Ich lese gerade eine Studie von T-Systems zum Thema “Customer Service der Zukunft” – könnte man übrigens ohne große Schnörkel einfach “Kundenservice der Zukunft” nennen. Und dann steht im fünften Kapitel folgendes:
“Angst vor neuer Technologie: Einige Kunden fühlen sich bei der Nutzung technischer Produkte und Dienstleistungen unwohl. Technische Begrifflichkeiten führen bei ihnen zu Verwirrung. Infolgedessen meiden sie technische Lösungen bzw. haben sogar Angst, durch deren Nutzung etwas irreparabel falsch zu machen. Herausforderung für Unternehmen: Unternehmen müssen ein klares Wording bei der Benennung und Beschreibung von Service Solutions sicherstellen sowie die technische Umsetzung so einfach wie möglich gestalten. Ansonsten kann die Angst vor neuen Technologien die Akzeptanz von Service Solutions negativ beeinflussen.” Ach was….
Wirklich tolle Empfehlung: Klares Wording….Da sind wir ja schon wieder mittendrin in der Laberrhabarber-Buchstabensuppe.
“Durch Bündelung ihrer Kompetenzen können automatisierte Geschäftsprozesse bei den Kunden noch effizienter eingeführt werden.”
Jo. Zudem sind wir alle gut aufgestellt, besitzen ein weltweit führendes und fundiertes Portal-Know-how, schaffen Mehrwerte für Kunden – die natürlich im Mittelpunkt des Unternehmenskosmos stehen -, arbeiten effektiv an Solutions für das Ideen- und Innovationsmanagement, sorgen für einen zügigen Return on Investment, verschaffen den Marsmenschen einen unschlagbaren USP und unterdrücken unseren Brechreiz bei diesem unsäglichen Managementgefasel. Schreibt doch einfach mal die Studien und Pressemitteilungen wie spannende Romane. Arbeitet an einem erzählerischen Stil und verabschiedet Euch von der Techno-Bürokraten-Sprache.
Mein Neujahrswunsch an die Firmen-Schreiberlinge: Lest Karl Kraus und Kurt Tucholsky – erst danach wieder in die Tasten greifen.
Und hier geht’s munter weiter – kunterbunte Wording-Exzesse, zusammengetragen von http://beratersprech.de
Noch ein Fundstück aus einer Telekom-Stellenanzeige für die Buchstabensuppe gefällig? Gesucht wurde 2010 ein: “Spezialist/in Wording Product Design für die Realisierung unserer Mission: Superior User Experience &Simplicity”.
Offenbar war unter den Bewerbern kein Tucholsky-Leser dabei.
Oh ja, das passt perfekt zur T-Studie. Da könnte der Kandidat direkt an der Fortsetzungs-Saga arbeiten.
Ich fürchte, die beiden Herren sind weitgehend unbekannt …
Zumindest bei den Gichtlingen des Managements.
Das hab ich doch schon mal gehört… Ach ja, 2006, hier: http://www.youtube.com/watch?v=uqHd_Y3LOc0 Telekom sind nicht die einzigen, die hinter Business-Mumble verstecken. Schützt aber vor Angriffen in sozialen Netzen, weil die Kunden nicht mehr erkennen können, ob sie überhaupt gemeint sind oder gar beleidigt sein sollten.
Es fehlt jetzt nur noch die Erkenntnis, dass der Kunde nicht nach den Telekom-Keywörtern sucht, wenn er eine Lösung finden will. Das wäre doch noch eine weitere Stellenausschreibung wert: “Spezialist/in Wording Product SEO Design für die Optimierung unserer Superior Customer Search Experience”
Grad diesen Screenshot einer Vodafone-SMS zugeschickt bekommen – dort schein man in Sachen Wording schon weiter zu sein 🙂
https://www.facebook.com/photo.php?fbid=10200118024983562&set=o.237122689654213&type=1&theater
Stimmt. Da überspringt man direkt Karl Kraus sowie Kurt Tucholsky und übt sich in Pöbeleien.