Deutsche Delegation in Dubai: Wie ist ihre Position zur Internet-Regulierung? #WCIT12

Wozu das Bundeswirtschaftsministerium wohl nicht in der Lage ist, leistet wcitleaks.org.
Die Veröffentlichung der Delegationsmitglieder, die vom 3. bis 14. Dezember an der World Conference on International Telecommunications der ITU teilnehmen. Ein großes Lob an:

Für Deutschland gehen folgende Personen ins Rennen (und irgendwie beruhigt mich diese Liste nicht):

Dr Andreas SCHUSEIL, Bundesministerium Für Wirtschaft und Technologie
Ms Bärbel VOGEL-MIDDELDORF, Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
Mr Hubert SCHOETTNER, Bundesmiunisterium Für Wirtschaft und Technologie
Mr Peter VOSS, Bundesministerium Für Wirtschaft Und Technologie
Mr Roland DOLL, Deutsche Telekom AG
Mr Martin FLEISCHER, Auswärtige Amt
Mr Wolfgang KLEINWÄCHTER, Mediensradt Leipzig E.V.
Ms Annegret KÜBLER-BORK, Head of Section, Federal Network Agency, Annegret.Kuebler-Bork@BNetzA.de
Dr Michael LITTGER, Haus der Deutschen Wirtschaft
Ms Kathrin OTTE, Bundesministerium Des Innern
Mr Axel PAWLIK, RIPE NCC
Prof. Michael ROTERT, Eco – Verband der Deutschen Internetwirtschaft E.V.
Mr Helmut SCHINK, Telco Standards, Nokia Siemens Networks Management International GmbH, helmut.schink@nsn.com
Mr Jürgen TREIB, Bundesministerium des Innern

Da sind doch mit wenigen Ausnahmen einige Kontrollgeiste unterwegs.

“Einige Regierungen halten das für eine gute Gelegenheit, den Vertrag auf das Internet auszudehnen und zum Beispiel die Zuordnung von IP-Adressen, Fragen des Inhalts von Informationen und der Cyber-Sicherheit in das Abkommen mit einzubeziehen. Das würde eine größere Legitimationsbasis schaffen für mögliche Eingriffe in den Internetverkehr. Damit könnten Teile aus dem Internet herausgebrochen und der Weg gebahnt werden für eine Fragmentierung des Internets entlang staatlicher Grenzen”, so Professor Wolfgang Kleinwächter im Interview mit der FAZ. Er zählt wohl zu den kritischen Protagonisten, die in Dubai dabei sind.

Und es ist wohl kein Zufall, dass sich hier vor allen Dingen die autoritären Staaten wie Saudi-Arabien, Russland, China, Iran in Stellung bringen, um im Cyberspace wieder nationalstaatliche Mauern einzuziehen.

Man könnte jetzt die anderen deutschen Delegationsmitglieder fragen, ob sie ähnlich wie Kleinwächter denken und mit welchen Positionen nun Deutschland aufwarten wird.

Siehe auch:

Dubai und die Kontrollsucht der autoritären Internet-Hausmeister.

Hier noch das Positionspapier des Bundeswirtschaftsministeriums.

Und der Spiegel-Bericht: Deutschland will wohl keine neuen Internet-Regeln. Auch das Innenministerium?

Dubai und die Kontrollsucht der autoritären Internet-Hausmeister

Ich sollte doch ab und zu etwas akribischer meine eigenen Unterlagen durchforsten. Meine Recherchen, Auswertungen von Studien, Interviews und Notizen, die mein digitales Archiv füllen. Etwa über die vielen interessanten Panels der republica in Berlin, die ich auch im nächsten Jahr wieder besuchen werde. Da gab es also im Mai eine Diskussionsrunde zum Thema: „HACKING THE MAP OF INTERNET GOVERNANCE“. Bingo. Volltreffer. So richtig gut besucht war diese Veranstaltung leider nicht und stand auch bei meinen Berichten nicht so richtig im Vordergrund. Asche auf mein Haupt.

Hier noch mal der Hinweis auf die Audioaufzeichnung der Disputation in voller Länge:

“Theoretisch können heute fünf Milliarden Menschen das Internet nutzen, wenn man den Mobilfunk einschließt. So ein gigantisches Wachstum hat es in der Menschheitsgeschichte vorher nie gegeben. Deswegen sind viele politische Akteure überfordert, weil sie zur Regelung von Weltfragen nur das System der zwischenstaatlichen Organisationen haben – etwa die Vereinten Nationen, der G8-Gipfel, die Europäische Union oder die OECD. Hier findet alles hinter verschlossenen Türen statt. Es wird von oben nach unten hinter verschlossenen Türen entschieden“, bemängelte Professor Wolfgang Kleinwächter, Hauptredner des Panels.

Kleinwächter lehrt Communication Policy and Regulation an der Universität von Aarhus in Dänemark.

„Von 2003 bis 2005 gehörte er der UN Working Group on Internet Governance (WGIG) an, arbeitet seit 1998 in verschiedenen Funktionen für Icann sowie in zahlreichen internationalen Gremien und wird im Bundestag wie auch im EU-Parlament als Experte gehört. Er nimmt als Vertreter der deutschen Zivilgesellschaft an der Internet-Konferenz in Dubai teil“, so die FAZ (dann könnte ich ja Kleinwächter fragen, wie die deutsche Delegation zusammengesetzt ist, wenn schon das Wirtschaftsministerium die Personenliste nicht rausrückt).

In Dubai werde vom 3. bis 14. Dezember auf der World Conference on International Telecommunications der ITU ein aus dem Jahr 1988 stammender völkerrechtlicher Vertrag aktualisiert, der die Telekommunikation weltweit regelt.

„Einige Regierungen halten das für eine gute Gelegenheit, den Vertrag auf das Internet auszudehnen und zum Beispiel die Zuordnung von IP-Adressen, Fragen des Inhalts von Informationen und der Cyber-Sicherheit in das Abkommen mit einzubeziehen. Das würde eine größere Legitimationsbasis schaffen für mögliche Eingriffe in den Internetverkehr. Damit könnten Teile aus dem Internet herausgebrochen und der Weg gebahnt werden für eine Fragmentierung des Internets entlang staatlicher Grenzen“, so Kleinwächter im Interview mit der FAZ.

Und es ist wohl kein Zufall, dass sich hier vor allein Dingen die autoritären Staaten wie Saudi-Arabien, Russland, China, Iran in Stellung bringen, um im Cyberspace wieder nationalstaatliche Mauern einzuziehen. Dubai sei erst der Auftakt für eine Serie von Konferenzen in den kommenden Jahren, wo das Thema der staatlichen Kontrolle über das Internet immer wieder aufgeworfen werden wird, erläutert Kleinwächter gegenüber der FAZ.

„Der arabische Frühling hat zwar einige autokratische Systeme beseitigt, andererseits hat er aber andere autokratische Systeme muntergemacht, die jetzt viel besser verstehen, welches politische Potential ein freies, offenes und grenzenloses Internet hat. Also arbeitet man dort darauf hin, Freiheit, Offenheit und Grenzenlosigkeit wieder einzuebnen und einem nationalstaatlichen Kontrollsystem zu unterwerfen.“

Also sollten wir unsere Aufmerksamkeit nicht nur auf den Zeitraum der ITU-Konferenz im Dezember richten, sondern auch im nächsten Jahr mehr auf den Fahrplan der Internet-Hausmeister schauen.

Siehe auch:

Wer soll im Netz wen kontrollieren und regulieren?

Vielleicht sollten wir am 2. Dezember zu diesem Komplex ein Blogger Camp auf die Beine stellen – sozusagen eine Sondersendung. Unabhängig davon würde ich vorher gerne noch Interviews machen – per Telefon oder Live-Hangout. Ganz nach den Wünschen der potentiellen Interviewpartner. Terminvorschläge und Stichpunkte für die Interviews bitte frühzeitig mailen. Wer in der Nähe von Bonn ist, käme natürlich auch für ein Bibliotheksgespräch in Frage.