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@jsuedekum Entschuldung der Kommunen überfällig

In einem 18-teiligen Thread hat Jens Suedekum sehr eindrücklich die Problematik der überschuldeten Kommunen beschrieben. Wichtig sind vor allem die Ursachen und die Wirkungen der hohen Schulden – und hier spielt der Bund eine große Rolle. Deshalb ist die Initiative von Finanzminister Olaf Scholz zur Entschuldung der Kommunen keine Großtat, sondern eine Bringschuld der Bundesregierung.

Wegen der bundesweit rückläufigen Bevölkerungszahlen wird sich der Wettbewerb der Kommunen um Bewohner, insbesondere um Familien und gut verdienende Steuerzahler, verschärfen. Dabei wird die Zahl der Gewinnergebiete schrumpfen und die der Verlierer zunehmen. Tendenziell dürften sich nur die größeren Städte stabilisieren, während ländliche Gemeinden verlieren. Gegenwärtig schrumpfen oft noch die Kleinstädte am stärksten, weil dort noch eine relativ junge Bevölkerung lebt, die auf der Suche nach Ausbildungs- und Arbeitsplätzen sehr mobil ist. In Zukunft ist jedoch zu erwarten, dass sich die Kleinstädte bei einer deutlich geringeren Einwohnerzahl stabilisieren, während manche Dörfer von den Landkarten verschwinden werden.

Die starken Bevölkerungsverluste führen in ländlichen Gemeinden wie in Kleinstädten nicht nur zu Leerstand und Verfall von Gebäuden, sondern bereiten auch den kommunalen Finanzen Probleme. Denn Schrumpfung bedeutet stets einen Rückgang der Einnahmen durch weniger Steuer- und Gebührenzahler bei kaum geringeren oder sogar höheren Infrastrukturkosten. Verursacht werden diese durch überdimensionierte Wasser-, Abwasser-, Strom- oder Verkehrsnetze, deren Wartungs- und Instandhaltungskosten bestehen bleiben oder sich sogar erhöhen, wenn es weniger Nutzer gibt. Besonders teuer wird es, wenn Infrastruktursysteme aufgrund zu weniger Nutzer auszufallen drohen. 

Hier erst einmal mit einer Entschuldung der betroffenen Kommunen zu reagieren, ist einer erster Schritt in die richtige Richtung.

Auch flexible und dezentral organisierte Arbeitszeitmodelle der Unternehmen könnten diesem Trend entgegenwirken. Die Qualität der Arbeit darf keine Frage des Standorts sein – ortsunabhängige und distanzfreie Arbeitsplätze sind technologisch durch Cloud Computing, Video-Kommunikation, mobile Netzwerke und Smartphones.

Bei den Kindern der Babyboomer, die jetzt auf den Arbeitsmarkt drängen, würde man mit solchen Konzepten auf Zuspruch stoßen. Sie sind nach einer Studie des Beratungshauses Harvey Nash in der Regel technologieaffin und arbeiten lieber in virtuellen Teams als in tiefen Hierarchien. Sie fordern Selbstbestimmung und Sinn in ihrer Arbeit. Berufseinsteiger wollen Transparenz. „Hochglanzbroschüren interessieren sie nicht, wohl aber die Bewertung ihrer Firma in sozialen Netzen”, schreibt Harvey Nash. Na dann.

Über den Autor

gsohn
Diplom-Volkswirt, Wirtschaftsblogger, Livestreamer, Moderator, Kolumnist und Wanderer zwischen den Welten.

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