
In Kürze – also in diesem Jahr – erscheint unser langersehnter Utopie-Band zu unserer Podcast-Serie #KöniginvonDeutschland und #KönigvonDeutschland. Mit Professor Lutz Becker realisierte ich das in meiner Zeit an der Hochschule Fresenius.
Und da bin ich auf eine Passage im Interview mit dem Wirtschaftswissenschaftler Reinhard Pfriem gestoßen, die ganz gut zu meinem weiteren Buchprojekt über die “Theorie der Innovation” passt. Der Auszug ist ein kleine Netznotiz für meine weiteren Recherchen…..
GUNNAR SOHN: Da war man in den 1920er Jahren schon mal weiter. Zumindest Schumpeter war weiter, denn der hat sich in Bonn ja eher als Sozialwissenschaftler definiert. Gottfried Eisermann, der den Soziologie-Lehrstuhl nach 1945 in Bonn angetreten hatte, hat in seiner Antrittsvorlesung Schumpeter eher als Soziologen gewertet. Also könnte man doch eigentlich an Schumpeter anschließen?
REINHARD PFRIEM: Ja, auf jeden Fall! Ich habe mich immer gewundert, teilweise auch amüsiert, wenn ich in der Betriebswirtschaftslehre, meiner Fachdisziplin, in den vergangenen Jahrzehnten auf Konferenzen häufig darauf gestoßen bin, dass der Schumpeter von vor dem ersten Weltkrieg, der also den Unternehmer zum Teil sogar mystifiziert hat, ganz hochgehalten wurde, aber man von dem Schumpeter der 30er und vor allem 40er Jahre, als er dann in die USA emigriert war, vor allen Dingen von seinem letzten großen Hauptwerk Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie nur ja nicht reden sollte – das hätte nichts mit Ökonomie und schon gar nichts mit Betriebswirtschaftslehre zu tun.
GUNNAR SOHN: Es ist der kreative Zerstörer übrig geblieben …
REINHARD PFRIEM: Ja! In völliger Einseitigkeit! Wobei das Kapitel über den Prozess der schöpferischen Zerstörung ironischerweise ja gerade aus dem gerade genannten späten Buch stammt, von dem etwa der verstorbene Bochumer BWL-Professor Dieter Schneider sagte, man solle es in den Orkus werfen.
Insofern könnte man, in der Spekulation darauf, dass die Adressaten Joseph Schumpeter nie gelesen haben sagen, dass Innovationsfetischismus mit Schumpeter über den Begriff der kreativen Zerstörung gerechtfertigt wird, statt sich damit zu beschäftigen, dass Schumpeter den dramatischen Verlust der Unternehmerfunktion in zunehmendem Maße analysiert hat. Von daher muss man heute die Frage stellen, – und damit bin ich wieder beim Anfang – was eigentlich die sozialen Quellen dafür sind, gute unternehmerische Aktivität in die Welt zu setzen. Und deswegen ist vor dem Hintergrund der Schumpeterschen Analyse, dass die Unternehmerfunktion eher in der Zeit der Familiendynastien, der dynastischen Unternehmerrolle, Einheit von Eigentümer und Geschäftsführung, funktioniert hat, gerade heute interessant zu sehen, dass gemeinschaftsorientierte Formen des Wirtschaftens, also unter anderem Genossenschaften, teilweise aber auch stiftungsähnliche Formen eine Renaissance – oder vielleicht nicht nur eine Renaissance, sondern eine Blüte – erleben, wie es das in der bisherigen Geschichte des Kapitalismus gar nicht gegeben hat. Und das ist dann vielleicht auch die Auflösung des Problems und dieser Entwicklung, die da im 20. Jahrhundert stattgefunden hat.
GUNNAR SOHN: Jetzt ist es eigentlich ein Trauerspiel, dass beispielsweise die Universität Bonn so wenig anknüpft an die Forschungstradition von Schumpeter. Also Wuppertal macht es, nicht wahr?
REINHARD PFRIEM: Ich habe als Lehrbeauftragter an der Bergischen Universität Wuppertal mit meinem ehemaligen Doktorvater, Norbert Koubek, der natürlich auch schon lange pensioniert ist, ein Seminar an der Universität Wuppertal angeboten: Schumpeter, Nachhaltigkeit und der Wandel des Unternehmertums. Norbert Koubek ist als inzwischen Pensionierter dafür verantwortlich, dass der ehemalige Fachbereich Wirtschaftswissenschaft der Universität Wuppertal, an dem ich extern aus Westberlin vor über 30 Jahren promoviert habe, seit einer Reihe von Jahren Schumpeter School heißt. Ob das tatsächlich von der aktuell tätigen Professorenschaft dieses Fachbereichs so getragen wird, ist eine andere Frage.
Ausführlich auf Soundcloud nachzuhören:
Soweit ein kleiner Auszug des Gesamtwerkes. Jetzt wird weiter redigiert.