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Vernetzen, Matchen und Kuratieren ohne weltweit führendes PR-Blabla #RheinlandRunde

Die Querdenker der modernen Kommunikation und Interaktion sprechen über Unternehmen gerne als Medienplattformen, doch die meisten Kommunikationsabteilungen leben noch in einer Welt der vermeintlich kontrollierten und kontrollierbaren Kommunikation. So nehme ich das jedenfalls wahr. Belege: Social Web-Auftritte werden zentralisiert, da der scheinbare Wildwuchs an Abteilungsleiter- oder Themenkanälen nicht gewünscht wird. Man will mit einer Stimme sprechen. Damit wird aber der lebhafte Dialog zu speziellen Themen gekillt. Besonders bei Fachthemen ist es ärgerlich, wenn Special Interest-Angebote dicht gemacht werden.

„Gerade dort finden Interessierte genau die Informationen, nach denen sie suchen – im Idealfall über den Austausch mit Gleichgesinnten“, weiß Stefan Pfeiffer vom CIO-Kuratorium. Auf zentralistisch organisierten Plattformen regiert der Weiße Riese. Aseptische Botschaften mit Lutschpastillen-Wirkung. Dabei sollte es im Interesse der Kommunikationsverantwortlichen sein, für seine Zielgruppe eine möglichst lebendige Plattform zu schaffen, die sich idealerweise zu einer Community entwickelt, die in stetigem und regen Dialog steht. „Genau ein solcher Dialog sollte eigentlich das Ziel eines Unternehmens sein, denn so erfährt man am meisten über seine Interessenten und Kunden“, so die Erfahrung von Pfeiffer. Doch nur zu oft fährt der Zug in die andere Richtung.

„Der Traum von der kontrollierbaren Kommunikation lebt auch im Social Web weiter. Oder anders gesagt: Die Angst vor negativen Nachrichten und Kommentaren überwiegt, denn das nächste Quartalsende naht unaufhaltsam. Also werden offizielle Pressemitteilungen verschickt, vielleicht wird noch ein offiziöses Unternehmensblog mit glattgebügelten Nachrichten betrieben und den Mitarbeitern werden Tweets vorgeschrieben, die sie bitte eins zu eines verwenden und retweeten. Schöne alte Welt der Einwegkommunikation und Beschallung“, kritisiert Pfeiffer. 

So verharrt man in den Kommunikationsformen der 80er oder 90er Jahre mit Printmedien und mundgerecht geschriebenen Advertorials. Negative Berichte schweigt man tot. Kritische Blogger werden auf die schwarze Liste gesetzt. Wie soll dann ein Unternehmen als Medien- oder Dialogplattform agieren? „Kommunikation gerade über die neuen Kanäle wird unterbunden, der Dialog und die Meinungsführerschaft bewusst oder unbewusst anderen überlassen. Statt als Unternehmen selbst besagte Dialogplattformen zu schaffen oder zumindest an ihnen teilzunehmen, wird sich hinter der eigenen, bunten Website verschanzt“, moniert Pfeiffer. In den Führungsetagen von Konzernen und großen Mittelständlern gibt es kein ernsthaftes Interesse, sich den Gesprächen im Netz zu öffnen. Es sei viel einfacher, so Pfeiffer, sich im eigenen Büro hinter Excel-Tabellen und PowerPoint-Präsentationen zu verschanzen und den Blick nach innen zu werfen, statt draußen am Markt aktiv zu sein. Das ist bequemer und wird auch vom Top-Management so vorgelebt. Wie kann es auch anders sein, wenn nur acht Prozent der DAX- und MDAX-Vorstände über digitale Kompetenzen verfügen.

Einen anderen Weg geht das Projekt ciokurator.com. Es geht um das Kuratieren von Zufall, Offenheit und Vielfalt und nicht um die Zementierung einer festen Ordnung. Alleingültige Weltsichten und autorisiertes PR-Blabla haben dort keinen Platz. Man schafft virtuelle und reale Orte für Gespräche, Debatten, Disputationen und Denkanstöße. Letztlich geht es um den Charme der ungeplanten Resonanz, den Kontrollfreaks in der Unternehmenskommunikation so hassen.

Es geht um das Vernetzen, Matchen und Kuratieren:

In der Plattformökonomie geht es bekanntlich um die Verbindung von Neigungen und Interessen. Eigene Ressourcen und Kompetenzen reichen dabei nicht aus. Sie entfalten sich erst durch den Zugang zu Netzwerken. Nur so erreicht man ein neues Qualitätsniveau, das vergleichbar ist mit den Aufgaben eines Kurators, der sich nicht auf das Sammeln und Sortieren beschränkt. Es geht um „curare“ im Sinne von kultivieren, anbauen, in Form bringen und dafür sorgen, dass Menschen und ihr gemeinsames Umfeld gedeihen, so das Credo von Hans Ulrich Obrist , einer der einflussreichsten Ausstellungsmacher im internationalen Kunst- und Kulturbetrieb: „Die Aufgabe des Kuratierens ist es, Verbindungen zu schaffen, dafür zu sorgen, dass verschiedene Elemente miteinander in Berührung kommen, selbst wenn es bisweilen schwierig ist, die Wirkung solcher Gegenüberstellungen exakt nachzuzeichnen.“ Obrist bezeichnet das Kuratieren als eine Form der Kartographie, die neue Wege durch eine Stadt, eine Kultur oder eine Welt eröffnet. 

Mein Credo dürfte sich herumgesprochen haben. Wie könnte man das noch verbessern? Eure Ideen sind gefragt.

Auch das könnten wir in der #RheinlandRunde am 15. März live besprechen.

Weitere Thesen für die Runde:

Netzwerke werden zu Medien-Plattformen und Medien zu Netzwerk-Plattformen und Unternehmen zu Medien und Netzwerken – diesen Dreiklang hat Winfried Felser als Credo seiner Arbeit zusammengefaßt – ob das nun auf LinkedIn-Pulse, Medium.com, Facebook, Blogs oder sonst wo läuft.

„Die klassische Unternehmenskommunikation lief über den Gatekeeper Journalist, dann über den Gatekeeper Blogger oder Influencer und jetzt erleben wir den dritten Schritt. Unternehmen werden selbst zu Medien“, erläutert Karsten Lohmeyer.

Was wir jetzt erleben, sei die nächste und richtige Stufe. „Warum soll ich als guter Kommunikator nur mit zehn oder 20 Journalisten sprechen, wenn ich direkt mit allen Stakeholdern in Verbindung treten kann. Also mit Kunden, potenziellen Kunden, Lieferanten, Aktionären und allen weiteren relevanten Zielgruppen eines Unternehmens.”

Es seien eben nicht mehr nur 10 bis 20 Journalisten, mit denen man kommuniziert. “Im Internet sind es ganz viele Menschen, mit denen ohne Vermittlungsinstanz gesprochen werden muss. Und auf ihren bevorzugten Plattformen müssen diese Menschen adäquat bedient werden.”

Über den Autor

gsohn
Diplom-Volkswirt, Wirtschaftsblogger, Livestreamer, Moderator, Kolumnist und Wanderer zwischen den Welten.

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