#GreenDeal der EU bei Verpackungen: Der Müllberg soll sinken – #Notizzettel für den Roundtable in Bonn @VSinkevicius @TimmermansEU @vonderleyen @MULTIVACGroup

Strategien gegen den steigenden Verpackungsmüll: Werden wir eine Mehrweg-Ökonomie mit der neuen Verpackungsverordnung der EU-Kommission?

Die Europäische Kommission hat Ende 2022 einen Vorschlag zur Weiterentwicklung des EU-Verpackungsrechts vorgelegt. Er wird die bisherige Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle (PPWD) durch eine Verordnung ersetzen, um eine einheitliche Umsetzung zu erreichen und den Binnenmarkt zu stärken. Der Vorschlag geht zur Verabschiedung im Mitentscheidungsverfahren an das Europäische Parlament und den Rat. Dabei können Änderungen vorgenommen werden, falls beide Organe sie unterstützen werden. Die EU-Kommission verfolgt drei Ziele: die Vermeidung von Verpackungsabfall, den Aufbau hochwertiger Recyclingkreisläufe und die Schaffung eines gut funktionierenden Marktes für Sekundärrohstoffe durch Mindest-Rezyklatanteile für bestimmte Kunststoffverpackungen.

Mit dieser Initiative sollen drei miteinander verknüpfte Problemgruppen angegangen werden: 

  1. das wachsende Aufkommen von Verpackungsabfällen in Verbindung mit einer Zunahme von Einwegverpackungen, einem hohen Anteil an vermeidbaren Verpackungen und einem größeren Anteil von Kunststoffen am Verpackungsmix.  
  2. Hindernisse für die Kreislauffähigkeit von Verpackungen, insbesondere die zunehmende Verwendung von Verpackungsdesign-Merkmalen, die das Recycling behindern, und die verwirrende Kennzeichnung von Verpackungen für die Sortierung durch den Verbraucher. Außerdem verhindern fragmentierte Märkte eine kosteneffiziente Abfallbewirtschaftung in einem Binnenmarkt. 
  3. das Downcycling und die geringe Verwendung von recycelten Inhalten in Verpackungen, was die Fähigkeit der EU einschränkt, die Verwendung von Neumaterialien in neuen Verpackungen zu reduzieren. Zu den Ursachen für diese Probleme gehören regulatorische Versäumnisse der PPWD, die auf eine Mischung aus mangelhafter Umsetzung und Durchsetzung zurückzuführen sind, die nicht auf dem neuesten Stand der Marktentwicklungen sind und den nationalen Behörden nicht genügend Klarheit über eine richtlinienkonforme Umsetzung bieten. Außerdem konzentrierte sich die Überarbeitung von 2018 nur auf die Recyclingziele und ließ die anderen Herausforderungen des Abfallsektors außer Acht.

EU-Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans und Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius betonen, dass der Verordnungsvorschlag ein verbindliches Ziel für die Abfallvermeidung einführt. Der Entwurf fordert eine Reduzierung der jährlichen Pro-Kopf-Menge an Verpackungsabfall um fünf Prozent bis 2030, um zehn Prozent bis 2035 und 15 Prozent bis 2040. Die Vergleichsbasis ist dabei das Jahr 2018. Diese Zielsetzungen sind nach Aussage Sinkevičius‘ notwendig, weil in den vergangenen Jahren die Menge an Verpackungsabfällen stärker gewachsen ist als das Recycling. Das Aufkommen hat den Angaben der Kommission zufolge in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 20 Prozent zugenommen und erreichte 2020 in den 27 EU-Staaten 79,3 MillionenTonnen, was einer Durchschnittsmenge von 177 kg pro Person entsprach.

Bis 2030 wird ein Anstieg um weitere 19 Prozent erwartet, falls keine Maßnahmen ergriffen werden. Für Plastik wird sogar ein Zuwachs von 43 Prozent prognostiziert.

Sinkevičius wies auch darauf hin, dass 2020 nur rund 65 Prozent der Verpackungsabfälle recycelt worden seien. Sowohl er als auch Timmermans merkten an, dass es nicht möglich sei, sich aus einem wachsendem Abfallstrom „herauszurecyceln“.

Die Mindestquoten für das Recycling, die in der aktuellen Verpackungsrichtlinie für den Zeitraum bis 2030 festgelegt sind, werden in dem Verordnungsvorschlag nicht geändert. Die Kommission wird jedoch beauftragt zu überprüfen, ob die Quoten erhöht oder neue Vorgaben festgelegt werden sollen. Gegebenenfalls soll sie spätestens acht Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung einen entsprechenden Änderungsvorschlag vorlegen.

Damit die Vermeidungsziele erreicht werden können, setzt der Verordnungsvorschlag auf die Nachfüllung von Behältern und auf verbindliche Quoten für die Nutzung von Mehrwegverpackungen in bestimmten Anwendungsbereichen. Deren Anteil sei in den letzten 20 Jahren stark zurückgegangen, berichtet die Kommission. Für kleine Unternehmen mit einer Verkaufsfläche von maximal 100 Quadratmetern ist eine Ausnahmeregelung vorgesehen. Timmermans, dass es das Wesen von Entwürfen sei, noch nicht fertig zu sein, und hob hervor, dass überhaupt Zielsetzungen für die Wiederverwendung eingeführt würden: „Wir schaffen eine völlig neue Wirtschaft, eine Mehrwegwirtschaft“, so Timmermans. Er unterstrich den positiven Beschäftigungseffekt der Mehrwegziele. Laut der Folgenabschätzung für den Vorschlag werden sie rund 600.000 neue Arbeitsplätze schaffen.

Die Treibhausgasemissionen würden durch die Gesamtheit der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen den Angaben zufolge um 43 Millionen Tonnen gesenkt und der Wasserverbrauch um 1,1 Millionen Kubikmeter verringert. 

Der Vorschlag der Kommission fordert eine Optimierung bei der Verpackungsgestaltung – also eine Reduktion von Gewicht und Volumen. Um Überverpackung zu verhindern, sieht der Verordnungsvorschlag vor, dass Sammelverpackungen, Transportverpackungen und Verpackungen für den Online- und Versandhandel maximal 40 Prozent Leerraum aufweisen dürfen.

Die Rechtsverordnung sieht zudem eine Pfandpflicht für die Mitgliedstaaten zur Schaffung von Pfandsystemen für Einweg-Getränkeverpackungen ab Jahresbeginn 2029 vor. Betroffen sind Plastikflaschen und Metallbehälter mit einem Fassungsvermögen von jeweils bis zu drei Litern. 

Die Pfandpflicht gilt nicht für Wein, aromatisierte Weinprodukte, Spirituosen sowie Milch und Milchprodukte. Eine Ausnahmeregelung ist für Mitgliedstaaten vorgesehen, die 2026 und 2027 mehr als 90 Prozent der jeweiligen Verpackungsformate getrennt sammeln. Sie erlischt jedoch, falls die Sammelquote in drei aufeinanderfolgenden Jahren unter 90 Prozent fällt.

Der Vorschlag fordert außerdem von den Mitgliedstaaten, sich zu „bemühen“, für Einweg-Glasflaschen, Getränkekartons und für wiederverwendbare Verpackungen Pfand- und Rücknahmesysteme einzuführen.

Sie sollen außerdem sicherstellen, dass für Endverbraucher die Rückgabe von Mehrwegverpackungen ebenso bequem ist wie die von gleichartigen bepfandeten Einwegverpackungen. In Deutschland hat das Pflichtpfand für Einweg zu einer Abschschwächung der Mehrwegquote auf unter 50 Prozent beigetragen. Gastronomen sind in Deutschland seit Anfang 2023 verpflichtet, auch Mehrwegschüsseln und -becher anzubieten. 

Eine „Mehrwegangebotspflicht“ – reicht das?

Die Analyse der EU-Kommission:

Die spezifischen Ziele zur Erreichung dieses allgemeinen Ziels sind:  1. Verringerung der Erzeugung von Verpackungsabfällen 2. Förderung einer kosteneffizienten Kreislaufwirtschaft für Verpackungen 3. Förderung der Verwendung von recyceltem Inhalt in Verpackungen WELCHE POLITISCHEN MÖGLICHKEITEN sind verfügbar? Nach dem Screening der potenziellen Maßnahmen wurde eine Reihe unterschiedlicher, komplexer und oft miteinander verbundener Maßnahmen zu drei politischen Optionen zusammengefasst: -Option 1 umfasst die Maßnahmen im Zusammenhang mit einer besseren Normung und klareren grundlegenden Anforderungen. Diese Maßnahmen sind in der Regel die Voraussetzung für Maßnahmen in anderen Gruppen. – Option 2 enthält verbindliche Zielvorgaben für die Abfallverringerung, die Wiederverwendung und den Anteil an stofflich verwerteten Materialien in Kunststoffverpackungen, Anforderungen zur Gewährleistung der vollständigen Recyclingfähigkeit bis 2030 und harmonisierte Produktvorschriften. Option 3 enthält höhere verbindliche Ziele und zusätzliche Produktanforderungen. Auf der Grundlage der Bewertung der in den Optionen kombinierten Maßnahmen ist die bevorzugte Option insgesamt die Option 2 in Form einer Verordnung. Sie enthält die Maßnahmen der Option 1, die die Erreichung der verbindlichen Ziele und strengeren Anforderungen in einem ausgewogenen Ansatz unterstützen oder sogar voraussetzen, und fördert so die Erreichung der Ziele und die Kosteneffizienz. Die wichtigsten Maßnahmen im Interventionsbereich „Vermeidung und Wiederverwendung“ sind: 1. ein Ziel für die Verringerung der Verpackungsabfälle pro Kopf um 19 Prozent bis 2030 im Vergleich zum Ausgangswert, was einer Verringerung um 5 Prozent gegenüber den Werten von 2018 entspricht, 2. EU-weite verbindliche Ziele für die Wiederverwendung oder Wiederbefüllung von Verpackungen, wo die Wiederverwendung am wirksamsten ist, und 3. die schrittweise Abschaffung unnötiger oder vermeidbarer Verpackungen.  Ein wichtiger Punkt ist die Komplementarität und Kohärenz der Maßnahmen. Die Festlegung verbindlicher Zielvorgaben für die Verringerung der Verpackungsabfälle pro Kopf auf der Ebene der Mitgliedstaaten ist eine Chapeau-Maßnahme im Interventionsbereich der Vermeidung und Wiederverwendung, zu der mehrere Maßnahmen beitragen: Während die harmonisierten Maßnahmen der EU zu fast 60 Prozent der erforderlichen Abfallverringerung beitragen sollen, müssen die Mitgliedstaaten den Rest mit nationalen, binnenmarktkonformen Maßnahmen sicherstellen.  Die wichtigste Maßnahme in Bezug auf die Recyclingfähigkeit ist die Festlegung von Kriterien für die recyclinggerechte Gestaltung, die durch ein Verfahren zur Bewertung der Recyclingfähigkeit ergänzt werden. 

Was die Kompostierbarkeit betrifft, so wurden aus einer größeren Gruppe von Verpackungen, die für die Kompostierung in Frage kommen, vier Kunststoffverpackungen ausgewählt, die kompostierbar sein müssen. Alle anderen Kunststoffverpackungen müssen chemisch oder mechanisch recycelbar sein, damit sie recycelt werden können. Ein weiterer Bestandteil des Pakets sind ehrgeizige Zielvorgaben für den Anteil an recycelten Kunststoffverpackungen.

Die wichtigsten der verschiedenen Maßnahmen sind die Einrichtung obligatorischer Pfandsysteme für bestimmte Verpackungsarten, einschließlich Mindestanforderungen für alle Pfandsysteme, sowie eine harmonisierte Kennzeichnung von Produkten und Abfallbehältern, um den Verbrauchern das Sortieren zu erleichtern. 

Die Analyse ergab, dass die Maßnahmen der Option 1 allein nicht ausreichen, um das Verpackungsaufkommen zu verringern, d. h. die Verpackungsabfälle würden bis 2030 um weitere 17 Prozent zunehmen. Darüber hinaus würden sich die Recyclingquoten nicht erhöhen, und auch das hochwertige Recycling und die Ressourceneffizienz würden nicht verbessert. Schließlich würden die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 2018 weiter ansteigen. Auf der anderen Seite ist das gesamte Maßnahmenpaket der Option 3 alternativ oder zusätzlich zu den Maßnahmen der Option 2 wesentlich schwieriger umzusetzen, könnte die wirtschaftliche Lebensfähigkeit gefährden und würde einen erheblich höheren Verwaltungsaufwand verursachen. Umgekehrt sind die zusätzlichen Umweltvorteile weniger bedeutend. Es wurde jedoch eine sorgfältige Einzelfallprüfung der Kernmaßnahmen vorgenommen, um Elemente außerhalb der Maßnahmen der Option 2 aufzuspüren, um gegebenenfalls das Subsidiaritätsprinzip besser zu respektieren, die einschlägigen Standpunkte der Interessengruppen zu berücksichtigen und die Durchführbarkeit zu verbessern. Daher ist das bevorzugte Maßnahmenpaket eher die „Option 2+“ als die reine Option 2. 

Welchen Rat geben die Roundtable-Experten an die EU-Kommission? 

Erste Rückmeldungen:

Heino Claussen von R-Cycle: Für mich ergeben sich aus dem Vorschlag der EU-Kommission (aber auch aus den anderen, korrespondierenden Gesetzen, wie dem deutschen Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die hochwertige Verwertung von Verpackungen)  die folgenden zentralen Fragen:

  • Erwarten die Stakeholder der Branche, dass von den Vorschlägen/Gesetzen die gewünschte Steuerungswirkung ausgeht und gibt es deren Sicht Vorschläge zur Verbesserung?
  • Welche Randbedingungen müssen erfüllt sein, damit sich tatsächlich eine Kreislaufwirtschaft bzw. eine Mehrweg-Ökonomie (die tatsächlich auf ökonomischen Mechanismen beruht) ausbilden kann.
  • Welchen Einfluss hat bzw. welche Veränderungen bedeutet die Entwicklung einer solchen Mehrweg-Ökonomie für die bestehenden Stakeholder und Akteure?

Weitere Fragen auch gerne während der Liveübertragung ab 16:15 Uhr:

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