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Meine Konjunkturprognose für 2011 – Wirtschaft wird stärker wachsen als vergangenes Jahr

Für 2010 sagten die Konjunkturforscher ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 1,4 Prozent voraus. Das war viel zu pessimistisch, wie wir mittlerweile wissen. Im vergangenen Jahr legte die Wirtschaft um 3,7 Prozent zu. Dieser Trend soll sich allerdings in diesem Jahr abschwächen. Nach Berechnungen des DIW wird das Bruttoinlandsprodukt 2011 um 2,2 Prozent zulegen, 2012 um 1,3 Prozent. Beim Wachstum 2010 spielten Aufholeffekte eine große Rolle, so das DIW. Die werde es in den nächsten Jahren so nicht mehr geben. Da liegen die VWLer wohl wieder falsch. Was die Glaskugel-Ökonometriker unterschätzen, ist der Faktor Mensch. Darauf hat der Informatik-Professor Karl Steinbuch 1979 hingewiesen. Ich habe das hier schon mehrfach aufgegriffen. Steinbuch berechnete, dass eine seit 1949 jeweils zum Jahresende vom Institut für Demoskopie Allensbach gestellte Frage „Sehen Sie dem neuen Jahr mit Hoffnungen oder Befürchtungen entgegen“ in dem Prozentsatz der Antworten „mit Hoffnungen“ der Entwicklung des realen Bruttosozialprodukts vorauseilt. Der Verlauf des Optimismus folge nach Erkenntnissen von Steinbuch wie das Wachstum des Bruttosozialprodukts Zyklen mit einer Dauer von etwa vier bis fünf Jahren und der Optimismus in der Bevölkerung hinke nicht hinter der Konjunktur her, sondern gehe ihr voraus: Zuerst Optimismus, dann Wachstum.

Die persönliche Einschätzung der Zukunft sei ein besserer Indikator für die Entwicklung der Konjunktur, als die mit großem wissenschaftlichen Aufwand betriebenen Vorhersagen der Wirtschaftsforschungsinstitute – für die der Staat kräftig Steuergelder verprasst. Hier versagen die Modelle der makroökonomischen Erbsenzähler. Denn die wirtschaftliche Dynamik ist nicht nur abhängig von äußeren Faktoren wie Steuerlast oder Arbeitsgesetzen, sondern in hohem Maß auch von Psychologie. Deswegen war meine Konjunkturprognose für 2010 eben sehr viel besser. Selbst inmitten der Finanzkrise blieb die berühmt-berüchtigte German Angst aus. Die Untergangsszenarien spielten sich fast ausschließlich in den Massenmedien ab und war wohl eher ein Indikator für die Stimmung in den Redaktionen.

„Die Gelassenheit der großen Mehrheit geht auf die Kluft zwischen der Nachrichtenlage über die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und den eigenen Erfahrungen zurück. Nach wie vor können die meisten Erwerbstätigen in ihrem Unternehmen keine Anzeichen der Krise erkennen. 31 Prozent sehen in ihrem Unternehmen Auswirkungen; dieser Anteil hat sich in den letzten zwei Monaten nicht verändert. Eine Analyse nach Branchen zeigt, wie unterschiedlich einzelne Wirtschaftszweige betroffen sind. Während sich die Automobilindustrie und ihre Zulieferer im Auge des Taifuns befinden und auch der Maschinenbau mittlerweile stark betroffen ist, erleben die Beschäftigten der Bauwirtschaft, im Handel oder des Gesundheitswesens die Krise überwiegend über die Medien”, schrieb die Allensbach-Chefin Renate Köcher Anfang 2009.

Und wie sieht es in diesem Jahr aus? Nach der neuen Allensbach-Jahresumfrage sehen 56 Prozent dem neuen Jahr mit Hoffnungen entgegen. Eine Steigerung von 11 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Nur noch 13 Prozent votieren für Befürchtungen (Vorjahr: 19 Prozent) und 21 Prozent entscheiden sich für Skepsis (Vorjahr 26 Prozent). Demnach müsste das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr mindestens genauso hoch ausfallen wie 2010. Ende des Jahres sind wir schlauer. Sollte ich richtig liegen, wäre es ein Akt der Höflichkeit, mich endlich in die Liste der besten Konjunkturprognostiker aufzunehmen 😉

Über den Autor

gsohn
Diplom-Volkswirt, Wirtschaftsblogger, Livestreamer, Moderator, Kolumnist und Wanderer zwischen den Welten.

6 Kommentare zu "Meine Konjunkturprognose für 2011 – Wirtschaft wird stärker wachsen als vergangenes Jahr"

  1. Wachstum schön gerechnet
    Umfrage nicht verallgemeinerbar

    so ist das nun mal wenn “sich etwas vormachen” zur Gewohnheit wird.

  2. Steinbuch hat das über einen langen Zeitraum nachgerechnet. Klar ist wohl, dass die Stimmungslage und die Erwartungen der Menschen für die Konjunktur wichtige Indikatoren sind.

  3. Grundsätzlich gilt wie schon eh und je: Je höher das Wachstum, desto besser für die Bürger. Leider ist es heute so, dass vom Wachstum immer weniger in der Bevölkerung ankommt. Denn das Wachstum der stark vom Export abhängigen deutschen Unternehmen findet überwiegend im Ausland statt, wo auch die Erträge erwirtschaftet werden. Hierzulande bauen die Unternehmen zunehmend Vollzeit-Jobs ab, immer mehr Menschen haben weniger Brutto zu Verfügung. Dass vom Brutto netto immer weniger übrigbleibt, spricht sich allmählich auch in breiteren Kreisen herum. Den Bürgern bleibt Jahr für Jahr weniger Geld zum konsumieren – sofern sie sich nicht über Konsumentenkredite weiter und tiefer verschulden. Es ist ja so einfach. Da unser Wachstum aber fast zur Hälfte vom Konsum getragen wird, mag das mit den Hoffnungen zwar stimmen, es ist aber nicht mehr zeitgemäß, ein Prognosetool von 1949 auf die heutige globalisierte Wirtschaft anzuwenden. Wenn, was ich erwarte, die Mineralölpreise übers Jahr hoch sein werden, die Inflation auch dadurch bedingt wieder spürbarere Größen erreicht, und die Menschen druch anhaltende Euro und Stabilitätsdiskussionen verunsichert werden und lieber Geld in sichere Häfen bringen, frage ich mich, wie beim Wachstum eine 3 vor dem Komma stehen kann. Und selbst wenn – siehe oben – leider werden immer weniger Menschen davon profitieren. Die Schere zwischen Wohlhabend und Arm wird auch in diesem Jahr wieder ein wenig weiter aufgehen. Das Drama daran ist, dass nicht erkennbar ist, welcher Politiker oder sonst in der Gesellschaft verantwortliche Tätige die daraus schon für dieses Jahrzehent abehbaren Gefahren erkennt, benennt und sich dagegen stemmt. Ist übrigens alles in Extenso nachzulesen im Buch “Achtung Geld in Gefahr – wie wir jetzt unser Einkommen und Vermögen in Sicherheit bringen”, das ich zusammen mit Martin Hüfner, dem früheren Chefvolkswirt der HVB vor zweieinhalb Jahren geschrieben habe.

  4. @Stimmungslage und die Erwartungen der Menschen für die Konjunktur wichtige Indikatoren sind.

    Das kommt auf die Grundlagen an.
    Wenn immer mehr Menschen die Tendenz ihrer Einkommen in Richtung Existenzminimum haben, dann bestimmt nicht mehr die “Stimmung” den Konsum sondern die Fakten.

    Man kann mit Medien noch so einen Hype auslösen wollen um Kaufinteressen zu wecken, wo jedoch kein Geld ist, kann auch nichts gekauft werden.

    Fakten sind auch das am “Existenzminimum” selbst nun seit 6 Jahren herum gedoktort wird, was wiederum den Wirtschaftskreislauf im Inland ins wanken gebracht hat.
    Dieses Existenzminimum wird nun für 2011 abermals gesenkt.
    So ist es ein Fakt das einer Alleinstehenden Mutter das Elterngeld gestohlen wurde und diese nun 3600 Euro weniger zum Konsumkreislauf beiträgt.

    Dies zieht sich in einem fort.

    So ist es auch ein Fakt, das sich 2011 die Mieten erhöhen werden , da die Berechnung der Grundsteuer für Eigentümer sich nun erhöht.

    Strom, die Erhöhung von 11/2010 mit ca. 4,6% zahlen wir gerade alle und die “Atom-Steuer” lässt noch auf sich warten.

    Benzin: naja….gibts nicht viel dazu zu sagen… meine Vorraussicht 12/2011 werden wir an 1, 60 gewöhnt sein

    Es gäbe bestimmt noch viel aufzuzählen ich hoffe aber das ich mich verständlich machen konnte warum ich nicht davon ausgehe dass realistisch irgendwelche Werte im Positiven Bereich dieses Jahr zu finden sind. Ebenso wenig sind sie es im letzten Jahr gewesen. Wer selbst schon umfangreiche Statistiken erstellt oder ausgewertet hat, dem sollte dies bekannt sein.
    Wir haben auch nicht unter 3 Millionen Arbeitslose.

  5. Trotz dieser Hiobsbotschaften und vielen Ungerechtigkeiten, die ihr beschrieben habt, ist der Ausblick der großen Mehrheit in Deutschland nach wie vor positiv und war es auch nach der Lehman-Krise – obwohl die Massenmedien Panik schürten und Vergleiche mit der Weltwirtschaftskrise von 1929 anstellten. Was völlig absurd war und die Probleme sowie Existenzängste der Menschen von damals in Lächerliche zieht. Und ob die Veränderung des BIP nun etwas über den Wohlstand aussagt oder nicht, die Prognosemodelle der Wirtschaftsforschungsinstitute versagen in schöner Regelmäßigkeit – das ist meine Hauptaussage. Die Brutto-Netto-Frage liegt an den hohen Abgabenlasten – in erster Linie durch die so genannten Lohnnebenkosten. Und die Untergangspropheten, die ständig von Hyperinflation reden, Weltrettungspläne schmieden, Gold als den einzigen sicheren Hafen predigen, sich einseitig auf geldpolitische Themen konzentrieren, waren mir schon immer ein Dorn im Auge. Die verfahren nach dem Motto: Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das Wetter oder es bleibt, wie es ist. Sie reden immer erst nach der Krise schlau daher.

  6. Das Wirtschaftswachstum ist zwar gering, aber es zeugt davon, dass die Krise von den Massenmedien schon nicht zum ersten Mal übertrieben und sogar manchmal erdacht ist. Ich bin auch der Meinung, dass die Stimmung der Menschen tatsächlich ein wichtiger Faktor. Und es freut sehr, die Erwartungen sind eher positiv.

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