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Die Sache mit dem Geld: Warum man die Hütchenspiele der Spekulatius-Boys verbieten sollte

Gerade habe ich einen Kommentar auf Facebook gelesen:

Wer dem Staat Geld anvertraut, ist selbst schuld.

Staat immer böse, privat immer gut? Oder umgekehrt, wie in der Datenschutzdebatte? Eine Sichtweise, die etwas zu simpel ist.

Ist oder war das Geld bei Lehman oder den Fonds von Nobelpreisträgern viel besser aufgehoben? Etwa bei Myron Scholes und Robert Merton, die für ihre „Verdienste“ mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet wurden. Ihre theoretischen Fata-Morgana-Obsessionen setzten sie in dem Hedge Fonds „Long-Term Capital Management“ in die Praxis um. „Die Instrumente, mit denen sie arbeiteten, waren damals nur einer Minderheit von Eingeweihten vertraut: ABCPs, Carry Trades, CDOs, Optionen, Leerverkäufe, Derivate und andere, noch exotischere ‚Produkte‘“, schreibt Hans Magnus Enzensberger in seinen „Mathematischen Belustigungen“ (edition unseld). In den ersten Jahren erwirtschafteten sie mit einem Eigenkapital von nur vier Milliarden Dollar eine Rendite von 30 bis 40 Prozent. Das biblische Mirakel der Brotvermehrung mutet dagegen kümmerlich bescheiden an.

Die Modelle der preisgekrönten „Wissenschaftler“ beruhen allerdings auf Simplifizierungen der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Die Gaußsche Normalverteilung widerspricht der Realität des Marktes. „Dazu kommt noch eine weitere Fehlerquelle. Die Modelle, mit denen Händler, Banken und Versicherungen arbeiten, sind, wie der Mathematiker Yuri Manin sagt, in hohem Maße in der Software ihrer Computer codiert. Damit gängeln diese Programme als eine Art Kollektiv-Unbewusstes das Verhalten der Akteure“, führt Enzensberger aus.

Aber gerade die unerwarteten Umstände schaufelten das Spekulationsgrab, in das Scholes und Merton hineinfielen. Der Hedge Fonds LTCM kollabierte 1998, führte zu einem Verlust von über vier Milliarden Dollar und machte einen Rettungsplan notwendig, an dem sich bekannte Namen als Samariter betätigten: Bear Stearns, Lehman Brothers, Merill Lynch, Morgan Stanley und Goldman Sachs – natürlich auch die Deutsche und Dresdner Bank. Scholes wurde zwar wegen Steuerhinterziehung in Höhe von 40 Millionen Dollar verurteilt, arbeitet aber nach wie vor als Fondsmanager. Und Merton? Er lehrt wieder Ökonomie an der Harvard Business School, wo er die Analysten der Zukunft ausbildet – mit Betonung auf Anal und wenig lyse. Für beide Spekulatius-Luschen beantrage ich die Aberkennung des Nobelpreises, wenn das überhaupt geht. Schließlich müssen auch des Dopings überführte Tour-de-France-Sieger ihre Krone wieder zurückgeben.

Also nicht nur alles auf den Staat schieben. Die Phantasiegeschäfte von Typen wie Scholes oder Merton, die Betrügereien über Strohmänner-Geschäfte von Privat Equity-Fonds, die reiche Anleger auf den Cayman Islands hinter Briefkasten-Firmen verstecken und übernommene Unternehmen ausbluten lassen, haben nichts, aber auch überhaupt nichts mit der öffentlichen Hand zu tun.

Allerdings könnte der Staat etwas tun. Diese Geschäfte mit anmaßenden Renditeversprechen schaden der Realwirtschaft, Ein ehrbarer Kaufmann könnte mit normalen und legalen Mitteln die Gewinne von Spekulanten-Fonds nie erwirtschaften. Das sind schlichtweg Hütchenspiele, die man verbieten muss.

Über den Autor

gsohn
Diplom-Volkswirt, Wirtschaftsblogger, Livestreamer, Moderator, Kolumnist und Wanderer zwischen den Welten.

1 Kommentar zu "Die Sache mit dem Geld: Warum man die Hütchenspiele der Spekulatius-Boys verbieten sollte"

  1. Das Vwebot solcher Hütchenspiele setzt allerdings Lernwillen und-fähigkeit von Politikern voraus.

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