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TV-Autonome und Debatten-Battle zur Netzwerkökonomie: Zwei Vorschläge für die #rp14

Livestreaming-Workshop

Livestreaming-Workshop

Kurz vor dem Ablauf der Frist für Session-Vorschläge, habe ich jetzt mal zwei Ideen in den Ring geworfen für die republica im Mai.

Hangout on Air-Workshop: Die TV-Autonomen kommen – Die Streaming-Revolution frisst ihre Eltern

Kurzthese:

Selbst für bewegte Bilder steht mittlerweile das Handwerkszeug für den digitalen Autodidakten bereit, der heute ohne Ü-Wagen, ohne Ausbildung zum Kameramann oder zur Kamerafrau und ohne schweres technisches Gerät Fernsehen machen kann. Zu jeder Zeit, an jedem Ort. Videokommunikation ist spätestens seit den Erfolgen von Diensten wie Skype oder Google-Hangout ein beherrschendes Thema für Beruf und Freizeit. Streaming-Dienste wie Hangout on Air sind die technische Basis für Jedermann-TV. Selbst die massenmediale Bastion des klassischen Fernsehens ist vor der Eigendynamik der autonomen TV-Produzenten nicht mehr sicher. In einem Workshop wollen Gunnar Sohn und Hannes Schleeh in einem mobilen TV-Studio das nötige Praxiswissen für Livestreaming vermitteln.

Beschreibung:

Was wir im Workshop vermitteln wollen:

Kommunikation mit Abwesenden oder: „Was macht Ihr Messestand eigentlich nachts?“ (stammt von Sascha Stoltenow). Wie verlängere ich das Verfallsdatum von Informationen mit den Mitteln der Aufmerksamkeitslogik des Netzes.

Lerninhalte: Grundlagen des Video-Bloggings; Longtail-Effekte über Youtube und Co.; die Kunst des Teilens (Einbettung und Nutzung von Streaming-Diensten und Video-Portalen); vom Suchen und Finden im Netz (Aufmerksamkeit im Social Web: Hash-Tags, Suchmaschinen-Optimierung, virale Effekte); Technische Ausstattung für den schnellen und mobilen Einsatz; Stellschrauben für Beleuchtung, Ton und Bild; Video-Studio für kleines Budget (Scheinwerfer, Kamera, Greenscreen, Mikrofon); Software und Open Source-Programme; medienrechtliche Fußnoten.

re:publica 14 - INTO THE WILD

Zweiter wilder Vorschlag:

Netzwerke ohne Dirigismus und Hierarchien – Praxisfernes Geschwurbel oder nicht?

Kurzthese:
Die parasitäre Rolle des Managers als homo hierarchicus löst sich auf. Seine Strategie, sich als Schaltstelle zwischen den Hierarchien eines Unternehmens einzunisten, läuft ins Leere. Selbstorganisation, Autonomie, Individualität, Kommunikation auf Augenhöhe, Partizipation, die Ökonomie des Gebens und Nehmens machen den Kontrollsehnsüchten der Führungskräfte einen Strich durch die Rechnung. Mit einem „V O R G A N G S V E R F O L G U N G S S Y S T E M“ im Stil einer bürokratischen und kafkaesken Superbehörde wird es den Unternehmen in Deutschland wohl nicht gelingen, aus den hierarchischen Endlos-Schleifen auszubrechen. Die Graswurzel-Bewegungen des Netzes könnten das ändern. Wie, das wollen Pia Kleine Wieskamp, Thorsten Ising, Hannes Schleeh und Gunnar Sohn in einem Debatten-Battle mit Experten klären.

Beschreibung:
Ohne Netzwerke könnten Hierarchien gar nicht entstehen, bemerkt Sascha Stoltenow auf Google Plus und verlinkt dabei auf einen Wikipedia-Eintrag zur Systemtheorie, der dann doch ein wenig Entlastung verschafft, wahrscheinlich unbeabsichtigt: „Konkretisiert auf den (zumeist) wirtschaftlichen Bereich bedeutet der systemtheoretische Ansatz eine Abkehr von herkömmlichen, hierarchisch-dirigistisch gesetzten Organisationsstrukturen und eine Hinwendung zu Kooperation und Koordination in Netzwerken in Wirtschaft und Gesellschaft.“ Geändert hat sich in Unternehmen bislang wenig. Die Führungskräfte der Wirtschaft verfügen über zu wenig Erfahrung im Umgang mit sozialen Medien und setzen weiterhin auf hierarchisch gesteuerte Entscheidungen. Das zeigt die Capgemini-Studie „Digitale Revolution“.

„Fest steht, dass der Erfolg von Transformationsprojekten heute in den Händen von Führungskräften liegt, die häufig nicht gewillt oder nur schlecht auf diese Herausforderung vorbereitet sind“, so die Studien-Autorin Imke Keicher. Die Gründe für diese Abwehrhaltung sind vor allem die Angst um den Einfluss- und Statusverlust (47 Prozent) und die dichte Taktung der Veränderungsprojekte in den vergangenen Jahren, bestätigen 40 Prozent der Befragten.

Einstellung und Wirklichkeit driften besonders auseinander, wenn es um den Einsatz sozialer Medien geht – den sogenannten Enterprise-2.0-Anwendungen. 65 Prozent der Befragten geben zu Protokoll, dass sie sich eine Arbeitserleichterung durch den Einsatz solcher Anwendungen versprechen. Aber nur für 15 Prozent spielen die vorhandenen 2.0-Anwendungen eine unverzichtbare oder große Rolle. Zwar werden bereits verschiedene „digitale“ Werkzeuge genutzt, jedoch sind Führungskräfte zögerlich, wenn es um den Einsatz „echter“ Enterprise-2.0-Anwendungen geht. „Die digitale Transformation liegt noch in weiter Ferne, besonders wenn es darum geht, Mitarbeiter in den Veränderungsprozess einzubinden und einen Austausch über alle Hierarchiestufen hinweg zu ermöglichen“, betont die Capgemini-Beraterin Keicher. Die Zurückhaltung gegenüber den neuen digitalen Anwendungen begründen 64,6 Prozent der Studienteilnehmer mit mangelnder Erfahrung. Vielleicht steckt aber auch etwas ganz anderes hinter den Blockaden.

Sind es wirklich „Change-Aversionen“, die dem „Wandel“ entgegenstehen? Vielleicht ist es das Substrat einer pseudo-modernen Organisation, entworfen auf dem Reißbrett von Planungs- und Prozessfanatikern, das man krampfhaft bewahren will. Zum Lieblingsvokabular der Manager zählen doch Ziel, Optimierung, Strategie, Change, Projekt, Performance, Evaluation und der berühmte Prozess. Eine semantische Powerpoint-Brühe, die das bürokratisch-industrielle Büroleben prägt – angetrieben von einem Gemisch aus BWL und IT, wie es Christoph Bartmann in seinem Buch „Leben im Büro“ ausgebreitet hat. Ein Regime der Standards, Formulare, Meetings, Organigramme und To-Do-Listen. Das Ganze wird von einem Mehltau an Sprachregelungen, Leerformeln, Zielen, Strategien und operativen Handlungsanweisungen überzogen. Wichtigtuerei, gesteuert von einem rhetorischen Autopiloten – programmiert von neunmalschlauen Consulting-Päpsten, die sich mit Binsenweisheiten über Wasser halten. Die hohle Management-Religionslehre erweist sich als Leerformel. Das inflationäre Gemurmel über Change, Turnaround, Prozessoptimierung, Reorganisation, Sanierung oder Kulturveränderung.

Die parasitäre Rolle des Managers als homo hierarchicus löst sich auf. Seine Strategie, sich als Schaltstelle zwischen den Hierarchien eines Unternehmens einzunisten, läuft ins Leere. Selbstorganisation, Autonomie, Individualität, Kommunikation auf Augenhöhe, Partizipation, die Ökonomie des Gebens und Nehmens machen den Kontrollsehnsüchten der Führungskräfte einen Strich durch die Rechnung.

Mit Evaluations-, Controlling- und Buchführungs-Diktaturen kommt man nicht mehr weit. „Im System der Delegationen oder Abtretungen von Souveränität, oder anders, im System der stillen Entmächtigungen, spielt die Evaluation eine entscheidende Rolle. An ihr drückt sich die spezifische Ohnmacht des gouvernemental gesteuerten Angestellten aus. Der Apparat ist mächtiger denn je, und kaum irgendwo äußert sich gegen ihn die Bürger- und Angestelltenwut“, schreibt Bartmann. Die Graswurzel-Bewegungen des Netzes könnten das ändern. Wie das gelingen könnte, wollen wir in einem Debatten-Battle klären.

Pia Kleine Wieskamp, Thorsten Ising, Hannes Schleeh und Gunnar Sohn präsentieren jeweils einen Experten, der seine Thesen im Vorfeld der republica zur Diskussion stellen muss und mit Zustimmung oder Ablehnung bewertet werden kann. Die umstrittensten Thesen werden auf dem Podium mit dem Publikum diskutiert.

Mal schauen, wie weit wir mit unseren Vorschlägen kommen.

Über den Autor

gsohn
Diplom-Volkswirt, Wirtschaftsblogger, Livestreamer, Moderator, Kolumnist und Wanderer zwischen den Welten.

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