die Verantwortung zu nehmen, moniert der Branchenexperte Roman Friedrich vom Beratungshaus Booz & Co. im ichsagmal-Interview.

„In vielen asiatischen Ländern investiert der Staat und erlässt sogar verfassungsrechtliche Grundlagen für die Notwendigkeit eines schnellen Internets.“

Auch wirtschaftspolitisch sollte die öffentliche Hand ihrer Verantwortung nachkommen, denn es gebe eine positive Korrelation zwischen Digitalisierung, Netzausbau und Arbeitsplätzen, so Friedrich.

„Wenn man diese Auswirkungen sieht, muss sich der Staat die Frage stellen, ob er sich nicht stärker engagieren sollte.“

Allerdings nicht als Betreiber. Schwarzweiß-Denken helfe nicht weiter. Es seien viele Varianten für staatliche Initiativen möglich: Public-Private-Partnership, Konzessions- oder Lizenzmodelle, genossenschaftliche Initiativen.

Ob die Bundesnetzagentur die neuen DSL-Tarife der Telekom als Verstoß gegen die Netzneutralität einstuft und regulatorisch eingreift oder nicht, wir sind als Wählerinnen und Wähler gefordert, von den politischen Akteuren einen Masterplan für die Vernetzung von Gesellschaft und Wirtschaft zu verlangen.

„Im Land, dessen großer Buchbestseller 2012 ‚Digitale Demenz’ hieß, fehlt schmerzhaft das Klima pro Vernetzung, um eine geistig-moralische Netzwende hinzulegen“, meint Sascha Lobo.

Vielleicht reißt uns die Drossel-Politik der Telekom aus unserer Lethargie.

Ausführlich nachzulesen in meiner heutigen The European-Kolumne.

Siehe auch:

Was ist Netzneutralität? Oder: Warum das freie und offene Internet in Gefahr ist.

Telekom erbost Onlineszene durch Abschaffung der DSL-Flatrates.

Mit der Telekom zurück ins Modemzeitalter.

Telekom Zwangsdrosselung ist nur der Anfang.