
16 ausgewählte Serviceleistungen der Verwaltung, auf die viele Bürger besonders angewiesen sind, sollen in den nächsten 12 Monaten online zur Verfügung gestellt werden, kündigte der „Chief Information Officer“ der Bundesregierung, Markus Richter, gegenüber der FAZ an. Dies betrifft beispielsweise die Ummeldung im Meldeamt, das Ausstellen des Personalausweises und das Stellen eines Bauantrags.
“Damit diese Services bundesweit und einheitlich angeboten werden, wird ein bundeseinheitliches Benutzerkonto BundID eingerichtet. Die Kommunen müssen danach die technischen Voraussetzungen für ihre Bürger schaffen, damit diese sich registrieren und die Dienstleistungen online beauftragen können. Der kommunale Flickenteppich von unterschiedlichen Angeboten wird dann der Vergangenheit angehören”, schreibt Weka und empfiehlt den Entscheidungsträgern des Staates sich schon auf dieses Vorhaben vorzubereiten.
Ob das nicht etwas verfrüht ist. Wie lange wird die E-Akte VERPROBT, sagt man doch im Design-Thinking-Jargon? Und mit dem Zeitkorridor beim Onlinezugangsgesetz hat man sich ja auch ein wenig überhoben.
Im Januar 2022 schrieb ich in meiner Netzgedanken-Kolumne für das PR-Magazin: Trotz gegenteiliger Beteuerung, gibt es auch in der neuen Regierung unter Kanzler Olaf Scholz kein Digitalministerium. Es bleibt ein Sub-Thema im Verkehrsministerium. Die Rechtfertigungslyrik für diese Hinterzimmer-Kungelei ist immer gleich: Jedes Ministerium müsse ja Digitalkompetenz vorweisen, das sei ein Querschnittsthema, man müsse das jetzt besser koordinieren und gemeinsam anpacken. Laber-Laber Sülz. Der Digitale Staat bleibt ein Hirngespinst in der politischen Sphäre. Es fehlt an Kompetenz. So wird auch nichts aus dem Einer-für-Alle-Projekt (EfA), das im Herbst 2020 im IT-Planungsrat für die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) beschlossen wurde, um der lahmenden Digitalisierung auf die Sprünge zu helfen. Dilettantismus pur. Versucht mal in Berlin, eine Kopie der Führerschein Karteikarte zu bekommen. Das grenzt an Arbeitsverweigerung.
Man braucht sich nur die 26 EfA-Mindestanforderungen für das Funktionieren von Onlinediensten durchlesen, um zu erkennen, wie das mit den verteilten Zuständigkeiten so läuft in Deutschland. Das geht nun seit über 20 Jahren so.
Was sich Unionsparteien, SPD, Grüne und FDP in unterschiedlichen Regierungskoalitionen in der Netz- und Digitalpolitik leisten, beurteilte eine ehemalige Pressesprecherin aus dem Geschäftsbereich des Bundesinnenministeriums wie folgt: „Fehlgeburten mit Lutschpastillen-Wirkung, die mangels zentraler Zuständigkeit und politischem Nachdruck in den verschiedensten Ressorts mit minimaler Sauerstoffzufuhr am Leben erhalten wurden. Ab und zu erfuhr der Netz-Patient eine Reanimation, bevor er seine letzten Bits und Bytes aushauchte.“

Mir fällt jetzt spontan kein Bund-Online-Projekt ein, das nicht in der Mülltonne landete. Deshalb hat Bitkom-Präsident Achim Berg recht: Die Digitalisierung dürfe kein Anhängsel mehr sein. “Sie gehört ins Zentrum.“
Ein echtes Digitalministerium müsse dafür sorgen, dass die Digitalpolitik in Deutschland kein Stückwerk mehr ist. „Es muss die Kompetenzen für die Kernbereiche der Digitalisierung erhalten, also Verwaltungsdigitalisierung, E-Government, Telekommunikation, Breitbandausbau und die Förderung von Schlüsseltechnologien. Für die Federführung von Projekten in diesen Bereichen bedarf es dazu eines eigenen Budgets“, so Berg.
Durch ein Veränderungsbudget sollten andere Häuser bei der Digitalisierung unterstützt werden: Ein Digitalministerium müsste dafür sorgen, dass die digitalen Bemühungen der Bundesregierung auf ein gemeinsames Leitbild einzahlen. „Das heißt, dass Prioritäten definiert und eingehalten werden. Dazu bedarf es eigener Spiegelreferate, die die Verbindung in die anderen Ressorts sicherstellen. Hierbei kann, wie man es teilweise in den Ländern findet, auch ein Veränderungs- oder Beschleunigungsbudget helfen, mit dessen Hilfe Projekte in den anderen Häusern zusätzlich unterstützt werden“, betont der Bitkom-Präsident.
In der Praxis müsste das Digitalministerium auch das Recht haben, mit einem Veto Maßnahmen zu stoppen, die im Sinne einer Digitalpolitik aus einem Guss überarbeitet werden müssen. Daraus wird nun wieder nichts: Die Digitalisierung in Deutschland krankt an einem Wirrwarr von Einzelmaßnahmen.
Es versickert jedwede Initiative in irgendwelchen Gremien und Digital-IT-oder-Sonstwas-Gipfel-Schaulaufereien: Über allen Gipfeln ist Ruh, In allen Wipfeln Spürest du Kaum einen Hauch; Die Vögelein schweigen im Walde. Warte nur, balde Ruhest du auch.
Was für ein Dauerbrenner……