
Der frühere Volkswagen-Chef Matthias Müller bezieht nach einem Bericht von Business Insider seit Februar ein Ruhegehalt von über 80.000 Euro im Monat. “Der renommierte Vergütungsexperte Heinz Evers rechnete für Business Insider die Müller-Rente aus. Demnach hat der langjährige Top-Manager einen Anspruch von 62 Prozent auf sein Fixgehalt aus dem Jahr 2016, das bei 1,584 Millionen Euro lag. Daraus ergibt sich ein monatliches Ruhegehalt von 81.800 Euro, macht rund 2700 Euro Rente pro Tag. Damit liegt er knapp hinter dem VW-internen Spitzenreiter, seinem Vorgänger Winterkorn (3100 Euro am Tag). Für Müllers Altersversorgung hat der Autobauer über die Jahre mehr als 30 Millionen Euro zurückgelegt”, so Business Insider.
Sind diese satten Abfindungen und ist generell die Höhe der Gehälter von Top-Managern gerechtfertigt? Wenn ich mir anschaue, wie die Karrieren im Kreisverkehr der Deutschland AG in DAX-Konzernen verlaufen, dann sind solche Zahlungen, wie an den ehemaligen Chef von VW inakzeptabel.
Professor Martin Hellwig, ehemaliger Direktor des Bonner Max-Planck-Instituts zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern. konstatiert, dass sich die Managergehälter in den vergangenen 30 Jahren immer drastischer von den Durchschnittslöhnen entfernt haben. Viele Ökonomen erklärten das mit der neuen Macht der Aktionäre. „Weil die Konzerne sich am Finanzmarkt finanzieren konnten, brauchten sie die Banken nicht mehr, die bei ihnen lange mitregiert hatten. Auch Gewerkschafter oder Staatsvertreter bremsten den Anstieg der Gehälter nicht mehr, so die Theorie. Aktionäre bezahlten demnach nun aus eigenen Stücken so gut dafür, dass die CEOs den Börsenwert ihrer Unternehmen nach oben trieben. Später stellte sich allerdings heraus, dass die CEOs auch dann riesige Summen verdienten, wenn der Börsenwert sank oder die Zukunft gleich ganz verspielt wurde. Und es wurde offenbar, was Hellwig schon länger erkanntmhatte: Die Explosion der Chefbezahlung war nicht die Folge von Aktionärsmacht, vielmehr hatten die Manager es wohl selbst so beschlossen“, schreibt die Zeit.
Das fing in den USA an und als Daimler den den amerikanischen Automobilkonzern Chrysler übernahm, war es auch in Deutschland so weit. Man erinnert sich vielleicht noch an die Exzesse des Herrn Schrempp.
Die Macht lag und liegt nicht bei den Aktionären, die auf dem Papier das Sagen haben. „Die eigentliche Macht in den Großunternehmen liegt bei den Managern“, sagt Martin Hellwig im Gespräch mit der Zeit. „Die Bedeutung von ‚Shareholder- Value’, den Börsenkursen und den Boni, ist nicht etwa von den Anlegern erzwungen, sondern von den Managern selbst gefördert worden.“
Wenn es stimme, dass an der Spitze der Großunternehmen gerade keine Rücksicht auf die vielen kleinen Aktionäre genommen wird, dann muss man wohl deren Macht nicht schwächen, sondern stärken, um die Spitzengehälter unter Kontrolle zu halten. Warum haben sich denn die Vorstandsbosse von den Interessen der Aktionäre abgekoppelt? Es liegt an den fundamentalen Machtverschiebungen in den börsennotierten Konzernen.
Am Aktienmarkt sind immer häufiger die privaten Anleger die Verlierer. Unternehmen buhlen um temporär um ihre Gunst, damit sie eine stärkere Streuung der Aktien erzielen können. Dann aber werden sie wieder vernachlässigt und die großen Investoren bestimmen den Takt. In wie weit dient die Finanzwirtschaft eigentlich noch der Realwirtschaft und welche Rolle spielen dabei die Privatanleger am Aktienmarkt? Spielen dabei überhaupt noch unternehmerische Interessen eine Rolle oder geht es nur um den schnellen Gewinn an der Börse, etwa durch Aktienrückkäufe, die immer mehr in Mode kommen.
Es geht um das so genannte Principal-Agent-Problem – das heißt, die Frage, wie man als Eigentümer die im Auftrag handelnden Personen so steuert und überwacht, dass man nicht systematisch betrogen oder am Nasenring vorgeführt wird. Das Shareholder Value-Prinzip hat das Unternehmertum auf finanztechnische Kennziffern reduziert. Gewinn darf man aber nicht mit wirtschaftlich unternehmerischer Leistung verwechseln.
Heutzutage sind Shareholder keine Aktionäre mehr im Sinne des unternehmerischen Eigentümers, sie sind Dealmaker. Die so genannten institutionellen Anleger halten heute fast 70 Prozent der Aktien, während sie 1950 lediglich 9 Prozent besaßen. Den institutionellen Anlegern geht es in erster Linie um die Turnover-Rate, also um Aktienumschichtungen und weniger um unternehmerische Belange, sonst würden diese Manager die Papiere länger halten.
Mein erster Vorschlag gegen die Exzesse bei den Manager-Gehältern und bei den Abfindungen: Wer an der Bestellung des Aufsichtsrates und über diesen Weg an der Corporate Governance mitwirkt, sollte einer Haltefrist unterworfen werden. Wer das nicht tut, darf in der Hauptversammlung kein Stimmrecht haben. Zweiter Vorschlag: Verbesserung der Transparenz bei den Beteiligungsverhältnissen und Offenlegung von Überschneidungen zwischen Top-Management und institutionellen Anlegern. Institutionelle Investoren und Hedge Fonds schlüpfen auch in Deutschland in die Rolle, die ehedem den Großaktionären vorbehalten war. Für alle Akteure auf den Kapitalmärkten der OECD sollten Offenlegungspflichten gelten.