
Seit über zehn Jahren gibt es den „Ersten Arbeitskreis Social Media in der B2B-Kommunikation“, gegründet von Jacqueline Althaller von ALTHALLER communication. In einer Langzeitstudie untersucht die Initiative im Verbund mit der LMU München die Kommunikationsstrategien der Unternehmen im Netz. Im Interview mit DigitalX erläuterten Althaller und Meike Leopold die Ergebnisse der Untersuchung im ersten Halbjahr 2021.
Erste Erkenntnis: Fast jede B2B Unternehmen ist auf Plattformen unterwegs: 96 Prozent. Erstmalig muss das Ranking der Big Five neu buchstabiert werden. Twitter verliert seinen lange verteidigten fünften Platz an Instagram. Das liege wohl an der Reichweiten-Orientierung vieler Entscheider, die meistens aus dem Marketing kommen, sagt Leopold.
Der zweite große Gewinner ist LinkedIn. „Mittlerweile nutzen knapp 80 Prozent der Befragten die Plattform, die sich durch ihren internationalen Charakter auszeichnet“, betont Althaller. Es geht vor allem um die Stakeholder-Ansprache. Die sei auf LinkedIn bedeutsamer als auf Twitter. Weitere Besonderheit: „Medien und Journalisten tauchen als Zielgruppe in unserem Ranking überhaupt nicht mehr auf.
Sie sollen offenbar nicht mehr Social Media angesprochen werden. Stattdessen stehen Geschäfts- und Kooperationspartner hoch im Kurs, vor allem auf LinkedIn. Im Gegensatz zu Twitter wird das Netzwerk vor allem genutzt, um erklärungsbedürftige Themen präzise darzustellen, eigene Fachartikel und Live-Streams zu veröffentlichen und um sich global mit relevanten Personen zu vernetzen“, erläutert Althaller.
Fast alle Unternehmen nutzen die Chance, ihre Inhalte einer breiten Zielgruppe zu präsentieren, ohne dabei den Weg der traditionellen Pressearbeit gehen zu müssen, die den journalistischen und redaktionellen Regeln und Richtlinien folgt. „Das enorme Potenzial, das soziale Medien allein durch die direkte, filterlose Ansprache der Zielgruppen mitbringen, hat B2B erkannt“, erläutert Althaller. Was ist den Unternehmen wichtig: Ganz oben steht die Zahl der Follower und Fans, gefolgt vom Anteil der Webbesucher aus Social Media, Shares und Retweets, Anzahl der Kommentare, Verweildauer, Anteil Unique User, Erwähnung der Marke, Wiederkehrerquote. Als Erfolgsrezepte für die B2B-Kommunikation werden interessanter Content, Glaubwürdigkeit, Ehrlichkeit, Kontinuität, Transparenz, Konsistenz der Botschaften und Mitarbeitende als Botschafter genannt.
Drei von vier befragten Unternehmen wollen den Social-Media-Einsatz ausbauen. Empfehlung von Althaller und Leopold. Social Media müsse Chefsache werden. Die Verankerung im Management werde immer wichtiger. Zudem sind Freiräume für sogenannte Corporate Influencer oder Corporate Blogger im eigenen Unternehmen essentiell. Die Hemmschwelle und Unsicherheit, die eigene Meinung im Internet zu zeigen, ist immer noch hoch. Es gibt im Top- Management viele Bedenkenträger. Sie wollen alle Facetten der Kommunikation nach außen und innen steuern und beeinflussen.
Man braucht deshalb Vorbilder und experimentierfreudige Pioniere, die mit gutem Beispiel vorangehen – die vielleicht sogar schon privat einen eigenen Blog, Video- oder Podcast-Formate betreiben. Interessant ist vor allem die Beobachtung, dass Unternehmensaccounts im Allgemeinen weit weniger Reichweite und Engagement erzielen, als wenn dieselben Inhalte, über persönliche Accounts von Mitarbeitern geteilt werden. Wer nur den offiziellen Weg über Websites oder stromlinienförmige PR-Botschaften geht, blockiert die Netzwerkeffekte der eigenen Influencer. Also macht Euch endlich locker und lasst Eure Leute von der Leine. Buchtipp: Jacqueline Althaller und Meike Leopold, Aufbruch in die digitale Dimension, Redline Verlag.