„Rundfunk im Sinn des Rundfunkstaatsvertrages ist ein linearer Informationsdienst, der für die Allgemeinheit und zum zeitgleichen Empfang bestimmt ist und die Veranstaltung und Verbreitung von Angeboten in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen zum Inhalt hat. Private Veranstalter bedürfen zur Veranstaltung von Rundfunk einer Zulassung, §20 Abs. 1 Satz 1 RStV. Bundesweite Fernsehangebote bedürfen der medienrechtlichen Prüfung durch die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) sowie die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK). Für die Prüfung eines bundesweiten Zulassungsantrages rechnen Sie bitte mit einem zeitlichen Aufwand von zwei bis drei Monaten (!) bis zur abschließenden gebührenpflichtigen Genehmigungserteilung.“
Verstöße gegen dieses prächtige Regelwerk der Echtzeitkommunikation können mit einer Geldbuße von bis zu 500.000 Euro geahndet werden.
„Nach unserer Einschätzung erfüllt Ihr Vorhaben die Kriterien des Rundfunkbegriffs. Insbesondere ist auch das Kriterium der Linearität gegeben“, teilten uns die zuständigen bayerischen Beamten mit.
Wenn ich nun die Hangout-Sessions in Belgien oder Holland starte, endet die Kompetenz der Bundesländer. Da das Internet nach föderalen Prinzipien nicht kontrolliert oder gar reguliert werden kann, wäre es ein Gebot der Vernunft, sofort eine kleine Änderung des Rundfunkstaatsvertrages in die Wege zu leiten und Liveübertragungen im Netz nicht mehr den elektromagnetischen Schwingungen der Medienaufseher zu unterwerfen. Einen entsprechenden Vorschlag haben wir nicht nur dem Bundeswirtschaftsminister überreicht, sondern auch dem Vorsitzenden der Rundfunkkommission. Im föderalen Wanderzirkus ist das zur Zeit Kurt Beck, der noch amtierende Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz.
Mit einiger Verspätung hat sich jetzt in einem “Elektronischen Brief” eine Dame aus dem Vorzimmer Abteilung 2 “Medien” der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz erbarmt, uns eine Antwort zu schreiben. Der Briefinhalt dürfte auch für das Statistische Bundesamt interessant sein, da er wohl zum weiteren Anstieg des Bürokratiekosten-Index führen wird:
“Die Länder sind gemeinsam mit dem Bund derzeit dabei, die entsprechenden Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrages und des Bundesrechts zu evaluieren. In diesem Rahmen wird auch die von Ihnen geschilderte Problematik behandelt werden. Ich bitte Sie daher noch um ein wenig Geduld und verbleibe mit freundlichen Grüßen.”
Wird jetzt auch eine Evaluationskommission gegründet, die noch in unterschiedliche Arbeitskreise aufgegliedert wird, um nach drei Jahren des Herum-Evaluierens festzustellen, dass Deutschland die Streaming-Revolution des Netzes verpennt hat? Man könnte zudem noch eine Studie bei Roland Berger in Auftrag geben, um zu der Erkenntnis zu gelangen, dass man nach der Evaluation noch genauer evaluieren muss, warum wir einfach zu blöd sind, innovative Formate für Jedermann-TV politisch zu fördern. Empfehlung der Unternehmensberater: Im Kanzleramt sollte eine zentrale Stelle zur Erfassung von überflüssigen Evaluationsprojekten installiert werden. Sie sollte einen Masterplan entwickeln, wie wir in Bund und Ländern zu einem Abbau der Evaluationsbürokratie gelangen können. Im Rahmen dieses Projektes und auf Ebene des Kanzleramtes wird dann ein Anti-Evaluations-Beauftragter ernannt, der jährlich einen Evaluations-Index in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt erarbeitet.
Zudem sollte im Rahmen, auf Ebene und im Bereich des Gesundheitsministeriums evaluiert werden, in welchem Maße sich die zu evaluierenden elektromagnetischen Schwingungen auf die Hirne der medienpolitisch Verantwortlichen auswirken.
Aber das passt ja sehr schön zur Krankenakte digitale Wirtschaft:
Die zweite Session von 19,30 bis 20,00 diskutiert über die AGB-Diktatoren des Netzes.
Gibt es EINEn fall, bei dem ein Ustream, Livestream oder Hangout mit einem Bußgeld belegt worden wäre?
Das werde ich mal recherchieren bei den Landesmedienanstalten.