Datenklau: USA auf „Augenhöhe“ mit China und Russland

Die paranoide Supermacht
Die paranoide Supermacht

Auch wenn der Verdachtstotalitarismus von NSA und Co. breite Kreise in Deutschland nicht zu jucken scheint, so wirkt sich der Spionage-Skandal um so heftiger auf das Geschäftsklima aus – und das dürfte selbst die NSA-Komplizen im Silicon Valley irgendwann um den Schlaf bringen.

Nach einer aktuellen Umfrage von Ernst & Young geht nach Ansicht der deutschen Unternehmen die größte Gefahr von chinesischen und US-amerikanischen Angreifern aus: 28 Prozent der Befragten bezeichnen China, 26 Prozent die USA als Regionen, von denen aus besonders intensiv Datenklau-Attacken stattfinden. Vor zwei Jahren vermuteten magere sechs Prozent potenzielle Angreifer in den USA.

„Bislang hat man die Angreifer zumeist in China und Russland geortet – nun müssen die Unternehmen feststellen, dass beispielsweise auch westliche Geheimdienste sehr umfassende Überwachungsmaßnahmen durchführen“, sagt Bodo Meseke, Leiter Forensic Technology & Discovery Services bei Ernst & Young.

Der Blick richtet sich dabei nicht nur auf die Geheimdienste. Gut jeder Vierte (26 Prozent) bezeichnet die Gefahr, von einem ausländischen Wettbewerber geschädigt zu werden, als hoch; an zweiter Stelle folgen staatliche Stellen und Geheimdienste aus dem Ausland (17 Prozent). Erst danach werden inländische Konkurrenten (16 Prozent) und die eigenen Mitarbeiter (9 Prozent) genannt.

Das Image der amerikanischen Technologie-Anbieter ist also schwer beschädigt.

So warnte der Sicherheitsbeauftragte des Halbleiter-Herstellers Infineon bereits im Manager Magazin vor der Bedrohung durch die NSA. Er fürchtet, dass wertvolle Patente und Forschungsergebnisse ausspioniert würden. Dem WDR-Redakteur Michael Westerhoff sagte ein IT-Beauftragter eines deutschen Unternehmens, dass die gesamten Vorkehrungen zur Schließung von Sicherheitslücken nicht nutzen, wenn Unternehmen wie Microsoft mit der NSA zusammenarbeiten.

Wenn diese Furcht in deutschen und europäischen Firmen um sich greift, was folgt dann als Nächstes? Ist die Forderung von bwlzweinull-Blogger Matthias Schwenk wirklich naiv, die Einkaufsmacht gegenüber Konzernen wie Microsoft einzusetzen, um Aufklärung im Zusammenwirken mit staatlicher Totalüberwachung zu bekommen?

Das wurde auf Facebook heftig diskutiert. Was denkt Ihr? Sollte man die Vertreter der NSA-Komplizen zum Verhör bitten, wie ich es vor ein paar Tagen ausdrückte?

Siehe meine The European-Kolumne: Europa als naiver Partner der USA.

Lesenswert auch: Rolle des BND im Spähskandal – Im Steinbruch des Rechtsstaats.

Münchhausen-Check: Präsident Obama und die Whistleblower.