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Vom Nutzen des Störenfrieds – Top-Management in Deutschland mit Schafen im Wolfspelz

Störenfried mit Superkräften oder doch eher Spargel-Tarzan?

Störenfried mit Superkräften oder doch eher Spargel-Tarzan?

Warum der Cebit Störenfriede guttun, habe ich in zwei Beiträgen näher erläutert. Etwa in meiner The European-Kolumne und hier im ichsagmal-Blog. In meinen Recherchen bin ich dabei auf ein interessantes Gespräch zwischen dem Soziologen Dirk Baecker und dem ehemaligen Telekom-Personalvorstand Thomas Sattelberger gestoßen, veröffentlich in der sehr lesenswerten Zeitschrift “Revue – Magazine for the Next Society”. Beide haben die Notwendigkeit des Störens sogar auf die gesamte Wirtschaft bezogen – aus gutem Grund. Das ist ein probates Mittel für schwerfällige Unternehmen, um aus verkrusteten Bahnen auszubrechen und einen neuen Erfindergeist aus der Pionierzeit ihres eigenen Erfolges wieder zu entdecken. Was Konzerne wie Telekom, SAP und Co. umtreibt, sind letztlich Effizienzinnovationen:

„Also immer besser, schneller, höher, weiter – aber halt mehr vom Selben“, kommentiert der ehemalige Telekom-Vorstand Thomas Sattelberger.

Die reine Effizienz-Denke, die auch in Konzernen der Autoindustrie vorherrscht, konnte dann aber nicht verhindern, dass ein Wettbewerber wie Toyota auf diesem Feld noch ein Stückchen besser ist. Vielleicht liegt es an unserer traditionellen Ausbildung der Ingenieure und der Dominanz der vertrockneten Betriebswirtschaftslehre, die zur Monotonie im Denken beitragen. Manager zelebrieren sich in der Aufrechterhaltung von Routinen, meint Sattelberger.

Es sind in der Mehrheit eher Schafe im Wolfspelz. Umgekehrt wäre es besser, da nur Wölfe in neuen Territorien streunen. Die reale Welt funktioniere anders als das gesprochene Wort des Top-Managements suggeriert, betont Sattelberger.

„Was macht die deutsche Telekom angesichts des hochprofitablen Siechtums im Mobilfunk und Festnetz? Was macht die deutsche Automobilindustrie mit der Einsicht, dass ihr Profit weitgehend von den Launen der ‚neuen Reichen‘ in Südamerika oder Asien abhängt? Da versagen die Firmen auf ganzer Linie.“

Insofern braucht das satte und arrivierte System viele kleine Störenfriede, die den alten Säcken auf die Nerven gehen und sie herausfordern. Honoratioren, die sich in der Pracht ihrer eleganten Dienstwagen suhlen und von der Protzigkeit ihrer eingebauten Turbotechnik ganz besoffen sind, können sehr leicht von den anarchischen Geisternder Netzszene demontiert und entlarvt werden. Wer in Seilschaften von Davos bis Brüssel im eigenen Saft herum mauschelt, verliert die Kraft für Neues.

Hacker, Blogger und Gründer als Verbündete

Eine große Chance für den nach wie vor lebendigen Mittelstand in Deutschland, Allianzen mit Hackern, Bloggern und Gründern einzugehen, Raum für Projektemacher zu schaffen, Nährboden für Startups zu bilden und Hotspots für verrückte Ideen ins Leben zu rufen, in denen geniale Konzepte für das nächste große Ding gedeihen. Das zählte zum Credo meines kleinen Cebit-Auftritts.

Von den Schnöseln im Dreireiher mit Einstecktuch ist das nicht zu erwarten. Die liebwertesten Gichtlinge der Deutschland AG verhandeln gerade über die Größe ihres nächsten Dienstwagens oder streiten über die Höhe der Abfindung ihres Fünfjahres-Vertrages. Gleiches gilt übrigens für viele Marketing-Fuzzis, die sich cool und smart in der Social Media-Szene tummeln. Ihr Targeting-Geschwalle bringt nicht einen guten Gedanken zum Vorschein. Die hemdsärmeligen und direkten Hacker sind mir da lieber.

Wir hören und sehen uns spätestens im nächsten Jahr auf der Cebit bei einem Sonderprogramm von Bloggercamp.tv mit dem Schwerpunkt “Blogger, Hacker, Gründer und die Transformation der Wirtschaft”: Klassik trifft dort real auf Tech-Revoluzzer.

Vielleicht auch ab sofort ein schönes Format, um die vernetzte Ökonomie neu zu denken. Hättet Ihr Lust auf einen Sofortstart? Meldet Euch einfach, um illustre Gesprächsrunden virtuell auf die Beine zu stellen.

Siehe auch:

Die CeBIT ist nicht die SXSW – und das ist auch gut so! Oder: Wer Äpfel mit Birnen vergleicht.

Mal schauen, ob Gesche Joost als Internet-Botschafterin der Bundesregierung genügend Störenfried-Potenzial besitzt oder brav ihre Meetings absolviert.

Im Bundestag klappt es wohl nicht.

Über den Autor

gsohn
Diplom-Volkswirt, Wirtschaftsblogger, Livestreamer, Moderator, Kolumnist und Wanderer zwischen den Welten.

1 Kommentar zu "Vom Nutzen des Störenfrieds – Top-Management in Deutschland mit Schafen im Wolfspelz"

  1. Hat dies auf http://www.ne-na.de rebloggt.

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