
Update am 16. März. Spiegel Online schreibt: “Die Credit Suisse steckt nach zahlreichen Skandalen mitten in einem tiefgreifenden Konzernumbau, der einerseits Milliarden kostet und andererseits den Abbau von 9000 Stellen umfasst. Am Ende soll daraus eine Bank entstehen, die vor allem auf das Geschäft mit Millionären und Milliardären setzt und nicht mehr auf das riskante Investmentbanking. Gerade für das Geschäft mit reichen Privatkunden ist Vertrauen in das Institut eine entscheidende Voraussetzung.”
Wichtiger Punkt. #Sagichdoch:
Ich bin immer wieder erstaunt, wie das klassische Brot- und Butter-Geschäft von Banken so wenig Anerkennung genießt, etwa bei der Finanzierung von mittelständischen Projekten. Bei riskanten Finanzgeschäften winken immer noch die fetten Bonuszahlungen. Belohnt wird das Risiko und nicht die unternehmerische Vernunft: Gier frisst Hirn. Das gilt übrigens auch für Gegner einer marktwirtschaftlichen Ordnung, die die Ansicht vertreten, dass Unternehmerinnen und Unternehmer sich dumm und dusslig verdienen. So wird von vielen Menschen die durchschnittliche Nettoumsatzrendite auf 20 Prozent und mehr geschätzt. In der Realität sind es aber nur 2 bis 3 Prozent.
Der Analyst Professor Hermann Simon weist auf diese Vorurteile, die in der Gesellschaft kursieren, in schöner Regelmäßigkeit hin. Im Laufe der Jahre hat sich die Fehleinschätzung der tatsächlichen Rendite, die Firmen erzielen, deutlich erhöht. Was viele Menschen umtreibt, sind die Exzesse bei Spekulationen, wie bei Kryptowährungen. Aktuell wieder zu beobachten bei der Schieflage der Silicon-Valley-Bank.
Auch wohlklingende Namen von Nobelpreisträgern helfen nicht weiter, um sich vor Fehlspekulationen zu schützen. Zu nennen wären Myron Scholes und Robert Merton, die für ihre „Verdienste“ mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet wurden. Ihre theoretischen Fata-Morgana-Obsessionen setzten sie in dem Hedge Fonds „Long-Term Capital Management“ in die Praxis um. „Die Instrumente, mit denen sie arbeiteten, waren damals nur einer Minderheit von Eingeweihten vertraut: ABCPs, Carry Trades, CDOs, Optionen, Leerverkäufe, Derivate und andere, noch exotischere ‚Produkte‘“, schreibt Hans Magnus Enzensberger in seinen „Mathematischen Belustigungen“ (edition unseld). In den ersten Jahren erwirtschafteten sie mit einem Eigenkapital von nur vier Milliarden Dollar eine Rendite von 30 bis 40 Prozent. Das biblische Mirakel der Brotvermehrung mutet dagegen kümmerlich bescheiden an.
Die Modelle der preisgekrönten „Wissenschaftler“ beruhten allerdings auf Simplifizierungen der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Die Gaußsche Normalverteilung widerspricht der Realität des Marktes. „Dazu kommt noch eine weitere Fehlerquelle. Die Modelle, mit denen Händler, Banken und Versicherungen arbeiten, sind, wie der Mathematiker Yuri Manin sagt, in hohem Maße in der Software ihrer Computer codiert. Damit gängeln diese Programme als eine Art Kollektiv-Unbewusstes das Verhalten der Akteure“, führt Enzensberger aus.
Aber gerade die unerwarteten Umstände schaufelten das Spekulationsgrab, in das Scholes und Merton hineinfielen. Der Hedge Fonds LTCM kollabierte 1998, führte zu einem Verlust von über vier Milliarden Dollar und machte einen Rettungsplan notwendig, an dem sich bekannte Namen als Samariter betätigten: Bear Stearns, Lehman Brothers, Merill Lynch, Morgan Stanley und Goldman Sachs – natürlich auch die Deutsche und Dresdner Bank. Scholes wurde zwar wegen Steuerhinterziehung in Höhe von 40 Millionen Dollar verurteilt, arbeitet aber nach wie vor als Fondsmanager. Und Merton? Er lehrt wieder Ökonomie an der Harvard Business School, wo er die Analysten der Zukunft ausbildet – mit Betonung auf Anal und wenig lyse.
Die Phantasiegeschäfte von Typen wie Scholes oder Merton, die Betrügereien über Strohmänner-Geschäfte von Privat Equity-Fonds, die reiche Anleger auf den Cayman Islands hinter Briefkasten-Firmen verstecken und übernommene Unternehmen ausbluten lassen, haben nichts, aber auch überhaupt nichts mit normalen Unternehmen zu tun. Diese Geschäfte mit anmaßenden Renditeversprechen schaden der Realwirtschaft. Ein ehrbarer Kaufmann könnte mit legalen Mitteln die Gewinne von Spekulanten-Fonds nie erwirtschaften.
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