
In der Zivilgesellschaft steckt nach Ansicht von Bianca Kastl enormes Potenzial, um gemeinsam mit der Verwaltung die Digitalisierung voranzubringen. Meistens sei es aber so, dass Digitalvorhaben nur aus Sicht der Ämter oder unter Beteiligung wirtschaftlicher Akteure entwickelt werden. “Das führt dazu, dass die Ergebnisse nicht zu den gesellschaftlichen Bedürfnissen passen, nicht von der Bevölkerung angenommen werden oder unbenutzbar sind”, schreibt Kastl, Vorsitzende des Innovationsverbundes Öffentliche Gesundheit, in einem Beitrag für den Tagesspiegel.
“Deutschland, ein Entwicklungsland bei der Verwaltungsdigitalisierung, welches trotz enormer Investitionen nicht vorankommt. Um das zu ändern sind verschiedene Maßnahmen unumgänglich. An erster Stelle steht eine bundesweite Digitalstrategie, die als verbindliche Leitlinie für alle Maßnahmen in Bund, Ländern und Kommunen dient. Vor der Digitalisierung steht ebenso die Transformation der Verwaltung, also eine umfassende Modernisierung. In Deutschland wird nur das Papier im gewohnten Prozess digitalisiert, statt diese für die Digitalisierung zu verbessern oder bei geringem Nutzen ganz zu streichen. Das gescheiterte Onlinezugangsgesetz ist ein unsinniges Unterfangen, bei dem über 500 Online-Formulare als Ziel gesetzt wurden, statt interne Prozesse in der Verwaltung digital zu gestalten”, erläutert Thomas Bönig in seinem Tagesspiegel-Statement. Er leitet das Amt für Digitalisierung, Organisation und IT in Stuttgart, zuvor war er Digitalchef Münchens.

Und Professor Richenhagen sagte im ichsagmal.com-Interview: Im Hinblick auf die Kompetenzen einer digitalen Verwaltung verzeichnet man zur Zeit eine doppelte Kompetenzlücke.
Zum einen fokussieren aktuelle Kompetenzmodelle für E-Government auf IT-Rollen als die für eine IT-gestützte Verwaltungsmodernisierung zuständigen Spezialisten. Unter der Bezeichnung E-Kompetenzen werden hierbei primär spezielle technikzentrierte Kenntnisse und Fähigkeiten betrachtet, wobei Methoden- und Sozialkompetenzen zur Entwicklung und Einführung technischer Lösungen inkludiert werden. Wenig Berücksichtigung finden allerdings digitale Kompetenzen, die auf Fachseite von Verwaltungsbehörden dringend benötigt werden, um unter Betonung von Innovations-, Kollaborations- und Agilitätsaspekten aktiv am fortwährenden digitalen Wandel teilzuhaben und die Digitalisierung der Verwaltung über alle Ebenen und in der gesamten Breite voranzutreiben.
Zur Schließung dieser Lücke schlagen die Autoren dieses Kapitels ein erweitertes Kompetenzmodell für die digitale Verwaltung vor, welches sich als Weiterentwicklung bisheriger E-Government-Kompetenzmodelle unter Integration spezifischer Digitalisierungsaspekte versteht.
Zum anderen lässt sich in den Ergebnissen der Stellenanzeigenanalyse erkennen, dass diese digitalen Kompetenzen in aktuellen Stellenanzeigen für fachliches Verwaltungspersonal mit einer relativen Häufigkeit von unter einem Prozent so gut wie gar nicht nachgefragt werden.