Die Veröffentlichung der amerikanischen Diplomaten-Berichte im Spiegel, die von WikiLeaks zur Verfügung gestellt wurden, sind alles andere als eine Sensation. Diese Dokumente sind allenfalls ein Beleg für die jämmerliche Profanität des politischen Diskurses. Interessanter sind schon die Reaktionen des politischen Führungspersonals auf den irreversiblen Kontrollverlust und die “informationelle Revolution” – wie es Tagesspiegel-Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff und Blogger Sascha Lobo in der ARD-Talkrunde bei Anne Will ausdrückten.
Geheimniskrämerei funktionierte vielleicht noch in der Zeit des Fürsten Metternich. Die Mini-Machiavellisten unserer Tage sind mit der neuen Transparenz des Netzes sichtlich überfordert. Sie reden von Verbrechen, Datenhehlerei (betreibt WikiLeaks mit den Daten einen lukrativen Handel, Herr Kocks?), Diebstahl und von einem Anschlag auf die Sicherheit. Sofort werden Forderungen nach strengeren Regeln für den Datenschutz laut.
Technologisch ist das nicht mehr zu bewältigen. Entsprechend sollten sich die Führungskräfte von Politik und Wirtschaft auf einen härteren Schlagabtausch mit der Öffentlichkeit einstellen und nicht so windelweich reagieren wie US-Botschafter Philip Murphy. Politiker und Manager schrumpfen in ihrer funktionalen Machtposition zu Gartenzwergen. Wir verlieren unseren Respekt vor diesen mittelmäßigen Gestalten. Und wenn sie ihre Arbeit nicht ordentlich verrichten, uns belügen und betrügen, werden sie vom Hof gejagt.
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