Rudolf Steiner und der esoterisch-okkulte Blödsinn im Reich des Unsichtbaren: Schon bei Mehrwegverpackungen sind die Steiner-Jünger krachend gescheitert

Die Weltanschauung der Demeter-Gemeinschaft, die sich seit Jahrzehnten der so genannten biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise verpflichtet fühlt, ist mehr als problematisch. Hinter dem Begriff „Biodynamik“ steht unverblümt das esoterisch-okkulte Weltbild von Rudolf Steiner, dem Begründer der Anthroposophie. Auf Grundlage seiner Lehren bemüht man sich, die landwirtschaftliche Praxis mit dem zu verbinden, was für unsere normalen fünf Sinne verborgen ist. Ein Paradies für tautologische Märchenerzählungen. Nach dem Motto: Wenn ich die Nichtexistenz Gottes nicht beweisen kann, ist es der Beweis für die Existenz Gottes. Damit lässt sich alles und nichts begründen.

Die Steiner-Apologeten widmen sich dem „Unsichtbaren“: Es geht um „Mondrhythmen im Pflanzenwachstum“, „übersinnliche Erkenntnismethoden“ und um die astralischen Kräfte des Rindermistes, die bei der Vergärung aus dem Mist herausgetrieben werden. Zur „biologisch-dynamischen Landwirtschaft“ nach Steiner zählt auch das Vergraben von Kuhhörnern im Acker bei Vollmond. Die obskuren Vorstellungen für die Agrarwirtschaft sind eingebettet in ein nicht minder sonderliches Weltbild. Danach vollzog sich die Menschheitsentwicklung nacheinander auf sieben „Planeten“. Laut Steiner gab es keine Evolution. Vielmehr bildeten sich irgendwann „Lemurier“ und „Atlantier“ heraus, und aus letztgenannten die „Arier“, zu denen der selbst ernannte Meister sich selbst und die kultivierten Westeuropäer zählte – nicht aber die „verkümmerten Menschen“, deren

Nachkommen heute noch als so genannte wilde Völker gewisse Teile der Welt bewohnen. Unverholen predigte Steiner rassistisches und antisemitisches Gedankengut. Das Judentum, schrieb er, „als solches hat sich aber längst ausgelebt, hat keine Berechtigung innerhalb des modernen Völkerlebens, und dass es sich dennoch erhalten hat, ist ein Fehler der Weltgeschichte“. 

Als wunderlichen Esoterik-Schabernack kann man die Steiner-Ideologie deshalb nicht werten. Dahinter steckt mehr. So schickte die Anthroposophische Gesellschaft 1934 einen offiziellen Brief an Adolf Hitler, in dem das Gemeinsame der beiden Weltanschauungen und Steiners arische Herkunft betont werden. Der NS-Staat förderte die biologisch-dynamischen Prinzipien unter einem neuen Begriff: „Lebensgesetzliche Landbauweise“. 

Für viele in der Demeter-Gemeinschaft ist Biolandbau viel mehr als eine besondere Produktionsmethode, es ist eine Weltanschauung. Davon wissen die meisten Kunden allerdings nichts, wenn sie ein paar biologisch-dynamische Karotten kaufen. Rudolf Steiner ist einer der Fixsterne am Biohimmel. Deshalb sollte man sich seine Lehre ein wenig genauer anschauen, wenn man die Hintergründe der Biolandwirtschaft verstehen will.

Wo der Unsinn hingehen kann, recherchierte ich in den 1990er Jahren beim Thema Mehrweg. Auslöser war ein Leserbrief in der taz. Da beschwerte sich ein Leser über einen Reformladen, der die Annahme einer Mehrwegverpackung ablehnte. Wie sich herausstellte, beruhte dieses Mehrwegsystem und auch die Bepfandung auf Freiwilligkeit – so wurde zumindest die Annahmeverweigerung begründet.

Rapunzel träumte damals vom Mehrweg. Genau wie die Zwergenwiese, der Ziegenhof oder der Rosengarten. Alle verkündeten und verkünden hehre Botschaften über ökologischen Landbau, gesunde Ernährung und umweltgerechten Konsum. So werden wir von den Rapunzels dieser Welt ermahnt, unsere Wurst im Supermarkt nur mit der berühmten Tupperware-Dose zu kaufen. Frühmorgens bringen wir artig die Backware im Jutebeutel nach Hause, um nicht Ärger mit den umweltbewegten Nachbarn zu bekommen. So war es auch naheliegend, Naturkost-Produkte in Mehrwegverpackungen anzubieten.

Eines hatten Rapunzel und Co. nicht bedacht: Mehrwegsysteme sollten hohe Rücklaufquoten erreichen und sind nur bei kurzen Vertriebswegen ökologisch sinnvoll. Daran ist die Naturkost-Industrie kläglich gescheitert. Dass das mit großen Hoffnungen gestartete brancheneigene Projekt zur Müllvermeidung nicht funktionierte, hatte eine ganze Reihe von Gründen. Einer der wichtigsten: Um bei der Rücklaufquote zuzulegen, hätten die Hersteller weitere Millionen investieren müssen, resümierte der Naturkostverband in einer Pressemitteilung. Millionenausgaben zugunsten der Umwelt, das ging den Ökofunktionären zu weit. Wo kämen die biodynamischen Denker denn hin, wie Coca Cola oder Bierbrauereien auch noch Geld in moderne Abfüllanlagen, Rücknahmelogistik und intelligente Verpackungen zu investieren. Der ökologische Anspruch und das gute Gewissen müssen genügen, um Käufer in die Bioläden zu treiben. Wer ökologisch korrekt einkaufen will, steht über diesen Dingen.

Umweltexperten sehen das etwas kritischer. Die Organisation des Mehrwegsystems der Naturkostfirmen war von Anfang an dilettantisch. Es standen bundesweit kaum Spülstationen zur Verfügung. Es gab keine standardisierten Kästen, häufig wurde überhaupt kein Pfand erhoben und es gab keine dezentrale Erfassung der Gläser. “An den Verbrauchern hat es nicht gelegen”, bestätigte Hans-Josef Brzukalla, der mit seiner Arbeitsgemeinschaft für Abfallvermeidung (Afa) für den Aufbau des Mehrwegsystems verantwortlich war. Die Rücklaufquote der Gläser erreichte nach Angaben der Afa nur 50 Prozent. Nach Meinung der Naturkostbranche war die erreichte Quote ökologisch völlig unzureichend. Das zeigt ein einfaches Rechenexempel. Wenn von tausend Gläsern im ersten Rücklauf nur 500 zurückkommen, so ist bei gleichbleibender Schwundquote nach wenigen Umläufen nur noch ein Glas übrig. Aus Mehrweg wird Einweg. Von den 40 bis 50 Umläufen, die häufig von Mehrweganbietern in der Öffentlichkeit verbreitet werden, lag man weit entfernt. Um schmutzige und ökologisch ausgeschleckte Honiggläser wieder keimfrei sauber zu bekommen, mußten Rapunzel-LKW bis zu 800 Kilometer zurücklegen, um zur Reinigungsstation am Bodensee zu gelangen. Diesel und Rußpartikel im Dienst für die Umwelt. Einige hundert Kilometer Transportweg hatten die Brummis dann noch vor sich, um wieder zum Abfüllbetrieb zu gelangen. Standardisierte Mehrweg-Kästen konnte man mit der Lupe suchen. Vielfach wurden die Gläser in Kartons transportiert, was die Schwundquote noch erhöhte.

Trotz dieser verheerenden ökologischen Bilanz bedauerte damals der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) das klägliche Scheitern des Mehrwegsystems. Das sei eine verheerende Signalwirkung für die gesamte Lebensmittelbranche. Walter Jungbauer nannte diesen Schritt “ökologisch betrüblich und politisch das absolut falsche Signal”. Der Naturkosthandel hänge üblicherweise die ökologische Messlatte sehr hoch. Wegen seines Anspruchs und des Vertrauens, das seine Kundschaft in ihn setzt, dürfe er sich deshalb im Verpackungsbereich “keine Blöße geben”, sagte Jungbauer.

Die Verpackungsindustrie sieht das anders: Logistikprobleme beim Transport der Mehrweggläser, Schäden bei der Lieferung, eine mangelnde Rückführung der Gläser, hoher Spülaufwand, lange und damit umweltbelastende Vertriebswege hätten den Mehrweggedanken ad absurdum geführt.

Die niedersächsische Walter Lang Imkerhof GmbH stellte der Afa ein niederschmetterndes Zeugnis aus. Fruchtaufstriche, die unter dem Markenzeichen “Allos” in den Verkauf gehen, wurden in den vergangenen Jahren in den Afa-Mehrweggläsern angeboten. “Wir mußten es jedoch wegen seiner gravierenden logistischen Mängel aufgeben. Es fehlte ein einheitliches Pfandsystem mit geeigneten Pfandkisten. Der Betrieb der Spülanlagen war somit ineffizient. Den Kostenfaktor hat Allos durch ein Gutachten prüfen lassen. Dabei lag das Afa-Pfandglas rund 50 Prozent über dem Preis von Neuglas”, so eine Sprecherin von Allos. Für das Abfüllen von Fruchtprodukten war das Afa-Glas völlig ungeeignet. Kleine, oft kaum sichtbare Schäden hätten immer wieder zu Reklamationen wegen Schimmelbildung oder Gärung geführt. Die Liste der Mängel ist lang. “Die Praxis sah so aus, daß ein Großteil der im Rücklauf gesammelten Afa-Gläser aus den verschiedensten Gründen im Altglascontainer landeten”, so die Allos-Sprecherin.

Da helfen wohl auch Abfüllungen bei Vollmond nicht weiter.

Siehe auch die ZDF-Doku:

Anthroposophie – gut oder gefährlich?

Märchen sind übrigens eine Spezialität des Rapunzel-Gründers.

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