In meiner Mittwochskolumne für das Debattenmagazin “The European” beschäftige ich mich mit den Laber-Ritualen der Unternehmenskommunikation. Hier schon mal ein kleiner Vorgeschmack.
In der guten alten Zeit vor dem Internet glichen Unternehmen und Medienhäuser den mittelalterlichen Trutzburgen: Wann die Zugbrücke heruntergelassen und welche Informationen über den Wassergraben ins Land hinaus durften, entschieden wenige Meinungsführer. Von Zeit zu Zeit zeigte sich der Vorstandsvorsitzende am Burgfenster und die Medienöffentlichkeit sah ihm aus der Ferne zu, wie er – meist während der Bilanzpressekonferenz – vorgefertigte Worthülsen vortrug. Dieser diskursive Austausch von Klingeltönen war schon immer eher dem Imponiergehabe von Vorstandsbossen geschuldet und diente weniger oder gar nicht dem Dialog mit der Öffentlichkeit.
Die digitale Öffentlichkeit kennt keine Leser, Hörer oder Zuschauer, die von ihr zu unterscheiden wären. Meinungsbildung findet über Tausende von Netzwerken statt, in Foren und Blogs, Wikis und Videos. Kunden, Leser und Journalisten spüren heute direkter und schneller, ob der Vertreter eines Unternehmens offen und direkt mit ihnen spricht oder ob er sich hinter einer Ansammlung von Kunstwörtern versteckt. Was etwa zeichnet ein „gut aufgestelltes und weltweit führendes Unternehmen” aus, das die Öffentlichkeit mit sinnlosen Worthülsen bombardiert? Warum soll ein „fokussierter” Anbieter besser sein als ein Konkurrent, der ohne diese Phrase auskommt?
Jeder Metzgermeister könnte von sich behaupten, ein „gut aufgestellter, fokussierter” Anbieter von “innovativen” Fleischwaren zu sein. Er wird es aber nicht tun, weil die Kunden kopfschüttelnd aus dem Laden rennen würden. Dort aber, wo sich Unternehmen räumlich und emotional von ihren Kunden entfernen, veröffentlichen sie Botschaften voller nichtssagender Formulierungen.
Das klingt dann etwa so:
„Wir realisieren nachhaltige Projekte, implementieren Prozesse und heben eine Vielzahl von Synergien. Unsere Tools basieren auf einem Netzwerk von Applikationen. Wir bündeln unsere Kernkompetenzen und generieren neue Umsatzpotenziale. Unser Portfolio besteht aus internationalen Aktivitäten. Wir arbeiten absolut kapitalmarktorientiert. Auf diese Weise erzielen wir eine hohe Profitabilität” – und verprellen die Öffentlichkeit mit langweiligen Plattitüden.
Bei aller berechtigten Kritik an Geschwurbel – der Vergleich von komplexen Technologieunternehmen mit eher unterkomplexen Fleischereien hinkt zu dem Thema auch gewaltig.
Es geht um die Wortwahl im Phrasendeutsch. Auch hoch komplexe Technologieunternehmen können darauf verzichten.
Wofür der Vergleich mit Fleischereien aber irreführend ist und Elemente von effektheischendem Populismus bis hin zur Demagogie enthält, derer sich gerade bei berechtigten Anliegen tunlichst enthalten werden sollte. Technologieunternehmen sind auch hinsichtlich PR-Anforderungen nun wirklich nicht mit Fleischereien vergleichbar. Außer man will sie nur besinnungslos zur Wurst machen.
Deshalb sollten die Technologie-Unternehmen auf weltweit führenden Wortschwall verzichten. Wie lächerlich dieser Duktus wirkt, habe ich mit dem Metzgermeister deutlich gemacht. Zudem sollten Sie nicht die Komplexität des Lebensmittelhandwerks unterschätzen.
Hat dies auf http://www.ne-na.me rebloggt.