Die Bedeutung der so genannten Framing-Theorie ist in vielen empirischen Studien recht eindrucksvoll untermauert worden. Etwa in der Arbeit meiner Frau 🙂

Auszug aus der Untersuchung: In einer Dokumentation der American Broadcasting Company (ABC) über die Tätigkeiten von PR-Agenturen während des Kuweit-Krieges wurde unter anderem berichtet, dass die PR-Agentur Hill & Knowlton eine Erhebung veranlasst hat, um festzustellen, was Menschen berühren oder wütend macht (Kellner 2007, 26). Die Verbindung zwischen gesprochenem oder geschriebenem Wort, den dadurch gezeichneten Bildern und ausgelösten Emotionen und (automatisierten) Gedankengänge umfasst den in der Medienwirkungsforschung diskutierten Framing-Ansatz.
Nach Graber (1984, 23) ist ein Frame „a cognitive structure consisting of knowledge about situations and individuals that has been abstracted from prior experiences. It is used for processing new information and retrieving stored information.” Graber unterteilt Frames in vier Funktionen (ebd. 24): • Sie bestimmen, welche Informationen von einem Menschen wahrgenommen, verarbeitet und zum Wiederabruf gespeichert werden. • Sie helfen dem Menschen dabei, Informationen zu strukturieren und zu bewerten. • Sie haben eine Ergänzungsfunktion, da sie eventuell mehr Informationen enthalten und bereitstellen, als in der aktuellen Situation zur Verfügung stehen. • Sie geben Handlungsmöglichkeiten vor, die schnelles Reagieren ermöglichen. Auch Matthes (2007, 134 ff.) unterscheidet vier Elemente, Frames werden als konsistenter Sinnhorizont bezeichnet „der zu einem Thema verschiedene Überzeugungen miteinander verknüpft“. Die einzelnen Elemente werden wie folgt definiert: • Problemdefinition: Warum ist ein Thema wichtig ist und wird öffentlich diskutiert? (Am Beispiel Krieg: Kriegsverbrechen) • Ursachenzuschreibung: Auf welche Ursachen oder Personen kann die Situation zurückgeführt werden? (Wer sind die Kriegsverbrecher?) • Lösung bzw. Handlungsaufforderung: Wie lauten die Forderung zur Behebung des Problems und welche geeigneten Akteure können das Problem lösen? (Regierung muss in das Kriegsgeschehen eingreifen) • Explizite Bewertung: Wie wird das Problem moralisch bewertet? (Kriegsverbrechen sind unmoralisch und verwerflich) Frames sind also ein Deutungsmuster, oder wie Krüger (2013, 168) beschreibt, eine Brille, durch die der Betrachter auf das Geschehen blickt und mit deren Hilfe er es strukturiert und bestimmte Aspekte ein- oder ausblendet. Eine Hypothese zum Einfluss von Ideologien auf die Konstruktion eines Medien-Frames formuliert Polthoff (2012, 169): „Wenn die Werte, Normen und Grundannahmen, die in einer Ideologie vorherrschend sind, für die Erschaffung eines Frames zu einem bestimmten Thema von Belang sind, dann wird der Journalist die Aussagen innerhalb dieses Frames so gestalten, dass sie im Einklang mit diesen Werten, Normen, Grundannahmen usw. stehen.“

Was Elisabeth Wehling in ihrer Auftragsarbeit für die ARD gemacht hat, ist aber etwas völlig anderes. Sie hat Empfehlungen abgegeben, wie man Framing in den Dienst des öffentlich-rechtlichen Rundfunks stellen kann. Um das mal neutral zu formulieren. Ich möchte nicht abgemahnt werden. Es geht nicht um die Analyse der öffentlichen und veröffentlichten Meinung, es geht auch nicht um die Wirkung von Frames auf das Image der ARD – von Lügenpresse bis Systemmedien. Das wäre ein guter wissenschaftlicher Ansatz gewesen. Wehling hat hingegen eine PR-Fiebel für die ARD erstellt. Das Honorar für das Papier soll angeblich bei 120.000 Euro liegen. Was für eine Frechheit. Herausgekommen ist ein unsägliches Werk mit Neusprech-Anleitungen, die ich als Folterinstrument wahrgenommen habe während der Lektüre.
Kostprobe:
“Kontrollierte Demokratie statt jeder wie er will.
Das Recht auf freie Information überlebt sich nicht.
Das Gute sehen.
Gutes sehen statt Brot und Spiele fürs Volk.
Exzellenz statt Umsatz. Exzellenz statt Profitfixierung.
Demokratie statt Umsatz.”
Ich stimme mit Hans Hütt übrigens nicht überein, dass Framing Etikettenschwindel sei. Die kommunikationswissenschaftliche Arbeit meiner Frau widerlegt das.
Auch in den Wirtschaftswissenschaften gibt es dazu interessante Arbeiten zur narrativen Ökonomie. Siehe die Arbeiten von Birger P. Priddat, Professor für Wirtschaft und Philosophie.
Aber was Wehling für die ARD geschrieben hat, ist nicht wissenschaftlich orientiert, sondern reine PR.
In einem Punkt hat Hans Hütt recht: “Die Haushaltsabgabe als ‘moralischen Auftrag’ hochzujazzen, nährt nur den Zweifel an der Integrität derjenigen, die Zuflucht zu solcher Prosa suchen. Vollends kurios wird das Manual, wenn es in Verkennung des rechtlichen Rahmens, namentlich der Urteile des Bundesverfassungsgerichts, den Zentralbegriff der Grundversorgung als Einladung abtut, damit gelinge den Feinden der ARD, ihr Schrumpfen zu rechtfertigen.”
Wie sehen das eigentlich die festen und freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ARD? Würde dazu gerne via Skype ein paar Reaktionen einfangen – einfach bei mir melden: 0177 620 44 74.
Siehe auch: Eine absurde Debatte um ein misslungenes Papier