Es gibt gaaaanz viele Politiken und gaaanz viele Interessen, die auf die Tagesordnung der politischen Willensbildung drängen. Es gibt den so genannten vorpolitischen Raum, wo sich Politik abspielt – von Seniorenheimen bis zu Universitäten. Es gibt Geldpolitik, Tierschutz-Politik, Agrarpolitik, Sportpolitik, Vereinspolitik, Schrebergarten-Politik, Bundesgartenschau-Politik, Recycling-Politik, Wärmedämmungs-Politik, Baupolitik, bla, bla, blubb. Ja und es gibt Netzpolitik – obwohl das ein relevantes Querschnittsthema für die Gesellschaft sein müsste – Stichwort “Digitale Transformation fast aller Lebensbereiche” – , ist das Ganze eben auch ein Politikfeld unter vielen. Menschen hören Radio, schalten den Fernseher an und betrachten Youtube-Filmchen, interessieren sich aber nicht die Bohne für “Rundfunk-Politik” – es sei denn, die Gebühren werden erhöht.
Ähnliches widerfährt jetzt der Netzpolitik. Die politische Klasse hat zwar keine digitalpolitische Kompetenz nachgerüstet, sie hat aber begriffen, dass fast jeder netzpolitische Shitstorm eben doch nur aus semantischen Dünnschiss mit kurzer Halbwertzeit besteht, wie es Michael Seemann im ichsagmal-Interview ausführte.
Man brauche neue und andere Narrative im politischen Diskurs, so Seemann. Oder in den vielzitierten Worten des früheren CDU-Generalsekretärs Heiner Geißler: Es gehe heute nicht mehr darum, Bahnhöfe, sondern darum, Begriffe zu besetzen. Oder so ähnlich.
Was natürlich nicht heißt, dass die Besetzung von Begriffen ohne Inhalte dauerhaft funktioniert. Mitnichten. Netzpolitik scheint sich als Begriff jedenfalls ausgenudelt zu haben. Wat nu?
Mein Diskussionsreigen via Live-Hangouts geht weiter. Heute, um 12 Uhr mit Joachim Graf von iBusiness und am Montag, um 12 Uhr mit Anke Knopp @nowanda1.
@gsohn gut. Gerne Montag gegen 12 Uhr?
— Dr. Anke Knopp (@nowanda1) September 26, 2013
Siehe auch:
Politik im Datenzeitalter – Was die SPD verschläft.
Gerhart Baum: Ich will, dass wir beißen können.
Wie es um die digitale Kompetenz der Bundesregierung steht, kann man hier nachlesen: Mobiles Breitband-Web: Deutschland nur auf Rang 40 – hinter Griechenland und Kasachstan.
Und meine Mittwochskolumne: NETZPOLITIK ZERSCHELLT AM MERKEL-FELSEN.
Stimmt das? Nur netzpolitische Nullnummern.
Jeder weitere Begriff würde sich ebenfalls selbst überleben. Man vermag keine Umsetzung ins inhaltlich schwere politische. Nicht “wat nu” sondern “so what”. Politik hätte auch ohne den Begriff gleichermaßen (nicht) funktioniert. Also: was hat der Begriff gebracht?
Na nischt.