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Technokratische Metaphern und ihre Auswirkungen auf das Denken

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Die Frage, die den Predigern des Managements gestellt werden sollte, ist, wie
viel Wert all ihre Empfehlungen, Modelle, Regeln und nicht überprüfbaren Thesen
haben, wenn es um die Rolle von Glück und Zufall geht. Michael Lewis geht in seinem Buch “Aus der Welt” darauf ein und thematisiert dabei die Forschungsarbeit der Verhaltensökonomen Daniel Kahneman und Amos Tversky.

Sollte Erfolg nicht eher mit Glück als mit Ehrgeiz, Fleiß und Disziplin gleichgesetzt werden? Ob beispielsweise ein neuer oder eine neue CEO ein Unternehmen zum Erfolg führen wird oder nicht, lässt sich nur selten zuverlässig vorhersagen.

Besonders schwierig wird es, wenn man auf wackelige Managementmodelle zurückgreift, die sich nicht überprüfen lassen oder bewusst einer Überprüfung entziehen. Das ist natürlich schlecht für das Ego von Beratern und Führungskräften. Eine Studie von Chengwei Liu (Universität Warwick) und Mark de Rond (Business School der Universität Cambridge) kommt zu dem Schluss, dass Manager nur ungern über Glück sprechen. Die beiden Forscher werteten knapp 2000 Studien aus 60 Jahren aus und stellten fest, dass nur zwei Prozent davon sich mit dem Einfluss des Glücks auf den Unternehmenserfolg oder die Leistung von Führungskräften beschäftigten.

Laut Liu leiden Führungskräfte unter einer Illusion: Sie halten die Welt für kontrollierbarer und vorhersehbarer, als sie wirklich ist. Sie sind besessen von Kennzahlen und geraten in die Falle der Selbstüberschätzung und dem schönen Schein der tollen Zahlen, die von der eigenen Entourage auch geliefert wird: Malen nach Zahlen.

Liu und de Rond machen in ihrer Studie einen radikalen Vorschlag: Spitzenpositionen in Unternehmen sollten einfach unter geeigneten Kandidaten verlost werden. Das wäre günstiger, schneller und am Ende genauso erfolgreich wie langwierige Bewerbungsprozesse. Was für eine Zumutung für diejenigen, die sich hinter technokratischen Metaphern verstecken, um die Schwäche ihrer theoretischen und praxisrelevanten Ansätze zu verschleiern. Technokratische Metaphern und Begriffshuberei sind ein bequemer Ersatz für das Denken. Sie bleiben im Gedächtnis haften und können das Urteilsvermögen beeinflussen, selbst wenn sie unangemessen, nutzlos oder irreführend sind. Sie verdecken echte Unsicherheiten in Bezug auf die Welt und sind nichts weiter als ein Deckmantel. Der verstorbene Psychologe Amos Tversky hat dies in seinen Schriften deutlich gemacht.

Hinter modern klingenden Begriffen der Management-Bla-Bla-Welt verbirgt sich oft die alte ökonomistische Fabriklogik, die darauf abzielt, Organisationen effizienter zu machen. Egal ob man bunte Knöpfchen nach Gamification-Muster in der Fabrikhalle drückt oder am Laptop E-Mails nach Zeitvorgabe bearbeitet, die Arbeit im Büro ähnelt immer mehr der Arbeit in der Fabrik. Kleine, standardisierte Arbeitsschritte werden unter Zeitdruck wie an einem digitalen Fließband am Computer erledigt und von Software protokolliert, erklärt Johannes Böhme in einem Artikel in der Zeitschrift brandeins.

So wird das nichts mit der Wissensökonomie.

Über den Autor

gsohn
Diplom-Volkswirt, Wirtschaftsblogger, Livestreamer, Moderator, Kolumnist und Wanderer zwischen den Welten.

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