VW fehlt die Demut – Aufsichtsrat erteilt dem Vorstand und sich selbst Absolution

Mit meiner ersten Titelstory für das Boardreport-Magazin liege ich wohl goldrichtig
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Es ist schon erstaunlich, wie der VW-Konzern mit der Aufklärung des größten Skandals seiner eigenen Firmengeschichte umgeht. Halbherzige Entschuldigungen werden vom Teleprompter vorgelesen, Entschädigungen werden nur mit größtem Druck für die Kunden in den USA gewährt und ein nicht unumstrittenes Vorstandsmitglied wird zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats ernannt:

„Alte Böcke sollte man nicht zu Gärtnern machen. Das hilft nichts. Der neue Aufsichtsratsvorsitzende Hans Dieter Pötsch war zwölf Jahre lang VW-Finanzvorstand. Der hat das gesamte Machtgebaren des Wolfsburger Konzerns nicht nur erlebt, sondern mitgestaltet. Er trägt Mitverantwortung in der Organhaftung für mangelnde Sorgfaltspflicht“, so der ehemalige Telekom-Personalvorstand Thomas Sattelberger im Interview mit ne-na.de.

Jetzt geht der alte Bock Pötsch noch einen Schritt weiter. Die Hauptversammlung am 22. Juni soll ihm sowohl für seine Arbeit als Finanzvorstand und für seine Tätigkeit als Chef des Aufsichtsrate erteilen.

„In beiden Jobs ist Pötsch alles andere als umstritten. Dennoch hat ihm das Kontrollgremium nun Absolution erteilt. Einstimmig, auch wenn der Entscheidung eine lange Debatte voranging“, schreibt das Handelsblatt.

Alle 20 VW-Kontrolleure stimmten für eine Entlastung für das Geschäftsjahr 2015, also das Jahr der Aufdeckung des Abgasbetruges, der wohl die Bilanz mit rund 16 Milliarden Euro belasten wird. Belege für eine Beteiligung der Vorstandsmitglieder seien bislang nicht gefunden worden. Das gelte auch für Pötsch und für den zurückgetretenen Teleprompter-Vorstandschef Martin Winterkorn.

Ist irgendetwas bislang endgültig aufgeklärt und der Öffentlichkeit kundgetan worden? Eher nicht. Selbst die Staatsanwaltschaft Braunschweig und die US-Behörden haben ihre Ermittlungen nicht nicht abgeschlossen. Auf welcher Basis kann man da eine Entlastung erteilen.

Es bleibt dabei. Die VW-Manager sind nicht in der Lage, ihre Überheblichkeit abzustreifen. Der Sinologe Harro von Senger vergleicht das mit dem Strategem des leidenden Fleisches. Wenn man als Geschäftsmann oder Geschäftsfrau Fehler macht, hilft nur noch eine sofortige und schonungslose Offenlegung aller Missstände. Man muss auf die Knie gehen und sich unter Tränen entschuldigen.

„Nicht so oberflächlich, wie es die VW-Manager getan haben. Man muss den Eindruck gewinnen, dass sie sich wirklich schämen gegenüber den Käufern in der ganzen Welt. So etwas kommt den stolzen VW-Managern niemals in den Sinn.“

Was so alles falsch lief bei VW, haben wir ausführlich in der Januar-Ausgabe von Boardreport beleuchtet. Sende Euch gerne das Heft als pdf. Schickt mir einfach eine E-Mail an: gunnareriksohn@gmail.com oder hinterlasst hier einen Kommentar.

2 Gedanken zu “VW fehlt die Demut – Aufsichtsrat erteilt dem Vorstand und sich selbst Absolution

  1. Fast schein es als gäbe es zwei Welten: Während es sich manche Top-Manager und Spitzenpolitiker in der eine Welt gemütlich machen, wird es für die meisten anderen immer ungemütlicher.

    Das fördert nicht gerade das gesellschaftliche Gleichgewicht.

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