Machiavellisten ziehen gegen Wikileaks alle Register – US-Justizministerium verlangt Twitter-Benutzerdaten

Sind die Vertreter des Staates vertrauenswürdige Hüter des Datenschutzes? Wer das glaubt, hat Machiavelli wohl nicht richtig oder gar nicht gelesen. Die Hatz der amerikanischen Regierung gegen Wikileaks-Gründer Julian Assange ist ein Lehrbeispiel für den Machterhaltungstrieb der politischen Klasse. Nur darum geht es. Machtbalance erhalten wir nur durch eine schonungslose Transparenz, durch Enthüllungen und durch Meinungsfreiheit – und das ist keine Selbstverständlichkeit. Wie gefährdet die Freiheitsrechte sind, erkennt man an dem jüngsten Vorgehen des US-Justizministeriums. Es verlangt von Twitter sämtliche Benutzerdaten von prominenten WikiLeaks-Unterstützern: „Betroffene erfahren erst jetzt von der Entscheidung – sie haben zehn Tage zur Gegenwehr“, berichtet Spiegel Online. Nur die Betroffenen haben die Möglichkeit zur Gegenwehr? Was macht eigentlich Twitter? Das Unternehmen könnte sich auch auf die Hinterbeine stellen und juristisch Widerstand leisten. Was ist nun konkret abgelaufen?

„Am Freitagabend europäischer Zeit bekam der niederländische Hacker Rop Gonggrijp Post von Twitters Rechtsabteilung. Gonggrijp zitiert aus diesem Schreiben. Demnach erklärt der Vertreter der US-Firma, Twitter sei von einem US-Gericht angewiesen worden, bestimmte Informationen über den Twitter-Account von Gonggrijp herauszugeben. Twitter erklärt, man werde der Gerichtsentscheidung am 17. Januar Folge leisten, sollte Gonggrijp nicht Rechtsmittel einlegen. Juristischen Rat könne man ihm nicht geben, vielleicht würde er sich an die US-Bürgerrechtsgruppen EFF oder ACLU wenden wollen. Ähnliche Schreiben haben am Freitag mehrere WikiLeaks-Unterstützer erhalten. Neben Gonggrijp zum Beispiel auch die isländische Parlamentsabgeordnete Birgitta Jónsdóttir, die gegen neun Uhr abends deutscher Zeit per Twitter mitteilte: ‚Gericht verlangt von Twitter Informationen über meinen Account (im Hinblick auf WikiLeaks)‘. Jónsdóttir war von Medien im vergangenen Jahr mehrfach als WikiLeaks-Sprecherin zitiert worden, sie hatte sich aber zuletzt von der Organisation distanziert. Auch der US-Programmierer Jacob Appelbaum berichtet, Twitter habe ihn über eine Anordnung im Hinblick auf seinen Twitter-Account informiert. Appelbaum hatte 2010 bei der Hacker-Konferenz „Hope“ in New York den WikiLeaks-Gründer Julian Assange vertreten“, so Spiegel Online.

Das US-Justizministerium verlangt Klar- und Benutzernamen und alle verfügbaren Informationen über andere Identitäten, Privat- und Geschäftsadressen, E-Mail-Adressen und alle anderen Kontaktdetails, sämtliche Details über die Twitter-Nutzung (Verbindungsdaten, Art der genutzten Dienste, Dauer der Verbindungen), IP-Adressen, Telefonnummern, Verbindungsdaten und alle Netzwerkinformationen, die im Zusammenhang mit der Twitter-Nutzung angefallen sind. Das zuständige US-Gericht erklärte die eigene Entscheidung zur Geheimsache.

Gegen dieses Verbot hat sich Twitter allem Anschein nach gewehrt – das ist ja auch das Mindeste, was man erwarten kann. So soll eine gerichtliche Entscheidung, die am 5. Januar getroffen wurde, das Sprechverbot aufgehoben haben.

Vom anfänglichen Glanz der Obama-Regierung ist wenig übrig geblieben. Traurig. Und was wird die Merkel-Regierung zu diesem Skandal rausposaunen? Sie hat ja zaghaft die Demontage der Pressefreiheit in Ungarn kritisiert? Und das aus gutem Grund. Wird sie zum Vorgehen von Onkel Sam schweigen? Wenn es um die nationale Sicherheit geht, wird die Freiheit gerne mal geopfert. Es geht ja um das Wohl einer ganzen Nation. Für die totale Sicherheit können doch ein paar Twitter-Konten geknackt werden. So schnell sollten wir aber nicht zur Tagesordnung übergehen.

Siehe auch:
Stieg Larsson, Assange und die Schweden-Verschwörung.

WikiLeaks, Thoreau und die Umlenkung der Staatsgewalt gegen den Staat selbst.

Hacker-Ethik versus Staatsbürokratien – Eine erste Entscheidungsschlacht #wikileaks.