
Die Stärkung des industriellen Mittelstandes sei von zentraler Bedeutung, da hier eine besondere Stärke unseres Landes liegt, so steht es im Papier „Nationale Industriestrategie 2030“ von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier.
„Viele mittelständische Unternehmen haben mit hoch spezialisierten Produkten und Anwendungen Teile des Weltmarktes ‚erobert‘ (Hidden Champions), verfügen über eine enorme technologische Kompetenz und Wettbewerbsfähigkeit. Sie werden durch den raschen Fortgang von Innovation und insbesondere Digitalisierung aber vor gewaltige Herausforderungen gestellt, da ihre besonderen technologischen Fähigkeiten oftmals in anderen Bereichen liegen. Sie brauchen noch mehr als bisher maßgenaue Angebote und Unterstützung.“
Aber worin besteht die Unterstützung des industriellen Mittelstandes genau? Diese Frage diskutierte ich in einem neuen Diskussionsformat mit Silke Lehnhardt und Dr. Andreas Rebetzky von der DigitalLoge.
„Die IT im Mittelstand ist meist unterentwickelt und überfordert. Die Unternehmen wissen zwar, dass sie etwas tun müssen, jedoch fehlt ihnen die adäquate Antwort. Zur Strategie gehört das WIE. Und das fehlt im Papier. Lösungsansätze gibt es: Externe Digitalisierungsprofis mit IT- Business-Erfahrung als temporäre Coaches in den Mittelstand holen. Man braucht dafür Profis mit Profil – keine Beratungsstandardisierer“, erklärt Rebetzky.
Weitere Punkte: Besonders im Mittelstand fehlen nach Analysen der DigitalLoge die Nachwuchskräfte. Die Zahl der Studienabgänger mit den dringend geforderten Kompetenzen sei ohnehin schon zu gering. „Die guten Leute werden bereits während des Studiums von den großen Playern angeworben. Der Mittelstand, der auch oft an unattraktiven Lokationen ‚auf dem Land’ sitzt, hat ein echtes Nachwuchsproblem. Wir brauchen digitale Lösungen, wie das Know How an den richtigen Ort kommt“, sagt Lehnhardt. Es müsse der Zugang zu Wissen sichergestellt werden.
Eine weitere Herausforderung sieht der Bundeswirtschaftsminister in seinem Strategiepapier in der Industriepolitik der Volksrepublik China, die 2015 die Agenda „Made in China 2025“ beschlossen hat. Durch aktive Industrieolitik sollen Schlüsseltechnologien in zehn Sektoren gestärkt werden. Dazu gehörendie Informationstechnik, High-End-Robotics, Luft- und Raumfahrt, Maritime Industrie, Elektromobilität, Transport und Eisenbahn, Biopharmazeutika, Medizintechnik. 2017 kündigte China an, im Bereich der Künstlichen Intelligenz bis 2030 zum weltweiten Spitzenreiter werden zu wollen.
„Wir sollten offen mit chinesischen Unternehmen sprechen, sie und deren Technologien anschauen, verwerten, kooperieren und sogar kopieren. Es gibt ein großes Betätigungsfeld durch Kooperationsmodelle. Dafür müssen wir in Deutschland offen sein für andere Kulturen und uns auch sprachlich neu aufstellen. Auch hier ist wieder die Bildung und das Bildungssystem gefordert, junge Menschen früh für solche Themen zu sensibilisieren und die richtigen Angebote zu schaffen und in den Dialog mit erfahrenen Managern zu bringen“, empfiehlt Rebetzky.
Die Fokussierung auf Entwicklungszonen mit Themenschwerpunkten oder Campus-Themen der Digitalisierung halten beide DigitalLoge-Protagonisten für wichtig. Das zeige China eindrucksvoll mit der Konzentration auf Themen wie Künstliche Intelligenz oder autonomes Fahren. Kleine Pflänzchen würden hier nicht ausreichen. Das Gleiche gelte für Hubs, Labs und sonstige kleinteilige Maßnahmen. Man müsse im größeren Maßstab die Themen der Digitalisierung bündeln: Professuren, Startups, Forschungseinrichtungen, Wissenstransfer zum Mittelstand. „Dafür brauchen wir Anschubfinanzierungen. Wir müssen uns so etwas auch mal zutrauen und Schlüsselkompetenzen fördern“, fordert Lehnhardt-
So sei auch der Punkt Innovationsspeed im Papier von Wirtschaftsminister Altmaier relevant. Im Vergleich zu früheren Zeiträumen habe sich das Innovationstempo heutzutage enorm beschleunigt.
„Innovationen im Bereich der Digitalisierung sind deshalb schneller, weil sie immateriell sind. Software ist der Kern der Digitalisierung. Skills und Ressourcen fehlen in Deutschland. Eine erfolgreiche Digitalisierung kann nur mit qualifizierten Ressourcen erfolgen. Dann kann das Innovationstempo erhöht werden“, so Rebetzky. Diese Ressourcen seien in Deutschland Mangelware, daher müsse man verstärkt international agieren, auch im Mittelstand.
Unklar sind nach Ansicht von Rebetzky die Formulierungen im Strategiepapier über Plattformen. Für den dauerhaften Erfolg einer großen Volkswirtschaft sei es unverzichtbar, an der Wertschöpfung der Plattformökonomie angemessen teilzuhaben, heißt es in der Vorlage des Bundeswirtschaftsministeriums:
„Wie soll denn bitte ein Mittelständler mit sagen wir 300 Millionen Euro Umsatz alleine eine solche Plattform erzeugen? Seine IT ist in der Regel nicht dazu aufgestellt. Die Regierung sollte hier versuchen, durch gezielte Mittelstandsprogramme Anreize zu schaffen. Wir sollten uns darüber bewußt sein, dass alle Massnahmen nur funktionieren, wenn die erforderliche Infrastruktur bereit steht. Das betrifft sowohl die Datennetze als auch die Verkehrs-Infrastruktur, damit Informationen und Ressourcen effizient und schnell fließen können.“
Für Silke Lehnhardt sind Eco-Systeme die richtigen Plattformbausteine für Mittelständler. „Es sollte ein System geben, wo unterschiedliche Player gemeinsam wirken müssen. Dafür braucht man dann auch eine Plattform, um so etwas zu organisieren.“
Es gehe um eine intelligente Verknüpfung oder Vernetzung unterschiedlicher Kompetenzen, um gemeinsam neue Geschäftsmodelle zu entwicklen. Viele Anregungen für eine Modifizierung der nationalen Industriestrategie. Der Bundeswirtschaftsminister sollte das in offenen Gesprächsformaten vertiefen. #DigitalLogeDirekt wäre dafür doch ein hervorragendes Diskussionsformat.
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