
Vor einigen Jahren (vor mindestens sieben Jahren) habe ich in einem Hintergrundgespräch vor dem Mobile World Congress in Barcelona mit dem Analysten Roman Friedrich (da war er noch bei Booz & Company) die Dominanz von Huawei thematisiert. Damals überraschten mich seine Warnungen. Die wurden wohl in Politik und Wirtschaft nicht so richtig ernst genommen. Hier noch einmal ein paar Auszüge aus dem Interview.
GS: Wenn wir uns die Netzwerkausrüster anschauen gibt es auf dem Technologiesektor starke Verschiebungen. Es dominieren chinesische Ausrüster wie Huawei, es gibt nur noch einen westlichen Konkurrenten und das ist Ericsson. Ist das ein Indikator dafür, dass sich China langsam zur Innovationsmacht im High-Tech-Sektor entwickelt?
Friedrich: In der Tat kann man die chinesischen Ausrüster nicht übersehen. Huawei und ZTE sind sehr stark. Sie haben früh angefangen und sich eine relevante und signifikante Position erarbeitet. In einigen Bereichen haben sie durchaus Technologieprodukte geliefert, die mit den westlichen Anbietern Schritt halten können….
GS: Ist die Dominanz von einer Firma wie Huawei eher über einen Preiskampf auf den europäischen Markt reingedrückt worden oder ist es auch technologische Kompetenz?
Friedrich: Der Preiskampf war mit Sicherheit der große Hebel den Huawei angesetzt hat. Das hat sich aber geändert. Dahinter steckt auch eine Technologie- und Innovationsstrategie. Man verkauft nicht über den Preis.
GS: Huawei reduziert sich nicht nur auf das Thema Netzwerkausrüstung, sondern sie haben die Digitalisierung der Wirtschaft als Ganzes auf der Agenda. Was ist von solchen Angreifern in nächster Zeit zu erwarten?
Friedrich: Sie beziehen sich auf die Enterprise-Strategie, die Huawei jetzt erwähnt hat? Wie allerdings auch alle anderen Ausrüster. Das ist eine richtige Erkenntnis. Alle Ausrüster erkennen, dass ihr TK-Equipment auch Relevanz für ihre Geschäftskunden haben kann, die diese Firmennetzwerke betreiben und immer stärker IT-Dienste in Anspruch nehmen. Wir halten das für sehr relevant, es entspricht dem Trend der Digitalisierung. Wir erleben in allen Industrien und Unternehmensbereichen, das stärker IT-Technologien eingesetzt werden….
GS: Muss sich der Westen wärmer anziehen?
Friedrich: Das auf alle Fälle, man muss die Dinge ernst nehmen. Vor 10 Jahren waren die chinesischen Anbieter im europäischen Markt keine Größe, jetzt sind es Größen. Ich will es als positiv bezeichnen, denn dadurch ist der Innovationsdruck hoch. Das bietet der Industrie und am Ende dem Verbraucher Chancen und es führt dazu, dass europäische Anbieter, allen voran Ericsson sehr gefordert werden, sich besser aufzustellen….
GS: Welche Empfehlung würden Sie westlichen Firmen an die Hand geben im Umgang mit chinesischen Wettbewerbern? Was wären Ihre Ratschläge?
Friedrich: In der Tat sind chinesische Unternehmen anders aufgebaut als europäische Unternehmen. Gar keine Frage, die ticken anders, ihre Entscheidungsstrukturen sind anders, die Art und Weise wie Prozesse ablaufen sind anders. Verständnis ist eine Sache, aber kopieren wäre eine andere. Ich Empfehle immer sehr stark zu Verstehen, was ein Unternehmen auszeichnet und wo Huawei und ZTE punkten, wo ihre Stärken liegen. Aber das an der Stelle von Ericsson einfach zu kopieren, würde ich für einen großen Fehler halten. Unsere Perspektive besagt viel mehr, dass man verstehen muss, wo die eigenen Kernfähigkeiten liegen und die Wettbewerbsvorteile in den eigenen Kompetenzen liegen und das entsprechend aufzubauen. Eine Ericsson wird nie in der Lage sein, ein chinesisches Unternehmen in seinen Strukturen nachzuahmen. Es gibt so viele strukturelle Unterschiede in China, die man nicht nachbauen kann. Es fängt bei der Ausbildung der Mitarbeiter an, in der Art und Weise wie eine Kultur aufgebaut und gepflegt wird, wie Entscheidungsprozesse sind. Ein Unternehmen zu kopieren, ist unmöglich. Die Konsequenz für die westeuropäischen Hersteller ist, dass man versteht, wo die Stärken einer Huawei und ZTE liegen und man dann überlegt wo die eigenen Stärken liegen können….
Soweit der Ausschnitt des Interviews.
Jetzt über Verbote oder einen Marktausschluss von Huawei zu sprechen, ist wohl eher ein Akt der Verzweiflung. Man hat es schlicht verpennt, auf den Innovationsdruck der Chinesen rechtzeitig zu reagieren.