
Kompetenzsouveränität ist nach Ansicht von Barbara Engels vom Institut der deutschen Wirtschaft die Voraussetzung für die Handlungsfähigkeit sowie Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft: „Die Stärkung der digitalen Kompetenzen in der Gesellschaft ist somit eine zentrale Aufgabe, um die Digitalisierung der Wirtschaft in Deutschland nachhaltig voranzutreiben. Dabei geht es nicht nur um Kompetenzen für den Arbeitsmarkt, sondern auch um Kompetenzen, um als Privatperson an der Digitalisierung teilzuhaben.“ Im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz wurden in einem Index die Stärken und Schwächen von Unternehmen bei der Digitalisierung analysiert. Besonders schwach schneidet die Branche für Logistik und Verkehr ab. Das ist betrüblich. Gerade bei der Organisation der Verkehrswende, bei der Elektrifizierung und beim autonomen Fahren sollten eigentlich hohe Investitionen für Forschung und Innovation auf der Tagesordnung stehen.
“Ohne ausreichende digitale Kompetenzen können Innovationen nicht entwickelt und genutzt werden. Beispielsweise für die neuen Sprachmodelle, die sich derzeit rasant verbreiten, braucht es Fachkräfte, die mit diesen Anwendungen künstlicher Intelligenz umgehen können”, so das Institut der deutschen Wirtschaft.
Eine Analyse von Daten aus der IW-Fachkräftedatenbank deutet auf eine Ursache des Fachkräftemangels in Digitalisierungsberufen hin: Der Digitalisierung fehlen die Frauen. Lediglich 16,3 Prozent der Beschäftigten in Digitalisierungsberufen waren im Zeitraum vom 01.07.2021 bis 30.06.2022 Frauen (siehe Abbildung). Zudem hat sich dieser Anteil seit 2013 nur wenig verändert. Von 14,6 Prozent im Jahr 2013 auf 16,3 Prozent im Jahr 2022 ist der Anteil der Frauen nur marginal, um 1,7 Prozentpunkte, gewachsen.
In einzelnen Digitalisierungsberufen ist der Frauenanteil deutlich höher. Am höchsten ist er in der nicht-klinischen Psychologie (76 Prozent), zu der die Kognitionswissenschaftler gehören, die Systeme der Mensch-Maschine-Interaktion und künstlichen Intelligenz entwickeln. Die nächsthöchsten Frauenanteile weisen das Archivwesen (63 Prozent) und das Grafik-, Kommunikations- und Fotodesign (60 Prozent) auf. Die geringsten Frauenanteile sind in den Berufsgattungen Bauelektrik-Fachkraft (2 Prozent), Aufsicht in Mechatronik und Automatisierungstechnik (1 Prozent) zu finden. Diese Zahlen zeigen stereotype Männer- und Frauenberufe, in denen der Fachkräftemangel meist stärker ausgeprägt ist als in Berufen mit ausgeglichener Besetzung beider Geschlechter.
Der sogenannte Digital Gender Gap – geschlechtsspezifische Unterschiede im Kontext der Digitalisierung – existiert nicht nur in Digitalisierungsberufen. Auch bei anderen Tätigkeiten, für die digitale Kompetenzen nötig sind, zeigen sich deutliche Unterschiede, wie eine Studie auf Basis des Nationalen Bildungspanels (NEPS) zeigt. Zwar arbeiten Frauen und Männer ähnlich häufig am Computer (Lott, 2023). Männer nutzen dabei aber deutlich häufiger fortgeschrittene und spezialisierte Software sowie vernetzte digitale Technologien wie Clouddienste. Besonders Frauen mit Teilzeitstellen sind digital abgehängt. Dementsprechend schätzen Frauen ihre Berufschancen auf einem zunehmend digitalisierten Arbeitsmarkt als schlechter ein: Die Wahrscheinlichkeit, dass sich berufstätige Frauen gut auf den Umgang mit vernetzten digitalen Technologien vorbereitet fühlen, liegt bei 34 Prozent, unter Männern bei 49 Prozent.
Der Digital Gender Gap zeigt sich noch deutlicher bei den Patentanmeldungen. Auswertungen der IW-Patentdatenbank zeigen, dass der Anteil der Frauen bei den Patentanmeldungen in Digitalisierungstechnologien von 2010 bis 2019 von lediglich 3,7 Prozent auf 5,2 Prozent ebenfalls nur marginal gestiegen ist.
Wir diskutierten dieses Thema in einer Fachrunde in Köln auf der Messe Zukunft Personal:
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