
“Authentizität und Kybernetik, das scheint nicht zusammen zu passen. Oder doch?“, fragt Vera Linß den britischen Schriftsteller und Künstler Tom McCarthy zur Eröffnung des Festivals “Authentizität und Feedback” im „Espace Diaphanes“ in Berlin.
Die Antwort von McCarthy: “Nein, sie sind das Gegenteil voneinander. Kybernetik, jedes System, das ein Feedback-Loop in sich hat, ist eine automatische Kritik an Authentizität. Und das finde ich gut. Authentizität muss kritisiert werden, auf jeder Ebene – immer.”
Wow. Feedback-Loop. Muss man da direkt vor Ehrfurcht in die Knie gehen, wenn jemand von Feedback-Loops spricht? Ich bin immer wieder erstaunt, wie hartnäckig sich die Belanglosigkeiten der Kybernetik in der Öffentlichkeit halten in höchst unterschiedlichen Varianten. Popularisiert hat das Stafford Beer, der von Selbstregulation und diskreter Steuerung redete und begeistert war von bio-mathematischen Experimenten mit Wasserflöhen, die von Kybernetikern mit Eisenspänen gefüttert wurden. Völlig überraschend lassen sich die Bewegungen der hüpfenden Kleintierchen in metallisierten Schwärmen mit einem Magneten an einen gewünschten Ort leiten, um sie dort wieder ihrer Eigendynamik zu überlassen. Kybernetiker werten das als eine selbstregulierende Dynamik des Schwarms, die man einer zweckgerichteten Maschine unterordnet. Für Stafford Beer werden durch diese Möglichkeiten des Umgangs mit natürlichen Körpern vollkommen andersartige Verkettungen vorstellbar.
Egal, welche Begriffskaskaden Stafford Beer und seine Jünger nachlieferten, etwa die Homöostase zur Aufrechterhaltung eines Gleichgewichtszustandes eines offenen sowie dynamischen Systems „durch einen regelnden Prozess“, ob sie noch eine Portion Ethos in ihre Zirkelschluss-Aussagen draufpacken, es sind Phrasendrescher auf Wasserfloh-Niveau.
Siehe auch: Wenn aus Camouflage Wissenschaft wird – Nachbetrachtungen zur Kybernetik