“Weltpremiere” nannte ich vollmundig schon vorab das erste virtuelle Blogger Camp, das man “weltweit” am vergangenen Freitag (28.9.12) live verfolgen konnte und für das die Bayerische Landesmedienanstalt eine Sendelizenz erteilt hatte.
Vielleicht haben wir ja sogar Fernsehgeschichte geschrieben.
Zum Start des NWDR im Dezember 1952 waren jedenfalls die Voraussetzungen wesentlich schlechter.
Nur magere 300 Teilnehmer konnten das Ereignis damals an ihren Bildschirmen verfolgen. Da sind die Bedingungen im Netz doch sehr viel komfortabler. Nicht ganz so komfortabel sind die rechtlichen Bedingungen für Jedermann-TV im Internet. Das hat ja auch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler im Gespräch mit Hannes Schleeh, Mitveranstalter des Blogger Camps und Sendelizenz-Antragssteller, zum Ausdruck gebracht.
Der Rundfunkstaatsvertrag aus den Zeiten des klassischen Fernsehens kann mit den technologischen Möglichkeiten nicht mehr Schritt halten. Entsprechend machte Rösler während des Live-Hangouts von Daniel Fiene unter Zeugen das Angebot, dass Hannes Vorschläge für eine Gesetzesnovelle unterbreiten kann. Das werden wir spätestens bis zum IT-Gipfel am 13. November in Essen auch tun. Ein Papier wird schon erarbeitet. Siehe auch den Betrag von Thomas Schwenke, Teilnehmer der zweiten Session (wobei der Einstieg falsch ist. Rösler war natürlich nicht Teilnehmer des Blogger Camps): Googles Hangout on Air – Drohen Abmahnungen bei fehlender Rundfunklizenz?
Die ersten Reaktionen auf das Blogger Camp waren mehr als positiv.
So schreibt Dosentelefon-Blogger Marcus Surges:
“Es war eine sehr professionelle tiefgehende Veranstaltung.”
Das geht ja runter wie Öl. Und es wird noch besser 🙂
“Gunnar Sohn (also ich, gs) moderierte die einzelnen Panels souverän, die Teilnehmer fielen sich nicht ins Wort (bei Video- und Telefonkonferenzen häufiger durchaus ein Problem) und blieben beim jeweiligen Thema. Besonders angenehm habe ich die entspannte Atmosphäre empfunden: mal ein Späßchen, mal ein Lachen, nebenbei rauchen oder einfach die Ansprache ‘Liebes Internet’ (ok, das hat wohl Richard Gutjahr zuerst gemacht, gs). Genial war letztlich die Entscheidung, dass Blogger Camp virtuell mit dem Tool Hangout on Air umzusetzen, das es erst seit Mitte August 2012 in Deutschland gibt! Mein Tipp: Einfach mal in die Sessions reinschauen, auch wenn die Themen für den einen oder anderen vielleicht nicht interessant sind. Das Reinschauen gibt jedoch einen guten Einblick, wie Veranstaltungen über ein Hangout on Air ablaufen können. Nun bin ich auf den Bericht gespannt, den die Veranstalter für die Bayerische Landesmedienanstalt erstellen müssen. Denn nur unter dieser Auflage gab’s die Sendelizenz.”
Und auf Werbeeinblendungen musste verzichtet werden. Das ist natürlich sehr akribisch befolgt worden…
Vera Bunse wertet unser Medienexperiment und Formate wie das digitale Quartett sogar als “die besseren Talkshows”. Zum Blogger Camp schreibt sie:
“Die lockere Atmosphäre und das umfangreiche Themenspektrum haben mir gut gefallen, auch die rechtzeitig bekannt gegebene Einteilung in Panels, so konnten die Zuschauer ihr Interessengebiet vorher heraussuchen und die Zeit einplanen, falls sie selbst teilnehmen wollten.”
Das Format erlaube spontane Diskussionen, Live-Übertragungen oder Interviews, es eignet sich aber noch zu viel mehr, wenn die Kinderkrankheiten erst überwunden sind (in einem der Talks wurde das “50er-Jahre-Fernsehen” genannt).
“Die Talkrunden sind völlig ungezwungen und decken viele Themen ab, naturgemäß auch netzbezogene, die im Mainstream gar nicht vorkommen oder erst umständlich von Erklärbären für die C-Welt übersetzt werden. Das größte Plus sind jedoch die Gäste, die nicht nach Schema F ausgewählt werden und, statt Sprechblasen abzusondern, wirklich etwas zu sagen haben. Ganz gleich, ob man sie bereits aus dem Netz kennt oder nicht, es ist interessant, andere oder neue Standpunkte kennenzulernen. Die meisten Gäste kennen sich mit den Gepflogenheiten im Internet bestens aus, ‘Neulinge’ werden kurz gebrieft, und selbst kleine Pannen werden ganz unverkrampft bewältigt”, so Vera Bunse.
Die Hangouts seien viel unterhaltsamer, spannender und erkenntnisstiftender als ihre öffentlich-rechtlichen Vorgänger:
“Experiment gelungen, wird fortgesetzt. Ich freu mich drauf.”
Wie Wirtschaftsblogger mit den Live-Hangouts umgehen werden, kann ich natürlich nicht sagen. Aber mein Vorschlag in der Session mit Dirk Elster, einen Wirtschaftsminister mal in die Runde zu holen oder den Notenbankpräsidenten (ich wollte schon Notbank schreiben) interviewen, fand dann doch Resonanz:
In diesem Hangout kam ich etwas verspätet rein:
Über die höchst dummen Kundeninteraktionen von Firmen unterhielten wir uns mit Andreas Klug von Ityx.
Meinen Senf dazu habe ich bereits gestern abgesondert.
Am Schluss des Blogger Camps gab es dann noch eine Diskussion der C 64er-Veteranten mit dem Sohn vom Sohn.
Nach den fünf Runden war ich dann reif für die Insel und durfte zur Belohnung noch ein paar Renovierungsarbeiten in der neuen Bude meines Sohnes verrichten und einen Tag später den Umzug organisieren. Was tut man nicht alles für die lieben Kleinen.
Weitere Reaktionen auf das Blogger Camp findet man auf Google Plus.
So, jetzt höre ich mal auf. Habe sicherlich einiges vergessen. Würde mich freuen, wenn weitere Beiträge zu den einzelnen Sessions folgen würden. Vernetzt Euch!
Kompakt und auf einem Blick kann man sich die fünf Video bei Hannes anschauen:
Sehr schön zusammengefasst. Konnte leider nicht alles Live sehen, fand das was ich gesehen habe aber sehr gut und unterhaltsam. Gut gemacht. Freue mich auf Fortsetzung!
Am 24. Oktober geht es weiter. Vielleicht bist Du ja dann mit von der Partie, Thorsten?
Am meisten begeistert mich ja das NWDR-Pausenzeichen.
Reblogged this on Vernetzt Euch!.
Prima, dass die Hangout-Videos auch nachträglich per ‘Mediathek’ anzuschauen sind! Konnte aus zeitlichen Gründen das Blogger-Camp nicht live verfolgen.
Das waren interessante Themen und Gespräche in angenehmer Atmosphäre – wohltuender als die bemühten Talkshows der Rundfunkanstalten. Freue mich auf die nächste Runde!
PS: Das ZDF hat direkt im Anschluss an Das Aktuelle Sportstudio (vom 15.09.) einen öffentlichen Hangout durchgeführt, bei dem sich Moderatorin und Redaktionsleiter der Sendung der Zuschauerkritik gestellt haben. Das fand ich auch einen überraschenden Ansatz, um dieses Tool zu nutzen!
PPS: Nochmal ich… habe gerade beim wiederholten Anschauen gesehen / gehört, dass Ihr die Sportstudio-Geschichte erwähnt! Sorry…
Ich hatte an dem Tag leider nur eine geringe DSL-Bandbreite, die Live-Übertragung ruckelte oft stark. Wie gut, dass ich die Beiträge dann noch als Aufzeichnung ansehen konnte! Beim nächsten Mal bin ich wieder mit dabei. Gute Themen, souverände Moderation, interessante Fachleute. Und die paar Anlaufschwierigkeiten mit Ausleuchtung, Tonqualität und Bildkomposition 😉 sind ja sicherlich erkannt und werden behoben…
@Christian Entscheidend sind die Technikversuche vor der Liveschaltung. Das hatten wir jedem Hangout-Teilnehmer angeboten. Ist leider nicht von jedem wahrgenommen worden. Aber an dieser Stellschraube müssen wir auf jeden Fall mehr drehen. Das wird in vielen Live-Hangouts vernachlässigt. Da poltern die eingeladenen Interviewgäste ziemlich unvorbereitet in die Hangouts rein und glänzen mit schlechter Tonqualität, Rückkoppelung etc. Aber das hatten wir bis auf wenige Ausnahmen im Vorfeld schon vom Tisch gewischt. Zudem rate ich jedem, das USB-Mikro von Samson einzusetzen. Da braucht man keine Kopfhörer und es bleiben trotzdem alle Tonprobleme mit Echoeffekten aus. Aber das weißt Du ja als Samson-Nutzer.
@Hackentrick Der Hangout des Aktuellen Sportstudios mit den Fußballbloggern hat mir sehr gefallen. Vielleicht mache ich da als alter Hertha-Fan auch mal mit – in der nächsten Saison….wenn es denn mit dem Aufstieg klappt.