Herr (Dr.) Guttenberg, auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages arbeitet mit Fußnoten

Die FAZ hat in der Gutti-Plagiatsaffäre den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages als Quelle für das schriftstellerische Schaffen des amtierenden Verteidigungsministers etwas genauer untersucht. An mehren Stellen verweise Guttenberg in den Fußnoten auf Gutachten der Unterabteilung der Bundestagsverwaltung. Ein Sprecher des Hauses teilte der FAZ mit, „in Wahrnehmung seines Mandats“ habe jeder Abgeordnete das Recht, „die fachliche Zuarbeit durch die Wissenschaftlichen Dienste in Anspruch zu nehmen“. Auskünfte zur Nutzung des Dienstes durch einzelne Mitglieder des Bundestages könne er nicht machen.

„Rechercheaufträge der Abgeordneten werden üblicherweise von ihren Mitarbeitern erteilt. An einigen Stellen zitiert Guttenberg den Dienst als Sekundärquelle eigener Vorträge, an einer Stelle aber auch als Primärquelle. In einem Kapitel bezieht er seine Kenntnisse über Vertragsänderungen direkt aus einer ‚Ausarbeitung‘ des Dienstes“, berichtet die FAZ in der heutigen Ausgabe. Die Ausarbeitung des Dienstes sei laut Fußnote „im Auftrage des Verf.“ erstellt worden. „Der Wissenschaftliche Dienst soll den Mitgliedern des Bundestages ‚bei der Ausübung ihres Mandates Hilfestellung leisten.‘ Der Dienst recherchiert und analysiert Informationen im Auftrag der Abgeordneten und der Gremien“, schreibt die FAZ. Im Großen und Ganzen entspricht das meinen gestrigen Ausführungen.

Ich habe gerade die Pressestelle der Bundestagsverwaltung kontaktiert und nachgefragt, in welcher Form den die Ausarbeitung erstellt wird.
Darauf sagte mir die Sprecherin, dass die Ausarbeitungen nach wissenschaftlichen Kriterien angefertigt werden – also auch mit Fußnoten und Quellenverzeichnis.
Die Ausarbeitung gehöre dem Abgeordneten. Wie er damit weiter verfährt und in welcher Form die Ausarbeitung verwertet werde, sei Sache des Abgeordneten. Hier muss ich meinen gestrigen Beitrag also korrigieren. Ich schrieb: „Zudem erhält er (der Bundestagsabgeordnete) eine mehrseitige schriftliche Zusammenfassung, allerdings nicht in Form einer ‚kleinen‘ Doktorarbeit. Schließlich soll sich der Abgeordnete möglichst schnell in ein Thema einlesen können, um eine Rede vorzubereiten oder eine parlamentarische Anfrage zu stellen“.

Wenn aber Fußnoten und Quellenverzeichnis in der Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes aufgeführt sind, dann muss jetzt wirklich ernsthaft geprüft werden, ob Guttenberg in seiner Dissertation vorsätzlich getäuscht hat.

4 Gedanken zu “Herr (Dr.) Guttenberg, auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages arbeitet mit Fußnoten

  1. Nunja…wie sagte ein Hörer von WDR2 gestern: Die Deutschen wollen mit ihren Politikern nicht zufrieden sein.

    Und wie äußerste sich eine schweizer Redakteurin, von welcher Herr Dr. Guttenberg angeblich abgeschrieben haben soll? „Es gillt sich um weltbewegendere Themen zu kümmern, bei denen Menschen in Gefahr sind und zu Schaden kommen, als um eine Lapalie in einer Doktorarbeit“.

    Recht haben diese Menschen. Wir stürzen uns nun auf einen Politiker, welcher bisher positiv bei der Bevölkerung ankam. Sicher ist „abschreiben“ nicht die feine Art. Bergleicht man diesem ganzen künstlichen „Medienskandal“ jedoch mit der Gorch Fock Problematik oder den Vorgängen in Afganistan, wirkt dieses Thema äußerst deplatziert, konstruiert und lächerlich.

    Sicher gillt es nun aufzuklähren. Jedoch sollte die Presse Herrn Dr. Guttenberg nicht unnötig wegen einer „lapalie“ zerreissen.

    Aber in Deutschland verkaufen sich ja Negativ-Schlagzeilen besser als eine Berichterstattung über positiv erreichtes; hat sich Herr Dr. Guttenberg politisch, im Gegensatz zu anderen, in meinen Augen noch nichts vorzuwerfen.

  2. Prinzipiell hast Du recht, Michael, wenn es sich um die Promotion von Herr Jedermann handeln würde. Beim Baron samt Gattin, die sich genüsslich von der Boulevard-Presse und der besseren Gesellschaft abfeiern lassen, sieht das etwas anders aus. Zudem hat der Herr Minister die Standards selber gesetzt. Er ist schnell dabei, wenn es um Suspendierungen, Degradierungen und Entlassungen geht, um eine weiße Weste zu behalten. Diesmal kann er die Verantwortung nicht abwälzen. Und das die Kritiker des Barons und die Opposition dieses Thema aufgreifen, ist verständlich. Das wäre bei einem SPD-Minister genau das Gleiche. So etwas nennt man Politik, wie es der Journalist Hajo Schumacher in einem WDR-Interview heute früh treffen formulierte.

    Wie würde die Öffentlichkeit denn reagieren beim Plagiatfall eines Nobelpreisträgers? Da wäre man ähnlich kritisch.

  3. Einen Doktortitel zu beanspruchen der nicht aus Eigenleistung entstanden ist ist Betrug, das kann man weder schönreden noch kleinreden, das weiß jeder Grundschüler, der schon mal beim Abschreiben erwischt wurde.

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