Wenn Big Data-Algorithmen und sprachgesteuerte Systeme ohne meine Zustimmung anfangen, mich zu klassifizieren und zu stigmatisieren, automatisch meine Bonität herabstufen, einen Wechsel der Krankenversicherung wegen meines vermeintlich exakt berechneten Gesundheitszustandes verhindern oder Personalberatern die Abweisung meiner Stellenbewerbung empfehlen, wird es zu heftigen Gegenreaktionen der Nutzer kommen.
„Das wird noch eine Weile beobachtet und irgendwann reagiert die Gesellschaft“, meint der Systemtheoretiker Gerhard Wohland.
Es folgen Störungen des Systems, die bis zu Boykott und Ausstieg reichen können.
Im Wettbewerb von personalisierten und vernetzten Angeboten werden deshalb nur jene überleben, die einen Vertrauenspakt mit ihren Kunden eingehen, ist sich der Düsseldorfer Unternehmensberater und Smart Service-Blogger Bernhard Steimel sicher.
„Wer Big Data anwendet, kann sich an Open Data nicht vorbeimogeln. Jedes Tracking zur Auswertung von Datenspuren, jede Lokalisierung und jeder Abgleich mit dem Profil eines Internetnutzers darf nur erfolgen, wenn der Kunde es will.“
Friss-oder-stirb-Geschäftsbedingungen könne sich niemand auf Dauer erlauben. Nicht alles, was technisch machbar sei, ist auch kulturell mehrheitsfähig.
„Das Maß aller Dinge ist meine Bereitschaft, Daten von mir preiszugeben. Hier liegt der Kern von Big Data-Anwendungen. Mein digitales Ich, meine digitale Repräsentanz und mein digitales Beziehungsnetzwerk dürfen nicht fremdgesteuert sein. Sozusagen ein Recht auf virtuelle Selbstbestimmung. Die Nutzung dieser Daten kann ich den Big Data-Systemen zu jeder Zeit wieder wegnehmen. Der Datenschlüssel, den ich zur Verfügung stelle, kann abhängig sein vom Zeitpunkt der Nutzung, er kann abhängig sein von Personen, er kann definiert sein für bestimmte Aktionen oder Nutzungsszenarien. Entscheidend ist nur, dass mir die personalisierten Dienste das Leben einfacher machen“, resümiert Steimel.
Die ersten Anbieter, die zu einem neuen Datenpakt mit den vernetzten Konsumenten bereit sind, werden zu den Gewinnern der Netzwerk-Ökonomie zählen. Ein direkter Vertrag könne auch fernab von Facebook und Google über Apps abgeschlossen werden, so Steimel. Dafür eignet sich aber nicht der anmaßende Begriff „Big Data“, sondern eher „Smart Data“.
Das gilt auch für Systeme wie Siri, Alexa oder Cortana, die Stefan Pfeiffer in seinem Blog thematisiert. Unternehmen sollten nach seiner Ansicht für Transparenz und Vertrauen in den Systemen der künstlichen Intelligenz sorgen. Als Beispiel nennt er die Prinzipien seines Arbeitgebers IBM. Klingt vernünftig. Sollten wir auf der Cebit zum Thema machen.
Da haben allerdings einige Tech-Konzerne noch Nachholbedarf. Sinnvoll sind die Dienste – auch für Journalisten. In der Datenpolitik muss allerdings einiges besser werden.
Gute Frage: Können Algorithmen Falschmeldungen entlarven?
Keine Partei beschäftigt sich mit der drängendsten Frage der Digitalisierung – dabei gibt es so viele Fragen.
Hat dies auf http://www.ne-na.me rebloggt.