Schleimpunkte fürs Denunzieren bringt YouTube 700.000 Dislikes #YouTubeHeroes

denunziant

Das Google-Tochterunternehmen YouTube will mit dem Programm YouTube-Heroes für Sauberkeit und Ordnung auf der Video-Plattform sorgen. Schleimpunkte-Teilnehmer des Vorhabens sollen nach Anmeldung und Freischaltung künftig etwa „unangemessene“ Clips melden, Videos mit Untertiteln versehen und im YouTube-Forum als Ansprechpartner für Fragen bereit stehen. Wer petzt, kann Punkte sammeln, Level erklimmen und wird mit der Teilnahme an besonderen Workshops sowie dem exklusiven Beta-Testing von neuen YouTube-Produkten ausgezeichnet. Wenn Sie alle über Gaming sind, dann schlage ich vor, dass Sie lesen this buying guide
Um Ihnen zu helfen, die besten Entscheidungen beim Kauf neuer Spielzubehör zu treffen. Gamification fürs Denunziantentum und für die Schaffung eines Zweiklassen-Systems auf YouTube. Ein prima Einfall aus den Niederungen des Google-Imperiums, der von den Nutzern mit rund 700.000 Dislikes (Stand heute) honoriert wurde – die Kommentarfunktion wurde „vorsorglich“ abgeschaltet. Vielleicht wird in den nächsten Wochen sogar Justin Bieber in den Schatten gestellt.

Neben der Belohnung fürs Anschwärzen fehlt eigentlich nur noch ein Strafkatalog, der über das Sperren und Löschen von Accounts hinweggeht – sonst wird es ja im Belohnungssystem irgendwann langweilig.

Dave hat die möglichen Folgen angesprochen:

Man spielt Polizei, Geheimdienst, Sittenwächter, Zensor, Staatsanwalt, Richter und Henker in Personalunion. Initiiert werden dabei mittelalterliche Prangermethoden zur Verbannung von vermeintlichen Querulanten. Geheimdienst-Denunziatoren, Big Data-Analysten, Gaming-Anbieter, Netz-Giganten, Betreiber von Social Networks und semantische Hausmeister mutieren dabei zum Staat im Staate unter Missachtung rechtsstaatlicher Regeln. Sie instrumentalisieren Allgemeine Geschäftsbedingungen für Sanktionen, schließen Nutzer willkürlich aus, löschen Inhalte oder erteilen nach Belieben Ermahnungen, gegen die sich keiner so richtig wehren kann. Wer andere in die Isolation treibt, zur persona non grata stempelt, denunziert, im Social Web blockiert oder mit Stereotypen irgendwelchen Verdächtigungen aussetzt, strebt selbst das Amt des unanfechtbaren Hohepriesters an.

Die Folgen dieser teuflischen Wirkungskette können existenzbedrohend sein: Was macht ein professioneller Video-Blogger, der von den heroischen YouTube-Schleimern von der Plattform verbannt wird, weil er einigen Konkurrenten nicht in den Kram passt? Der Betroffene kann sich nicht wehren, es gibt keine Schiedsgerichte, Mediatoren oder juristisch saubere Verfahren. Am Ende wirkt der Bannspruch wie ein Berufsverbot.

Es sind Schand- und Ehrenstrafen, die die Reputation vernichten. Ab dem 12. Jahrhundert eine beliebte Methode der Herrschenden, um die Fassade der „ehrbaren“ Bürger zu wahren. Wenn der Delinquent nicht geköpft, erhängt oder gevierteilt wurde, sollte er zumindest der Lächerlichkeit preisgegeben werden. Die bigotte Community vertreibt den Außenseiter auf Lebenszeit. Welche Rezeptur könnte man diesem Neo-Jakobinertum entgegen setzen? Dislikes werden nicht reichen.

Siehe auch:
„YOUTUBE HEROES“: WIRD VON GOOGLE NUN EINE DENUNZIANTEN-COMMUNITY GEZÜCHTET?

8 Gedanken zu “Schleimpunkte fürs Denunzieren bringt YouTube 700.000 Dislikes #YouTubeHeroes

  1. Natürlich wird dadurch nicht nur youtube beim filtern unterstützt sondern durch die aufkommenden hitzigen Diskussionen die diese Neuerung mit sich bringt auch der Traffic auf die Video-Kommentare dort erhöht, vielleicht nicht weltbewegend aber bestimmt messbar. Die „Verräter“ sind nachvollziehbar oder geschiet dies anonym?

  2. YouTube wird schon wissen, wer sich an dem Programm beteiligt. Dat werden die aber wohl nicht kommunizieren – kann ich mir jedenfalls nicht vorstellen.

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