Maschinelle Intelligenz: Grenzen und Potenziale im Vergleich zum menschlichen Monopol #Notizzettel: Vorbereitung eines Interview mit Reinhard Karger vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz

In einem herausfordernden Artikel für die Frankfurter Allgemeine Zeitung stellt Reinhard Karger, Mitglied des Aufsichtsrats des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), die Wechselwirkungen zwischen Mensch und maschineller Intelligenz in den Vordergrund. Karger argumentiert, dass maschinelle Intelligenz zwar ein mächtiges Werkzeug ist, jedoch nicht mit menschlicher Weisheit gleichgesetzt werden sollte.

Karger greift auf Aristoteles‘ antike Vorstellungen von Werkzeugautonomie zurück, um zu zeigen, dass die Idee selbsttätiger Werkzeuge tief in unserer Geschichte verwurzelt ist. Er betont, dass Maschinen menschliche Handlungsspielräume erweitern und Arbeit erleichtern, aber nicht das menschliche Denken ersetzen können. Maschinen sind in ihrer Fähigkeit, komplexe menschliche Wissensfähigkeiten wie Sprache, Emotionen und soziale Intelligenz nachzuahmen, begrenzt.

Ein zentrales Element des Artikels ist die Diskussion über Qualia – subjektive Empfindungen, die nur Menschen erleben und die für soziale Intelligenz essentiell sind. Karger argumentiert, dass Maschinen zwar Daten verarbeiten und Muster erkennen können, aber nicht in der Lage sind, menschliche Emotionen und Absichten zu erfassen oder zu verstehen. Diese Grenze stellt eine fundamentale Differenz zwischen menschlicher und maschineller Intelligenz dar.

Karger betont weiterhin die Wichtigkeit von „Trusted AI“ – vertrauenswürdiger Künstlicher Intelligenz – und die Notwendigkeit, robuste Systeme zu entwickeln, die transparent und nachvollziehbar sind. Er sieht die Zukunft in der Kombination symbolischer und subsymbolischer Verarbeitung, um die Stärken beider Ansätze zu nutzen und die Schwächen zu überwinden.

Abschließend wirft Karger einen optimistischen Blick auf die Zukunft und sieht in KI ein entscheidendes Werkzeug zur Bewältigung globaler Herausforderungen in Bereichen wie Bildung, Gesundheit, Mobilität und nachhaltiger Entwicklung. Er betont jedoch, dass maschinelle Intelligenz nur dann erfolgreich sein wird, wenn sie die menschlichen Werte und die soziale Intelligenz respektiert und ergänzt, anstatt zu versuchen, sie zu ersetzen.

Soweit zum Beitrag von Reinhard Karger, mit dem Sohn@Sohn Ende nächster Woche ein Interview führen. Wir wollen dabei auf folgende Aspekte eingehen: Wie gut ist Deutschland in der KI-Forschung und in der Anwendung und wie sieht es in Europa aus? Zudem wollen wir auch den Gastbeitrag von Professorin Monika Schnitzer in der FAZ aufgreifen:

Schnitzer, Vorsitzende des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, legt in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung dar, wie China im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) einen signifikanten Vorteil erlangt hat, der weitreichende Konsequenzen für den Westen birgt.

Schnitzer hebt hervor, dass chinesische Plattformen wie Alibaba und TikTok durch die Nutzung großer Datenmengen in ihrem Heimatmarkt ihre KI-Technologien verbessern und sich so erfolgreich auf dem globalen Markt positionieren konnten. Diese Entwicklung wird durch die Tatsache verstärkt, dass diese Unternehmen in China ohne die Konkurrenz westlicher Plattformen wachsen konnten.

Ein besonderes Augenmerk legt Schnitzer auf die Rolle von Überwachungstechnologie und deren Export durch chinesische Unternehmen. Sie weist darauf hin, dass insbesondere in Autokratien eine hohe Nachfrage nach solcher Technologie besteht, was chinesischen Anbietern ermöglicht, ihre Produkte zu verbessern und ihren Einfluss international auszubauen. Dabei festigt sich Chinas komparativer Vorteil in Überwachungstechnologien.

Schnitzer bezieht sich auf Studien, die zeigen, dass Autokratien von KI-Innovationen, insbesondere im Bereich der Überwachung, profitieren können. Chinesische Unternehmen sind daher in der Lage, ihre Überwachungssoftware in mehr als 80 Länder zu exportieren, was ihnen zusätzliche Daten und somit weitere Innovationsmöglichkeiten verschafft.

Für westliche KI-Unternehmen stellt diese Entwicklung eine Herausforderung dar, da sie nicht mit vergleichbarer staatlich geförderter Nachfrage rechnen können. Zudem betont Schnitzer die politische Brisanz des chinesischen Exports von Überwachungssoftware, da er dazu beiträgt, autokratische Strukturen in anderen Ländern zu festigen und den Einfluss Chinas international zu stärken.

Abschließend unterstreicht Schnitzer, dass diese Entwicklungen die Annahme infrage stellen, dass freier Welthandel automatisch zur Verbreitung liberaler Institutionen führt. Dies stellt keine guten Aussichten für die westliche Welt dar, insbesondere in Anbetracht der technologischen und politischen Machtverschiebungen, die durch Chinas Vorsprung in der KI-Entwicklung entstehen.

Da interessiert mich immer noch die Frage, wie gut China in Wirklichkeit ist, wenn man mal die Parteipropaganda der KP-China abzieht. Bei Haufe New Management bin ich darauf eingegangen:

Angeblich werden wir vom Reich der Mitte bei Digitalisierung, E-Mobilität und KI-Forschung überrollt. Da überschätzen Harhoff und der ehemalige FDP-Bundestagsabgeordnete Thomas Sattelberger die Innovationskraft der kommunistischen Staatsbürokraten in Peking. Das hat der Sinologie-Professor Daniel Leese bei einer Tagung der Carl-Friedrich-von-Siemens-Stiftung gut zum Ausdruck gebracht. Es ging um Alexis de Tocqueville und den Meisterdenker der KP-China Wang Huning.

Der Modernisierungspfad sei eher die Schwäche des chinesischen Staates, sagt Leese: „Die Innovationskraft der Unternehmerinnen und Unternehmer entfaltete sich in einem eher schwachen regulatorischen Umfeld, die die Politik der 1980er und 1990er Jahre maßgeblich geprägt hat.“

Wir sollten uns vor dem Wettbewerb der politischen Systeme nicht fürchten. Zentralistisch miserabel gesteuerte Staatsbürokratien sind völlig ungeeignet für den Innovationswettbewerb.

Wer Internet-Unternehmer in den Knast steckt, kann wohl kaum innovativ sein. Staatsbürokraten wie der Diktator Xi Jinping sind wenig geeignet, Sprunginnovationen anzustoßen, zu planen oder am Markt durchzusetzen. Sie spionieren und schikanieren ihr Land eher mit Überwachungsterror und hausmeisterlich brüllenden Drohnen. Wir sollten uns vor dem Wettbewerb der politischen Systeme nicht fürchten. Zentralistisch miserabel gesteuerte Staatsbürokratien sind völlig ungeeignet für den Innovationswettbewerb.

Wir brauchen eine Politik, die Individualität, Partizipation und Ideen-Vielfalt fördert. Auf dem Zukunftstag Mittelstand in Berlin war das beim Thema Künstliche Intelligenz gut zu beobachten. Etwa beim Einsatz von semantischen Webanwendungen für die individualisierte Kundenkommunikation von Unternehmen. Oliver Gürtler, Leiter des Mittelstandsgeschäfts bei Microsoft Deutschland, hat das gut erläutert. ChatGPT als digitaler Concierge: Solche Innovationen gedeihen nur in einer liberalen demokratischen Ordnung.

6 Gedanken zu “Maschinelle Intelligenz: Grenzen und Potenziale im Vergleich zum menschlichen Monopol #Notizzettel: Vorbereitung eines Interview mit Reinhard Karger vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz

  1. gsohn

    Fragen an Karger – Christoph Kappes:

    Als jemand, der gerade mit einer KI-basierten Lösung an den Markt geht, interesssiert mich zur Abwechslung mal nicht Ethik oder Intelligenz, sondern die strategische Frage, wie man sich als deutscher Anbieter differenzieren könnte. Vielleicht lässt sich auch etwas zu Aleph Alpha entlocken, meine Erfahrungen sind in mehrfacher Hinsicht enttäuschend.

  2. gsohn

    Dr. Lars Immerthal
    Mich würde interessieren, wie wir uns eine Kooperation mit der KI vorstellen dürfen, insbesondere wenn diese als Akteur „handeln“ kann.

  3. gsohn

    Thomas Jenewein
    Mich würde vor allem interessieren, wie wir die Akzeptanz und Nutzung mit unseren Stärken am Standort Deutschland optimieren kann.
    Zum Beispiel föderale Strukturen, starker Mittelstand, kritisches Denken…. Wie weit wir hinter China oder Nordamerika liegen, wissen wir ja – mich interessiert daher ein lösungsorientiert Bild, mit Anregungen, was zudem jeder und jede selbst tun kann, neben Anpassungen am Betriebssystem hier in DE.

  4. gsohn

    Dr. Karl Johannes Lierfeld: Oh ja! Wie könnte der Kantische kategorische Imperativ für eine zukunftsfähige KI Ethik „aufgebohrt“ werden?

  5. gsohn

    Weitere Fragen aus dem Netz: Mensch vs. Maschine: In deinem Artikel betonst du die Unterschiede zwischen menschlicher und maschineller Intelligenz. Kannst du näher erläutern, wie maschinelle Intelligenz die menschliche Weisheit ergänzen, aber nicht ersetzen kann?

    Werkzeugautonomie und Ethik: Du beziehst dich auf Aristoteles und die Idee der Werkzeugautonomie. Wie siehst du die ethischen Implikationen von autonomen Systemen in der heutigen Gesellschaft?

    Qualia und Emotionale Intelligenz: Du diskutierst das Konzept der Qualia und dessen Bedeutung für soziale Intelligenz. Glaubst du, dass es in Zukunft möglich sein könnte, dass Maschinen ein gewisses Maß an emotionaler Intelligenz oder sogar ein Verständnis für menschliche Empfindungen entwickeln?

    Trusted AI: Du sprichst die Notwendigkeit von „Trusted AI“ an. Wie können wir sicherstellen, dass KI-Systeme transparent, nachvollziehbar und ethisch verantwortungsvoll entwickelt werden?

    Symbolische vs. Subsymbolische Verarbeitung: Du erwähnst die Kombination symbolischer und subsymbolischer Verarbeitung in KI. Kannst du Beispiele geben, wo diese Kombination bereits erfolgreich eingesetzt wird oder großes Potenzial zeigt?

    KI und globale Herausforderungen: Du siehst KI als entscheidendes Werkzeug zur Bewältigung globaler Herausforderungen. Welche spezifischen Anwendungen von KI könnten deiner Meinung nach den größten Einfluss in Bereichen wie Bildung, Gesundheit und nachhaltiger Entwicklung haben?

    Chinas Rolle in der KI: Angesichts der Diskussionen über Chinas Fortschritte in der KI und den Einsatz von Überwachungstechnologien, welche Strategien sollten Deutschland und Europa verfolgen, um im globalen KI-Wettbewerb wettbewerbsfähig zu bleiben, ohne ethische Prinzipien zu kompromittieren?

  6. gsohn

    Marcel Weiß in einem Gastbeitrag für die FAZ: „Open-Source-Modelle sind formbarer. Sie geben mehr Gestaltungsspielraum – während mit GPT-4 nur das gemacht werden kann, was Open AI und Azure über die jeweiligen Schnittstellen als Funktionalität freigeschalten….Wenn die deutsche Wirtschaft nicht für alle Zeit eine Art „KI-Steuer“ in Form von API-Gebühren an Microsoft & Co. zahlen möchte, muss sie diese Wertschöpfung selbst umsetzen oder von hiesigen Cloud-Anbietern beziehen können, die im gegenseitigen Wettbewerb stehen. Open Source eröffnet viele Möglichkeiten für ein ausdifferenzierteres Ökosystem.“

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