Sie haben die #Neuland-Diskussion im #Lunchtalk verpasst? Hier entlang: http://t.co/B1w4uaku1Y Dank an @gsohn, @sziegle1 und Oliver Schirg
— WirtschaftsWoche (@wiwo) June 20, 2013
Ist die Häme über die Neuland-Aussage der Kanzlerin nur ein überhebliches und spießerhaftes Gemurmel der Netzgemeinde, da ein Großteil der Bevölkerung, der Wirtschaft und auch der Politik noch nicht im Netz angekommen ist? So wertet jedenfalls Johannes Kuhn in der Süddeutschen das gestrige Geschehen.
Im heutigen Wiwo-Lunchtalk haben wir das politisch ganz anders gewertet.
Man sollte das komplette Zitat von Angela Merkel noch einmal genau reflektieren:
“Das Internet ist für uns alle Neuland, und es ermöglicht auch Feinden und Gegnern unserer demokratischen Grundordnung, mit völlig neuen Möglichkeiten und völlig neuen Herangehensweisen unsere Art zu leben in Gefahr zu bringen.”
Die Formulieren “für uns alle” hat sicherlich die meisten Internet-Bewohner auf die Palme gebracht. Warum zieht uns die Kanzlerin in ihre analoge Kuschelecke mit rein? Warum hat sie nicht gesagt, das Internet ist für viele Menschen immer noch Neuland?
Insofern geht der Spießervorwurf von Kuhn am Thema vorbei. Ich fand die gestrigen Aktionen richtig kreativ. Ähnlich sieht das Sebastian Matthes in der Wiwo-Runde.
Dann kommt der Aspekt Prism hinzu. Man kann den Angstmacher-Teil der Merkel-Äußerung durchaus als Zustimmung zu den kollektiven Überwachungsaktionen der USA werten. Zumindest lässt die Kanzlerin diesen Interpretationsspielraum offen. Sie hat sich jedenfalls nicht klar gegen Obama in dieser Frage positioniert.
Und dann kommt noch der Punkt der Richtlinienkompetenz. Diese Frau wagt als Regierungschefin nicht den konsequenten Schritt, Deutschland digital zu formieren, wie es Südkorea Ende der 90er Jahre gemacht hat. Erfolge von Unternehmen wie Samsung fallen eben nicht vom Himmel. In den USA sieht es ähnlich aus. So eine defensive Neuland-Aussage würde ein amerikanischer Präsident nicht machen. Es fehlt der politische Wille für eine Netz-Strategie. Neuland hat also verschiedene Aspekte.
Siehe auch:
Deutschland nicht digital – Politik und Wirtschaft handlungsunfähig.