Über das Verleger-Geschenk der Bundesregierung namens Leistungsschutzrecht ist jetzt schon sehr viel berichtet worden. Über die schwammige Abgrenzung des Begriffs “gewerblich” für die Blogger-Szene, wo schon die Verwendung eines Flattr-Buttons ausreicht, um ins Visier der Abmahner zu kommen. Über die pharisäerhafte Motivation der Verleger, die eigentlich nur ein größeres Stück vom Google-Werbekuchen abbekommen wollen. Sie pöbeln gegen Google, schulen aber gleichzeitig ihre Autoren, um möglichst suchmaschinenoptimiert schreiben zu können. Über die Konsequenzen einer Gegenreaktion von Google, die zur Aussperrung von Verlagscontent führen könnte. Und, und, und:
“Wie die Verleger glauben können, dass es ihnen nützen wird und nicht schaden, Hinweise auf ihre Artikel zu erschweren, ist eines der zentralen Rätsel dieser ganzen Angelegenheit und Ausweis des Irrsinns, in den sich die Branche in ihrem Überlebenskampf geflüchtet hat”, so eine treffende Bemerkung von Stefan Stefan Niggemeier in seinem Blogpost “Das Leistungsschutzrecht: Selten war es so tot wie heute”.
Welche Szenarien eintreten können, hat Wortfeld-Blogger Alexander Svensson zusammengefasst: “Recht mäßig
Wie weiter mit dem Leistungsschutzrecht?”
“Völlig unbeeindruckt von der Kritik machen sich die Verleger daran, ihr neu gewonnenes Recht auszureizen. Anwaltsfirmen, die bereits erfolgreich im Dienste der Musikindustrie unterwegs sind, lassen eine amerikanische Plagiaterkennungs-Software für ihre Zwecke umprogrammieren und verschicken Abmahnungen für kurze Zitate, die nicht unter das Zitatrecht fallen, und für aktuelle Links mit Überschriften. Immer wieder werden kleine Blogger getroffen, von denen einige ihre Blogs schließen, die anderen aber hart zurückschlagen. Verfassungsbeschwerden, Boykottaufrufe und Internet-Kampagnen halten die Verleger auf Trab und fressen die geringen Einnahmen auf, die das Leistungsschutzrecht in die Kassen gespült hat.”
In Diskussionen mit den allseits bekannten Wirtschaftsbloggern kamen wir zu dem Schluss, einfach weniger faul zu sein beim Zitieren von Daten und Fakten, die in den Massenmedien wiedergegeben werden. Häufig ist die Primärquelle nur ein Klick von den auswechselbaren Berichten in FAZ, Süddeutsche und Co. entfernt. Statistisches Bundesamt, Bundesagentur für Arbeit, Institute, demoskopische Befunde, Beratungshäusern oder Studien. Das gilt nicht nur für den Wirtschaftsteil.
Zustimmung deshalb für die Anregungen von Jens Scholz:
“Es ist ja nicht so, dass das deutsche Internet eine ganz lokale Veranstaltung ist. Die Welt ist voll mit Newsseiten und es gibt eine riesige Auswahl von Informationsquellen, für die das Leistungsschutzrecht nicht gilt. Ich lese zum Beispiel sehr gerne den Guardian und deutschsprachige Newsquellen gibt es ja auch, zum Beispiel in Österreich oder in der Schweiz.”
Das Leistungsschutzrecht könnte nach Auffassung von Scholz ein guter Katalysator dafür werden, dass wieder mehr gebloggt wird und Blogger eigenständiger, selbstbewusster und relevanter werden.
Wir können uns untereinander stärker vernetzen. Wir können gemeinsam Themen recherchieren. Wir können uns gegenseitig mit unseren Expertisen weiterhelfen. Wir sollten uns stärker gegenseitig zitieren und verlinken. Wir können dokumentieren, dass die publizistische Sauce, die zu den Top-Themen in Massenmedien erscheint, den Nachrichtenwert eines Altpapiercontainers hat. Lasst das Leistungsschutzrecht kommen. Wir schreiben auch fröhliche Nekrologe auf die untergehenden Gestern-Verleger.
So wütend wie Hulk muss man auf das juristische Verlags-Staatsbegräbnis also gar nicht reagieren.
Siehe auch:
Das Problem ist allerdings auch, dass die Berichte von Bloggern nicht zitiert werden. Da hilft es auch nicht, wenn man den Artikel dazu jeden Monat schreibt und die erste Version oft schneller online ist als bei der FAZ (wie bei meinem US-Arbeitsmarktbericht).
Man sollte mal über eine Art zentrale Vergabe von Themen nachdenken. Viele Anlässe für Nachrichten sind ja im Vorfeld bekannt. Konjunkturdaten, Wahlergebnisse, Pressekonferenzen, … Jmd. sagt im Vorfeld: Hej, da schreib ich was zu. Wenn der Artikel online ist, steht er dort und alle anderen Blogger können sehen, wo der steht und dann *diesen* Artikel verlinken. Und nicht zu SPON oder den anderen üblichen Verdächtigen.
Das könnte man am Anfang sogar sehr simpel in einem geteilten Spreadsheet auf Google Docs abfackeln. Termine sammeln, sich melden, benutzen.
Sehr guter Vorschlag.