
Beitrag im Handelsblatt: „Von ihrem Lehrstuhl am University College London aus propagiert Mariana Mazzucato die Rückkehr des starken Staates. Die Botschaft der gebürtigen Römerin: Die Rolle von Pionierunternehmen und privatem Kapital für Innovationen und Wirtschaftswachstum werde maßlos überschätzt. Wirklich Bahnbrechendes komme vor allem dann in die Welt, wenn der Staat sich kümmere – so wie beim Internet, das in den 50er-Jahren im Rahmen eines US-Militärforschungsprogramms entstand.“ Gemeint ist Darpa.
Ist das so? Von der Telefonie bis zu mp3 gibt es sicherlich viele Beispiele, wie staatliche Institutionen oder Persönlichkeiten der öffentlichen Hand Innovationen auf den Weg gebracht haben. Aber ist der Staat selbst ein guter Innovator?
“Wir sind die Bundesagentur für Sprunginnovationen, kurz Sprind. Wir sollen Erfindungen fördern, die die Welt verändern. Aber wir werden immer wieder durch die Mechanismen der Verwaltung zurückgehalten. Das hat die Kanzlerin erkannt und gerade öffentlich angemahnt. Anscheinend ist sie schon so verzweifelt, dass sie die Öffentlichkeit sucht”, sagt Rafael Laguna de la Vera, Chef von Sprind im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Und weiter sagt er:
“Zwischen Grundlagenforschung und fertigem Produkt liegt ein Tal des Todes. Um das bei Innovationen zu überbrücken, die neue, komplexe Technologien beinhalten, braucht man viel Geld für lange Zeit. In Deutschland fehlt es daran. Unsere Agentur ist Ende 2019 gegründet worden und soll dazu beitragen, das zu ändern. Damit die fantastischen Erfindungen der Wissenschaftlerinnen aus Deutschland zu Produkten führen, die hier dauerhaft Arbeit und Wohlstand stiften.”
Und weiter: “Wir idealisieren ja die USA immer als ideales kapitalistisches System, in dem der Markt alles regelt. Viele Sprunginnovationen der vergangenen 70 Jahre sind aber nicht auf dem Markt entstanden, sondern wurden von staatlichen Institutionen finanziert.”
Frage der FAS:
“Die Bundeskanzlerin hat Probleme mit dem Bundesrechnungshof angesprochen. Was ist da los?”
Antwort: “Grundsätzlich ist das alles vollkommen korrekt: Wir geben staatliches Geld aus, das muss überwacht werden. Aber es hat sich ein System der Entmenschlichung entwickelt: Wir schaffen so kleinteilige Prozesse, dass fast jeder Schritt maschinell entschieden werden kann. Jegliche Erfahrung wird ausgeschaltet, jegliches Bauchgefühl, alle langjährigen Partnerschaften. Dabei sind es diese Dinge, die in der Wirtschaft Erfolg bringen.”
All das diskutieren wir um 18 Uhr:
Zum Glück gibt es inzwischen ein Finanzierungsinstrument namens „vorkommerzielle Auftragsvergabe“, das uns erlaubt, mehreren Teams Geld zu geben.
Der deutsche Industriepolitiker denkt traditionell anders: Er wählt von vornherein mit großer Sorgfalt nur ein Konsortium aus, damit nichts umsonst bezahlt wird.
Das Problem an so einer klassischen Vergabe ist ja: Sobald die Entscheidung gefallen ist, ist der Wettbewerb vorbei. Der Bund hat praktisch keine Sanktionsmittel mehr. Das führt häufig dazu, dass solche Projekte nicht im Zeitplan und im Budget abgewickelt werden. Deshalb möchte ich lieber den Wettbewerb länger laufen lassen. So arbeitet auch die amerikanische Agentur Darpa. Die mRNA-Impfstofferfinder BioNTech, CureVac und Moderna sind in den Genuss so eines Wettbewerbs gekommen. Zehn Firmen sind angetreten, nur drei sind durchgekommen.
Erika Mann
So genannte SprungInnovationen kann man nur sehr begrenzt fördern. Keiner dieser quasi oeffentlichen Einrichtungen hätte FB, Google, Palantir, NTC gefördert. Die wenigsten haben den Mut dazu. Ich habe ja zweimal das Vergnügen gehabt einen entsprechenden KapitelF der EIB/EU zu evaluieren (20 Milliarden immerhin) SprungInnovationen sind mit erheblichen Risiken verbunden und öffentlich geförderte oder unterstützter Programme sind viel zu risikoscheu.