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Digitale Ignoranten und eine Frage an E-Plus (Base): Wieso nutzt man den Hangout nicht in der Servicekommunikation?

Mit den elektronischen Medien externer Speicherung und des künstlichen Gedächtnisses erleben wir eine kulturelle Revolution, die an Bedeutung der Erfindung des Buchdrucks und der Schrift gleichkommt, erläutert Jan Assmann, Professor für Ägyptologie, in seinem Buch „Das kulturelle Gedächtnis“.

Die Kommunikation im Netz ist jederzeit abrufbar und öffentlich. Vorgefertigte Blabla-Erklärungen und Satzbausteine, die den Kunden von Hotline-Mitarbeitern am Telefon oder per Mail untergejubelt werden, sind im im Social Web die Zutaten für ein Service-Harakiri.

Im Netz lauern die Guerilla-Kunden, die zu jeder Zeit ihre Stimme erheben und ein breites Publikum erreichen können, schreibt Spiegel Online-Kolumnist Tom König in seinem neuen Buch „Ich bin ein Kunde, holt mich hier raus: Irrwitziges aus der Servicewelt“.

Setzen die Firmen ihr Hotline-Genöle im Internet fort, ist man heute als Guerilla-Kunde klar im Vorteil:

„Sie müssen sich klarmachen, dass Ihr Gegenpart Dutzende von Leuten beschäftigt, um seine Social Media-Kanäle zu bespielen. Genau wie bei der Hotline oder im Service-Center weiß deshalb auch hier die eine Hand oft nicht, was die andere tut – mit dem Resultat, dass Ihnen gegenüber widersprüchliche Aussagen gemacht werden“, so Tom König.

Anders als bei der Hotline seien diese Widersprüche aber öffentlich und auf immerdar im Netz zu finden.

„Sie können sie dem Unternehmen also später um die Ohren hauen, mit Schmackes und Screenshots.“

Die Firmen Jura und Sparda-Bank West wissen, wovon ich hier schreibe. Und seit gestern weiß es auch E-Plus (Base). Siehe: E-Plus (Base) und die Koberer der Reeperbahn: Wie man Herrengedecke vertickt und Vertragsänderungen blockiert.

Es ist fast schon unheimlich, wie gut Tom König über Dinge schreibt, die dann in der Realität haargenau eintreffen oder sogar noch übertroffen werden. Etwa beim Auseinanderdriften der Kommunikation von Kundenservice und Social Media-Abteilungen. So schrieb mir doch Base nach wochenlangem Schweigen, unsere Kopien wären nicht lesbar und deshalb könne keine Vertragsumstellung stattfinden. Die Schuld liegt also bei uns. Und nach meinem öffentlichen Blogpost teilt mir eine Mitarbeiterin des Social Media-Teams von Base folgendes mit:

Ohne nun genaue Details zu diesem Vorgang zu kennen gehe ich davon aus, dass weniger die Qualität der Kopien, als eher ein Fehler bei der Digitalisierung des Schriftverkehrs in unserem Hause, Auslöser für diese hin und her sein könnte. Die gesamte eingegangene Post wird sofort gescannt und digital an die Serviceabteilung übermittelt. Ist die Qualität aufgrund eines technischen Defektes schlecht, kann es tatsächlich zu Lesbarkeitsproblemen kommen. Dennoch hätte ein kurzer Anruf durch den Servicemitarbeiter diesen Umstand längst klären können.

Der Kundenservice hat mich also schlichtweg angelogen. Entscheidungskompetenz in Service-Fragen haben die meisten Social Media-Teams der Unternehmen allerdings nicht. Sie hätten sonst mein Anliegen direkt gelöst. Das nennt man dann Silo-Syndrom oder Lila-Laune-Bärchen-Phänomen. Siehe: Netzintelligenz statt „Flachbildschirm-Rückseitenberatung“ – Die Lila-Laune-Kommunikation der Unternehmen versagt im Social Web.

Der Base-Fall war natürlich auch Thema von Bloggercamp.tv. Und Bernd Stahl von Nash Technologies warf zurecht die Frage auf, warum eigentlich die Enterprise 2.0-Technologien und die Möglichkeiten des Social Web wie Hangouts nicht stärker für die Servicekommunikation genutzt werden. Dann dürfte man die Social Media-Lila-Laune-Bärchen nicht im Marketing ansiedeln – was in der Regel leider der Fall ist. Ein großer Fehler.

Ausführlich habe ich das in meinem Beitrag für das Buch “Digitaler Dialog” aufgegriffen: “Auf der Suche nach dem iService.”

In der Hangout-Session ging es aber heute vor allem um die Vorschau auf das virtuelle Blogger Camp. Es findet am Freitag nächster Woche statt. Hier noch einmal der Programmablauf:

Freitag, 28. September 2012

11.00 bis 11.45 Uhr: Über Netzmonopole, abstürzende Applikationen, Shitstorms, Gema-Gebühren und digitale Ignoranten – Netzpolitischer Exkurs des bloggenden Quartetts (Heinrich Rudolf Bruns, Hannes Schleeh, Gunnar Sohn und Bernd Stahl).

12.00 bis 12.30 Uhr: Von der Lust am Dialog: Welche Formate entwickeln sich über Google Hangout On Air? (Hannes Schleeh im Gespräch mit….- dazu hat Hannes jetzt schon einiges zusammengetragen. Wo die Entwicklung hingehen könnte, belegt HuffPost Live.)

12.45 bis 13.15 Uhr: Wirkung und Einfluss von Wirtschaftsblogs (Gunnar Sohn im Gespräch mit Blicklog-Blogger Dirk Elsner)

Virtuelle Mittagspause

14.00 bis 14.45 Uhr Vernetzte Kommunikation mit Künstlicher Intelligenz (Einblicke von Andreas Klug, Ityx)

15.00 bis 15.30 Uhr Sohn fragt Sohn (Gunnar Sohn und Constantin Sohn über Youtube-Stars, Gaming-Blindfische wie Manfred Spitzer und die Zukunft von DJ Kloschüssel – eine Fortsetzung unserer berühmt-berüchtigten Gamescom-Gespräche)

Am Nachmittag haben wir noch Luft und könnten ein oder zwei Sesssions einbauen – etwa eine Runde mit Autoren des Buches “Digitaler Dialog”. Zu jeder Session folgen in den nächsten Tagen noch ausführliche Blogpostings. Vernetzt Euch!

Der erste Blog-Kommentator bekommt übrigens wieder einen Preis: Das Opus “Digitaler Dialog” (habe ja drei Autoren-Exemplare bekommen).

Im Hangout-Gespräch habe ich ja noch behauptet, dass wir mit dem virtuellen Blogger Camp eine Weltpremiere erleben werden. Ich drohte sogar mit Patentklagen für den Fall der Widerrede. Aber man muss ja nicht gleich drei Milliarden Dollar Schadenersatz verlangen…

Über den Autor

gsohn
Diplom-Volkswirt, Wirtschaftsblogger, Livestreamer, Moderator, Kolumnist und Wanderer zwischen den Welten.

1 Kommentar zu "Digitale Ignoranten und eine Frage an E-Plus (Base): Wieso nutzt man den Hangout nicht in der Servicekommunikation?"

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