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Vom gesellschaftlichen Schaden der narzisstischen Macho-Manager #ETG20 – Über #Tönnies und Co.

Lauern die Holtrops nicht überall?

Welche Management-Kompetenzen sind heute wichtig? Mitnichten die Macho-Sprüche von Figuren wie Freenet-Chef Christoph Vilanek, der in Interviews gerne den allwissenden Entscheider auf der Chefetage zur Schau stellt. Sätze wie „Das ist mit allen abgestimmt“ lösen bei ihm körperliche Beschwerden aus. Etwa mehr Harndrang? Egal. Er glaubt, dass das ganze Gefasel von Teambildung nicht „mehr“ funktioniert. „Das stammt aus einer Zeit, in der Mitarbeiter deutlich breitere Aufgabenfelder hatten. Inzwischen sind alle Spezialisten. Wir überfordern die Menschen maßlos damit, einzuschätzen, welche Auswirkung eine fachlich richtige Entscheidung in einem Bereich auf alle anderen Bereiche hat. Diesen Überblick muss derjenige haben, der auch die Führungsverantwortung hat. Deshalb muss ein Manager heute autokratischer führen als vor 15 Jahren“, glaubt Vilanek. 

Ein BWL-Sprücheklopfer aus dem Bilderbuch, der wahrscheinlich breitbeinig den Redakteuren erklärt, warum er Porsche fährt und warum er vor seiner Managerkarriere als 27jähriger auch schon Porsche gefahren ist. Solche Sympathieträger sind mir auch bei meinem VWL-Studium an der FU-Berlin über den Weg gelaufen – es waren meistens Betriebswirte, die mit schnellen Wagen unterwegs waren und am Freitag schon das Surfbrett aufs Dach schnürten. Sicher ein Klischee, aber bei manchen Zeitgenossen eben doch kein Klischee. 

Sind Macho-Chefs gute Krisenmanager? Weit gefehlt. Die testosteron-gesteuerten Schönwetter-Chefs schrumpfen bei Gegenwind zu Zwergen, lesen dümmliche Ehrenwort-Pressestatements vom Teleprompter ab oder stottern nicht sehr glaubhafte Entschuldigungen ins Mikrofon wie Kotelett-Kaiser Clemens Tönnies:

Das hier ist der wahre Tönnies:

Alleinherrscher erhöhen die Wahrscheinlichkeit von Fehlentscheidungen. In Anlehnung an den Philosophen Karl Popper könnte man auch sagen: Es kommt darauf an, Institutionen so zu organisieren, dass es schlechten oder inkompetenten Herrschern unmöglich ist, allzu großen Schaden anzurichten. Das gilt für Demokratien, für Unternehmen und sonstige Organisationen.

Warum kommen solche Figuren wie Tönnies so weit nach oben? “Tomas Chamorro-Premuzic, Professor für Arbeitspsychologie am University College London und an der Columbia University, vertritt die Meinung, dass inkompetente Personen deshalb so zahlreich in Schlüsselpositionen großer Unternehmen und Organisationen zu finden sind, weil es sich hier vor allem um narzisstische Männer handelt, die verstärkt dazu neigen, ihre Wissenslücken hinter einer Fassade von Arroganz oder Charisma zu verbergen”, schreibt Marie-France Hirigoyen in ihrem Buch “Die toxische Macht der Narzissten” (erschienen im C.H. Beck-Verlag). Beides werde leider häufig mit Führungsqualitäten verwechselt. Mit Charisma hat das auch nichts zu tun. Eher mit der Antäuschung von charismatischen Qualitäten.

Narzissten in Führungspositionen sind Verführer. Sie verstehen es, ihre Arroganz zu kaschieren. Mit Witz und Chuzpe gelingt es ihnen, Misstrauen zu entkräften. Sie haben ein Gespür für nützliche und machtvolle Netzwerke und strotzen vor Selbstvertrauen bei der Durchsetzung ihrer Interessen. Narzisstische Firmenchefs stürzen sich häufiger in Großprojekte, ändern schneller die Strategie, gehen höhere Risiken ein, pflastern Geschäftsberichte mit ihren Fotos und bevorzugen den Ich-Stil in Meetings. Sie produzieren aber die die spektakulärsten Misserfolge – hier sollte man sich das Gebaren der Wirecard-Oberen etwas genauer anschauen.

Narzissten haben parasitäre Auswirkungen auf die Gesellschaft, warnt Chamorro-Premuzic: “Wenn sie für Unternehmen verantwortlich sind, begehen sie Betrügereien, demoralisieren die Angestellten und entwerten das Grundkapital.” Manche landen glücklicherweise auch im Knast.

Siehe auch: Management-Komödien ohne Krawattenzwang

Über den Autor

gsohn
Diplom-Volkswirt, Wirtschaftsblogger, Livestreamer, Moderator, Kolumnist und Wanderer zwischen den Welten.

2 Kommentare zu "Vom gesellschaftlichen Schaden der narzisstischen Macho-Manager #ETG20 – Über #Tönnies und Co."

  1. Finde es gut, dass Herr Tönnies seine Ämter auf Schalke niedergelegt hat. Er war aufgrund der aktuellen Vorkommnisse nicht mehr tragbar. Dieser Artikel verdeutlicht nochmal anschaulich weshalb dem so ist.

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